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Oberägypten

24. Mai bis 2. Juni 2008

 

 

 

 

                    Text:    Irene Kohlberger

                    Fotos:  Irene Kohlberger und Panorama EGYPT

 

 

 

 

 

 

Landeanflug Richtung Hurgada. Es ist drei Uhr Morgens und durch das Fenster lassen sich Reihen von Lichtern ausmachen, die wie gerissene Perlenketten in der Dunkelheit beginnen und ebenso unmittelbar enden. Es fehlt das Netz von Lichtern, wie das üblicherweise bei Ortschaften der Fall ist, d.h. es gibt hier nur reine Feriensiedlungen, die an der Küste verstreut, manchmal mit Straßen verbunden sind und manchmal auch nicht.

Wie so oft frage ich mich, wo der Flughafen liegen könnte, ob wir vom Meer her landen oder vom Landesinneren aus. Meistens gelingt es nicht die Frage zu beantworten, weil im Moment der Landung alle Übersicht vorbei ist, die Nervosität der Passagiere und der Trubel des Aussteigens alles Nachdenken und Überlegen zu einem vorläufigen Ende bringt.

Draußen ist es sehr warm, wie erwartet. Die Luft fühlt sich weich an, wattig, wie aus einer überdimensionalen Klimaanlage kommend. Wir stolpern die Gangway hinunter und gehen zum wartenden Bus, der sich nach und nach mit den Fluggästen füllt. Es wird immer enger und wärmer. Es ist ein Moment der unangenehmen Spannung, dieses Warten auf die Abfahrt des Busses. Immer wieder erlebte ich dieses Gefühl des Eingesperrtsein in die künstliche Welt des Flughafens, das sich erst löst, wenn wir den ersten Schritt hinaus tun vor das Flughafengebäude, wo die unbekannte Landessprache deutlich an unser Ohr dringt.

Erst dann sind wir wirklich angekommen.

 

Im Flughafengebäude sind allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Wir brauchen einen Visastempel, den wir bei den gut gekennzeichneten Schaltern erhalten. Dann geht es zur die Passkontrolle. Auf dem Weg zum Gepäcks-übernahme will wieder jemand unseren Pass sehen. Doch schließlich können wir unsere Koffer vom Laufband herunterholen und uns in die Vorhalle des Flughafens hinausbewegen. Dort wird uns mitgeteilt, dass wir zum Autobusbahnhof müssen und zwar zum Bus Nr. 49. Ich memoriere die Nummer und stolpere mit meinem Rollkoffer über Gehsteigkanten und grob geschotterte Zufahrtswege. Offensichtlich habe ich den Direktweg gewählt, der mich schließlich ziemlich schnell, wenn auch auf anstrengende Weise, zum vorläufigen Reiseziel bringt.

Und hier fällt mir zum ersten Mal auf, was sich während auf der ganzen Reise immer wieder bestätigen wird, die unglaublich exakte und vorausschauende Weise der ägyptischen Reiseorganisation. Sie schreiben die Busse so deutlich an, dass sie auch ein Blinder noch finden könnte und im Bus bekommen wir schon die ersten schriftlich Unterlagen und Hinweise, was uns im Hotel erwartet. Wir werden von einer Hand in die andere weitergereicht und wenn man sich nur ein bisschen konzentriert, ist alles ganz klar und einleuchtend.

Offensichtlich wird hierin langjährige Erfahrung dienstbar gemacht und wie wir später erfahren werden, die Intelligenz des Landes in breitem Umfang eingesetzt.

Aber davon später.

 

Nur kurze Zeit sitzen wir in dem abgedunkelten Bus, der uns zum nahen Hotel bringen wird.

 

 

Unerwartet und überraschend erwartet uns kein hochragender Hotelkomplex sondern eine  große Hotelanlage von architektonischer Schönheit. Adaptierter maurischer Stil formt die Grundanlage des Hotels Grand Resort mit großzügig gestalteten Zimmern und Balkonen unter maurischen Bögen.

 

 

 

 

 

 

Selbst die Swimmingpools folgen den geschwungenen Linien der Innenfronten der Hotelflügel. Man wird nicht müde die einfallsreichen Fassaden mit vorgelagerten Terrassentürmen zu betrachten und sich vorzustellen, wie vornehm gekleidete Mädchen ihren Geliebten Hibiskustee servieren.

Doch es gibt hier keine ägyptischen Mädchen – nur junge Männer, die in vollendeter Haltung ihre Arbeit verrichten. Egal, ob sie in blauen Monturen gekleidet im Garten arbeiten oder die Hotelgänge mit frischer Farbe nachbessern.

Die Könige in diesem unsichtbaren Hofstaat sind die hochgewachsenen jungen Männer an der Rezeption. In regelmäßigen Abständen schwappen hier Wellen von Touristen in die Halle, die müde und gleichzeitig aufgeregt ihre Zimmerkarten einfordern. Doch schon allein ihre Handbewegungen verraten Courtorsie der alten Schule – elegant und ohne Hast bedienen sie Computer und Listen und spüren mit einem untrüglichen Instinkt, welche Art von Persönlichkeit ihnen die Papiere reicht.

Die fast unwillkürlich entstehende Hochachtung, die mir Männer des Mittelmeerraumes immer wieder entgegenbrachten, weht mich auch hier wieder  an und alle gut gemeinten Ratschläge in Richtung Bakschischmentalität der Ägypter, erweisen sich in diesem Ambiente als völlig gegenstandslos. Sicher verdienen diese Männer ausreichend und ihr Status in der Gesellschaft ist dadurch geprägt. Doch verfügen sie über eine Fähigkeit, die weit über professionelles Können hinausgeht. Eine Fähigkeit, die nicht erlernt werden kann, sondern Teil ihrer Persönlichkeit ist.

Eng und ungenehm wird es manchmal mit subalternem Personal, und zwar wie immer und überall. Hier wirkt die eigene Not und der Neid wie eine Blockade, die ihrer menschlichen Kompetenz entgegensteht und diese nicht selten abwürgt.

 

 

 

 

 

Nach den Anmeldeformalitäten irren wir durch die unübersichtliche Anlage. Doch es stört nicht sehr, da die Beleuchtung und das wunderbare Ambiente im Bereich des großen Swimmingpools uns dafür entschädigt. Schließlich finden wir unser Zimmer, obwohl die Nummerierung so gewählt scheint, dass man den Wollfaden von Ariadne braucht, um wieder zurückzufinden. Das System der Nummerierung habe ich auch später nicht durchschaut – muss aber ehrlicherweise zugeben - dass es mir ziemlich egal geworden ist.

Da ich eine notorische Versuchs-Irrtums Lernerin bin, denke ich nicht einmal im Traum daran den Hotelplan zu Rate zu ziehen, um die Frühstücksräume zu finden, sondern mache mich auf den Weg. Wir halten uns links und wieder links und so weiter und schließlich landen wir durch reinen Zufall in einem Frühstückspavillon, wo uns einer der Servicekräfte mit der Menüfolge des Abendessens konfrontiert – ein Faktum – das sich nach drei Stunden Schlaf, woraus uns das heftige Klopfen des eifrigen „Reinigungspersonals“ gerissen hat - nicht unbedingt mit Frühstück in Zusammenhang bringen lässt.

Doch schließlich sitzen wir in dem fast leeren Pavillon, bedient von drei Servicekräften, die zusätzlich von einem Chef beaufsichtigt werden.

Am Buffet gibt es alles, was ein Frühstück zum Frühstück macht: angefangen bei Müslisorten aller Art, Obst (zarte hell grüne Melonen, in feine Scheiben geschnitten), über Eier und Käse, bis hin zu Wurst und Schinken, die sich allerdings etwas gekränkt und eingerollt präsentieren. Als Konzession an die deutsche Touristenbesetzung des Hotels gibt es dunkle Brotbrötchen,

Kaffee mas o menos rica (  spn: mehr oder minder gut), aber ein bisschen besser als auf den Fährbooten Griechenlands.

Meine Freundin Ita schwelgt in pastillas gefüllt mit Früchten, und genießt die besondere Aufmerksamkeit von zwei der drei „dienstbereiten“ jungen Seviceherren.

Später tasten wir uns zurück zu unserem Stockwerk. Dort angekommen, orientieren wir uns an besonderen Zeichen, wie z. B. an einem Trockenblumenstrauß oder an einem Tisch mit verschiedenen Ausgaben der Regenbogenpresse – ja auch das gibt es hier – und finden schließlich unser Zimmer. Ich bleibe dort und versuche mich zu erholen. Ita genießt den Swimmingpool. Zu Mittag essen wir in einem hoteleigenen Restaurant – zu viel und zu üppig. Noch sind wir nicht in die Geheimnisse der leichten Ernährung eingedrungen…

Danach machen wir uns auf in Richtung Strand. Wieder sind einige Hindernisse zu überwinden, auf unserem Weg zum Meer. Zunächst die Straße queren, die Halle des Grand Hotels durch schreiten, lange Parkwege zurücklegen, bis wir endlich unten sind auf dem aufgeschütteten Sandstrand, bedeckt mit Liegen und Sonnenschirmen.

Es ist Spätnachmittag und es gibt kaum mehr Gäste hier---

Es ist ruhig und wunderschön—

 

 

          Am Roten Meer

 

Wir schwimmen und freuen uns am Meer, das vertraut und kühl unserer Körper umfängt.

Spät kehren wir zurück ins Hotel – dort heißt es umziehen und zum Abendessen gehen. Das Restaurant, das uns empfängt - d.h. eher „nicht haben“ will, heißt Marrakech – nur mit Mühe bekommen wir einen Platz draußen zwischen Pool und den Gasträumen. Eigentlich sollten wir in den eisgekühlten Innenräumen Platz nehmen, was aber keiner mag…

Das Buffet reichhaltigst und sehr gut. Man könnte hier essen und essen. Alles schmeckt vorzüglich  – dafür kommen die Getränke zu spät. Aber man kann ja nicht alles haben…

 

Elendigliche Nacht - Gelsen im Zimmer – bin müde zum Sterben.

Wecken um 3 Uhr 30 in der Früh. Unser Bus startet dann gegen 5 Uhr morgens. Erst viel später erfahren wir, warum wir so früh aufbrechen mussten.

Unsere Fahrt nach Luxor wird von der Polizei eskortiert, d.h. wir fahren im Konvoi - damit es sich auszahlt, wenn einer verrückt spielt. So denke ich noch, während ich mich im Bereich eines Mekkapilger - Rastplatzes herumtreibe.

 

 

 

 

Es ist ein merkwürdiger Platz: lange Betonbaracken erwarten hier den jährlichen Ansturm der Mekkapilger. Um mich herum hüpfen kleine dünne Sperlinge – daneben ragen verfallene Betonschuppen auf, wo sich innen und außen der Müll sammelt. Vor mir ein Polizeiwagen mit Armierten. Ein junger Mann dreht auf einem Fahrrad seine sportlichen Morgenrunden. Fliegen belästigen mich – bin müde von der letzten kurzen Nacht. Dann verlaufe ich mich zwischen den vielen parkenden Autobussen bis ich endlich „meinen“ Bus finde.

Seltsam ist es schon so im Konvoi dahinzufahren – doch nicht nur diese Fahrt ist eine Folge des fortschreitenden Wahnsinns einer nur wirtschaftlich bestimmten Welt. Wegen der Gefährlichkeit der Strecke, 200km Wüstenstraße, fährt man zusammen, obwohl es für die Buslenker zweifellos extrem anstrengend ist, auf diese Weise unterwegs zu sein. Am Rückweg erleben wir auch einen Unfall, weil der Lenker eines Kleinbusses sichtlich kurz eingeschlafen ist und den Bus über den Straßenrand gekippt hatte. Doch ist niemand verletzt worden.

 

Impressionen von unterwegs

 

 

 

 

          Militärbasis unterwegs

 

          Bewässerte Felder

 

Eine in sich geschlossene Welt, so ein Nilkreuzfahrtsschiff.

Beim Hineinkommen wirkt alles, wie auf einer großen Fähre – nur alles wesentlich eleganter – no na net!

 

 

Ein riesiger Kristallluster beherrscht die Halle, die nach oben hin offen, Großzügigkeit und Stil verrät. Alles glänzt und spiegelt vor Sauberkeit und es riecht nach Räucherstäbchen. Das war anders auf den Fährbooten. Dort war

es nicht unbedingt sauber und zudem roch es überall nach Diesel, nach verschüttetem Cola oder Kaffee. Nicht, dass ich mich danach sehne, aber die Überfahrten nach Griechenland mit den Schiffen haben sich tief in mein Gedächtnis eingegraben.

Jetzt liege ich faul und quer über zwei Liegen am Deck des Luxusbootes und spüre nur einen vollen Magen, das leise Grummeln des Motors und höre leise Musik. Ich genieße die Freundlichkeit des Personals und schlürfe an einer Zitronenlimonade.

 

 

Um das Schiff dümpelt das dunkle Wasser des Nils. Obwohl wir auf einem Fluss ankern, wirkt die Wasserfläche sehr ruhig, wie bei einem See, nur hin und wieder fegt ein Windstoß über die ruhige Oberfläche und bedeckt sie mit silbrigen Gitternetzen. Drüben am gegenüberliegenden Ufer bändert der Ufersaum mit Palmen und Tamarisken - dazwischen die hellen würfelförmigen Behausungen von Oberägypten, teils freistehend, teils halb verborgen im grünen Uferdickicht.

 

Die traditionelle Bauweise und die Armut ihrer Bewohner schaffen es bis heute die althergebrachte Ordnung zu bewahren, was für sie selber und das Land  vermutlich ein Segen ist. Sie erreichen auf die Art ihres einfachen Lebens dasselbe, was z. B. die aufwendigen Klimaanlagen in den Häusern anstreben, die das kalte Europa hierher exportiert hat.

Allerdings wirken die Dörfer, die wir auf unserer Konvoifahrt berührten, manchmal sehr desolat, vor allem die aufgelassenen Höfe, um die sich niemand kümmert und die langsam zusammenfallen. Besonders dann, wenn die Lehmziegel anderwärtig verwendet, die verbleibenden Gebäudereste zur Müllentsorgung benützt werden. Diesen Anblick erträgt das mitteleuropäische Auge nur schwer, ohne sofort auf Abhilfe zu sinnen.

Abhilfe wozu? Wofür?

Wodurch wäre der Anblick der offenen Schilfbündel, die auf den Flachdächern zusätzlichen Schatten spenden, malerischer zu ersetzen? Manchmal wirken sie wie Frisuren, die ein ungeschickter Friseur in Eile zurechtgestutzt hat…

Die Menschen auf den Strassen folgen dem verrückten Konvoi mit großer Ruhe in den Augen. Kinder genießen das sich immer wiederholende Schauspiel und winken fröhlich. Männer, die ihrer mühsamen Feldarbeit nachgehen, schauen nicht einmal auf, wenn menschlichen Wesen auf diese seltsame Weise vorbeigekarrt werden.

 

 

 

 

 

 

Nachdenken verbiete ich mir – man müsste sonst die eigenen schönen Pläne sofort begraben und Luxor und Abu Simbel vergessen und auch den langgehegten Wunsch, auch einmal den Nil hinaufzufahren, ihn spüren, ihn sehen, den Heiligen Fluss, der so oft in meinen Gedanken, in meiner Unterrichtsarbeit eine wichtige Rolle gespielt hat.

Der heilige Nil, der Lebensspender! Unzählige lobende Verse wurden ihm gewidmet. Er war es und ist es noch heute für ungefähr achtzig Prozent der Bevölkerung und ich bin glücklich, dass ich hier sein darf.

 

Es wird Abend – ich sitze am Oberdeck und genieße den leisen Windhauch, der nach Thomas Mann immer von Norden kommt. Warum das so ist, weiß ich nicht. Doch findet sich im Goggle - Lexikon dafür sicher eine befriedigende Antwort.

Ich beobachte die Sonne, wie sie langsam hinter den Ufersaum versinkt. Ich mache Fotos und warte, bis die Sonnenscheibe schließlich hinter dem Horizont verschwunden ist. Auch wenn die Sonne zu Mittag und Nachmittags herunterbrennt- sie bleibt trotzdem freundlich – entsprechend dem Sonnenbild zur Zeit Echnatons  – wo ihre Strahlen  in geöffneten Händen münden, die Mensch und Tier mit dem Lebenszeichen berühren.

 

 

 

 

 

 

An der Stelle, wo Himmel, Erde und Unterwelt zusammenstoßen, befand sich  in der Vorstellung der alten Ägypter ein großes Horizont-Tor, durch das die Sonne allmorgendlich die Welt betrat. Tor des Urgewässers nannten sie es, denn beim Untergehen tauchte die Sonne in den Urozean ein, aus dem heraus einst die Welt entstanden war. Jeden Morgen wurde aus den mythischen Fluten die Sonne wieder neu herausgehoben und begann ihren Lauf über dem Horizont

Der dritte Tag führt uns ins Tal der Könige.

Wir fahren mit dem Bus und halten zuallererst bei den Mnemnonskolossen

 

Die Mnemnonskolosse gehören zu den Resten vom Totentempel Amenophis III

Die beiden Riesenstatuen galten den Ptolemäern als Abbilder des legendenumwobenen äthiopischen Königs Mnemnon, des Sohnes von Eos und Thitonos, der in der Schlacht von Troja durch das Schwert des Achill den Tod fand. Zur Namensgebung kam es wahrscheinlich durch die klangliche Ähnlichkeit zwischen Amenophis und Mnemnon.

Die Giganten ragen 18 m auf; Reisende der Antike betrachteten sie als Weltwunder.

Keiner der römischen Kaiser versäumte es, sie zu besichtigen. Die magische Anziehungskraft der Riesen beruhte damals auf einem damals nicht zu deutendem Phänomen. Wenige Jahre vor der Zeitenwende sorgte ein Erdbeben für Schäden an einem der Kolosse.

Allmorgendlich, wenn die Sonne aufging, hörten die Besucher einen klagenden Ton. Mnemon – so die Erklärung – grüßte seine Mutter Eos, die Göttin der Morgenröte, die ihre Tränen in Form des Morgentaus über den geliebten Sohn ergoss.

 

 

 

Und mit dieser Erklärung sind wir wieder mittendrin im Phänomen der Wirklichkeitsdeutung, die uns heute vom Standpunkt einer realitätsbesessenen Zeit kaum eines ernsten Gedankens wert ist. Und dennoch, verströmt diese Erklärung nicht mehr Zauber und Wärme, als die Erklärung, dass Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, sowie Schwankungen der Luftfeuchtigkeit in den winzigen Hohlräumen des Steins allmorgendlich Felspartikel abgesprengt wurden, die für den Ton verantwortlich waren?

199 n.Chr.ließ Septimus Severus die beiden Giganten restaurieren – seitdem bleibt ihr Gesang aus.

Gewiss hat der moderne Erklärungsversuch damit seine Bestätigung gefunden – aber schöner wäre es, wenn die Göttin der Morgenröte sich von der modernen Welt, die zweifellos auch schon im römischen Empire ihre Wurzel eingesenkt hatte, gekränkt und verletzt zurückgezogen hätte…

 

Diese fast gesichtslosen mächtigen Gestalten vor einem Ruinenfeld, das nur mehr Grundrisse erkennen lässt, berühren mich sehr vertraut. Sind doch von den antiken Bauten selten mehr als die Grundmauern übrig geblieben, die wir Nachgeborenen nur anhand von Plänen und mit der Kraft der Phantasie vor unserem inneren Auge wieder aufrichten können.  

 

Weiter geht es in Richtung Tal der Könige. Die Bergrücken enden in gezackten Linien. Zylindrische vom Wind geschliffene Formationen ragen auf, dazwischen spitz zulaufenden Felder von Sand.  An ihren Flanken zeigen sich in unregelmäßigen Abständen  Sandsteinabbrüche, die von wulstförmigen festerem Material durchzogen sind.

Alles schon einmal gesehen, irgendwo, irgendwann und doch auch wieder nicht. Die Kargheit der Landschaft, die jeder schützende Vegetation entbehrt, scheint mir in eine Atmosphäre von Melancholie getaucht, die auch von den bunten „Touristenherden“ nicht aufgehoben werden kann.

 

 

 

 

 

 

Tal der Könige

heißt der verborgene glutheißer Kessel, wo die Herrscher des Neuen Reiches zur letzten Ruhe gebettet wurden. Bisher wurden hier 65 Ruhestätten freigelegt. Eine archäologische Sensation ereignete sich erst 1995, als  die größte je in Ägypten gefundene Grabanlage entdeckt wurde. Prinzipiell war diese Gruft schon seit 1820 bekannt; der englische Armateur Archäologe James Burton hatte einen kleinen Teil davon entdeckt, aber nicht weiter beachtet.

Ken Weeks, ein amerikanischer Archäologe, vertiefte sich in die Reisebeschreibungen von James Burton und entdeckte in der seit 1820 bekannten von 16 Säulen bestandenen Halle eine verborgene Tür und dahinter eine riesige Grabanlage. Auf einem T-förmigen Grundriss reihen sich 48 Grabkammern aneinander. Man vermutet, dass dieses „Massengrab“ für die Prinzen von Ramses II. angelegt worden ist. Ägypten bekanntester Pharao  hatte über 100 Nachkommen und regierte 67 Jahre. Er überlebte 13 seiner Söhne und bei der Thronbesteigung seines Nachfolgers Merenptah war er schon 60 Jahre alt. Kein Wunder, dass er seinen Untertanen unsterblich vorkam. 

In der Zeit zwischen der Herrschaft von Thutmosis I. und Amenophis II.  bekam die Achse eines jeden Grabes eine 90 Grad- Abwinkelung, alle späteren Felsenkorridore führen gradlinig in den Berg hinein.

 

Wir haben Glück und betreten das Grab von Siptah ganz alleine, nachdem der Grabwächter unsere Eintrittskarte mit einem Locher entwertet hat (drei Gräber dürfen wir besichtigen – eine weise Einrichtung).

 

Siptah war der Sohn von Seti II. Er war ein Teenager auf dem Thron und wurde von seiner Stiefmutter Tausert und dem vormals königlichen Schreiber unterstützt. Er regierte nur sechs Jahre. Nach seinem Tod regierte seine Stiefmutter auch formell über das Großreich Ägypten, wie 100 Jahre zuvor,  Hatschepsut.

 

Schon auf den ersten Metern des Ganges in Richtung Grabkammer überwältigt uns die Schönheit und Lebendigkeit der dargestellten Figuren. Auch die kräftigen Farben überraschen, wenn man bedenkt, dass die Malereien vor mehr als 2000 Jahren aufgetragen wurden.

Ich suche in meinem Gedächtnis nach Merkmalen, die mir die Identifikation der dargestellten Personen erleichtern können. Manchmal bin ich ganz sicher – manchmal glaube  nur es nur zu wissen. Aber das macht nichts. Ich werde im Laufe der Reise tatsächlich noch Months von Chons sicher unterscheiden lernen, obwohl beide falkenköpfig dargestellt, der eine am Kopf die Mond-und der andere die Sonnenscheibe trägt und nur die Federkrone von Month zu einem klaren Unterscheidungsmerkmal wird.

 

 

Die Dekoration an den Wänden folgte dem Buch Amduat, der „Schrift des verborgenen Raumes“, sowie dem Pfortenbuch. Die Unterwelt des Jenseits war von Toren durchzogen, die der Verstorbene überwinden musste, um das Reich seines Vaters, des Totengottes Osiris, zu erreichen. Jede einzelne Pforte stellte ein Wagnis dar, um Unberufene abzuschrecken. Zusätzlich wurden sie von schrecklichen Wärtern bewacht. Namen, wie der Brüllende, der Nilpferdgesichtige mit rasender Wut, Der das Verfaulte aus dem Hintern frisst, machen deutlich, um welche Persönlichkeiten es sich dabei handelte. Über die bewachenden Schlangen heißt es: Mit heißen Flammen, die nicht löscht, was sie verbrennt, mit wirksamer Glut, geschwind im Töten, ohne zu fragen, an der niemand vorbei zu gehen wünscht, aus Furcht vor ihrer Pein. Weitere Torhüter hießen, Mit scharfer Glut, Die Unnahbare; Blutschlürfer, Der mit seinen Augen Feuer sprüht – und so sieht man sie auch, die Durchlässe bewachend, an den Wänden dargestellt.

Der Sonnengott auf seiner goldenen Barke durch fährt diese Tore, dabei begleiten ihn die drei Kräfte Hu, Sia und Heka – Anspruch, Erkennen  und Zauber. Dort, wo die Sonne auf ihrer Fahrt durch die Unterwelt erscheint und Licht(= Leben) spendet, erwachen Mensch und Tier aus ihrem todes ähnlichen Schlaf; Paviane, Symbol für die jenseitigen Wesen, jubeln dem Sonnengott zu, die Verdammten klagen über die Wiederholung ihrer Qualen. Doch die Freude verebbt, wenn die Barke einen Bereich durchfahren hat und sich dem nächsten bewachten Tor nähert. Finsternis senkt sich erneut herab, Mensch und Tier stimmen die Klage an und fallen zurück in den todes ähnlichen  traum losen Schlaf.- Solcherart sind die Darstellungen in den Gräbern vom Tal der Könige.

 

Wie in den Grabräumen nicht anders zu erwarten, ist der Gott Anubis immer präsent. Anubis ist Balsamierungsgott, Wächter der Gräber, Herr der Totenstadt und vor Osiris auch der Totengott. Dargestellt wird er in Menschengestalt mit Schakal- oder Hundekopf; auch als großer schwarzer Hund, der auf der Mastaba (Totenbahre) liegt. Auf den Bildern in den Gräbern neigt er sich meistens tief über die Mumie, die er verklärt ins Jenseits aufnehmen wird.

 

 

Er „arbeitet“ bei der Einbalsamierung mit (Priester mit Schakalmaske), begleitet die Wanderung der Seele durch die Unterwelt zu ihren Prüfungen und ist überhaupt ständig gegenwärtig.

In den innersten Grabkammern des Siptahgrabes fehlen die Malereien. Nackter Fels, grob ausgehauen, formt Vorratskammern und Dienerräume. Es berührt schmerzlich – Siptha ist zu früh gestorben, vor der Vollendung seines Grabes.

 

Im nächsten Grab geht es viele Stufen hinab, weit und tief in den Fels hinein: und auch hier ein leerer Sarkophag – der mumifizierte Leib des Königs Setnahkt ist nicht mehr.

Auch die Göttin Nut, die Lebensspenderin konnte ihn nicht retten, obwohl ihr Bild auf der Innenseite des Sarkophagdeckels eingemeißelt ist. Wir bleiben und bewundern die künstlerisch hochrangigen Malereien, die Szenen aus dem Ägyptischen Totenbuch wiedergeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Immer wieder erkennen wir symbolisch angedeutete Tore, neben denen große furchteinflössende Gestalten mit gezückten Messern stehen. Der Tote muss auf seiner Wanderung zum Totengericht durch diese bewachten Tore hindurch, wozu er sehr viel Mut und Tapferkeit braucht.

 

Andere Szenen sind nicht so leicht zu dechiffrieren. Aber eine Wand, wo die Wiedergeburt des Toten symbolisch dargestellt ist, hat sich in mein Gedächtnis tief eingegraben

 

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Auch die Idee an die Pfeiler der Wand, die zur eigentlichen Grabkammer führen Seth und Amon im Kampf um den Toten darzustellen, halte ich für einen genialen Einfall. Das Bildprogramm im folgenden Gang entspricht wieder den sehr konkreten Jenseitserwartungen der Ägypter. Reihen von Dienern, die Opfergaben herbeibringen, werden abgebildet, immer besorgt darum, den Alltag des Toten  im  neuen Leben möglichst zu erleichtern. Viel zu wenig Zeit, um in der Schönheit der Darstellungen zu versinken – genug Zeit , um einen großen Hunger nach mehr und tieferen Verständnis dieser fremden Kultur zu entwickeln.

 

          

 

 

Wir wandern zurück in der gleißenden Vormittagssonne, im Banne von Re, der die Erde mit seiner Kraft erfüllt. Ich möchte hier bleiben, andere Gräber besuchen und in die Schönheit der kunstvoll gestalteten Wandbilder eintauchen. Doch wir müssen zurück zur Gruppe, die ohnehin schon einige Zeit auf uns warten musste. Unser Reiseführer nimmt unsere Entschuldigung freundlich an und wir steigen wieder in die kleine Bahn, die uns zum Taleingang zurückführt.

 

Jetzt bringt uns der Bus zur obligatorischen Touristenattraktion der ökonomischen Art, zu einer Albasterwerkstätte. Werkstätte ist gut – es ist in Wirklichkeit ein Andenkenladen, wo alle Arten von Steinzeug angeboten werden. Die ganze Siedlung besteht aus solchen „Werkstätten“. Dennoch komme ich auf meine Rechnung. Ich fotografiere die zahlreichen Familienmitglieder und habe mit ihnen gemeinsam meine Freude daran.

Schöne Menschen sind mir näher als Alabaster und Steinzeug…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                  

Wir brechen auf und weiter geht es zum Totentempel der Hapschesput.

 

Der geniale Entwurf dieser Tempelanlage stammt vom Baumeister Senemut, dem Vertrauten und wohl auch Geliebten der Herrscherin. Der Totentempel besteht aus drei  übereinander liegenden Terrassen, die durch Verbindungsrampen in eine südliche und nördliche Hälfte geteilt werden.

In der unteren Halle stützen auf jeder Seite 22 Pfeiler das Dach, Hohlkehlen als klassisches ägyptisches Architekturmerkmal schließen das Bauwerk nach oben hinab.

Von der mittleren Terrasse eröffnet sich der Zugang zur südlichen Punthalle und zur nördlichen Geburtshalle. In der Geburtshalle finden sich Reliefs zum Werdegang der Hatshepsut: ihre Zeugung durch Amun, ihre Geburt, Kinderjahre und schließlich die Krönung zum Pharao durch den thebanischen Gott.

Interessanter für die Archäologen waren zweifellos die Szenenfolgen der Punthalle. Unter dem Karawanenführer Nehsi hatte Hatshepsut eine Expetition in das sagenumwobene Land Punt(Somalia) geschickt, das sich einst an der somalischen Küste erstreckte und mit den Ägyptern engen Handel betrieb. Diese gefahrvolle Reise ist in allen Einzelheiten in der Halle dargestellt.

Die Szenenfolge beginnt an der Südwand und zeigt zunächst bienenkorbartige Hütten des fremden Volkes, die am Meeresstrand  zwischen Palmen errichtet sind. Der ägyptische Expetitionsleiter wird vom puntischen Herrscher freundlich begrüßt – die Entgegennahme der Gastgeschenke ist über dieser Szenerie abgebildet. Daneben erscheint die offensichtlich kranke Fürstin des Volkes von Punt, dargstellt mit Fettpolstern und in verkrümmter Haltung, die auf einem Esel daher geritten kommt und mit schmerzlicher Miene den ägyptischen Kaufleuten Reverenz erweist. Darüber sehen wir, wie ägyptische Schiffe beladen werden und  sich im Wasser tummelnden Fische, die derartig exakt gezeichnet sind, sodass sie moderne Forscher identifizieren und über ihr Verbreitungsgebiet die Lage des Landes Punt lokalisieren konnten.

Die westliche Längswand zeigt weiterhin die Beladung der ägyptischen Schiffe – und das in allen Einzelheiten. Matrosen arbeiten konzentriert mit dem Tauwerk, einige Affen vergnügen sich in der Takelage und auf den Masten. Wie am Fließband bringen Träger die Waren an Bord, Aufseher rufen Befehle, winken und versuchen, den Handelsstrom in geordnete Bahnen zu lenken. Schließlich sieht man die Schiffe, die mit geblähten Segeln die Heimreise antreten.

Hatshspsut, als Mann dargestellt, begutachtet nach der glücklichen Heimkehr der Expetition die mitgebrachten Waren und lässt sie vom Schreibergott Thot registrieren.

 

An der Nordwand ist Hatshspsut zusammen mit ihrem Ka unter einem Thronbaldachin abgebildet. Die Texte erzählen von den Befehlen der Herrscherin an ihre Getreuen.

An die Punthalle schließt sich am Ende einer der Hathor geweihte Kapelle. Hathor- Säulen mit dem Gesicht der Göttin an den Kapitellen schmücken das kleine Heiligtum.

 

 

 

Gut, dass ich schon viel weiß und zielgerichtet meine bevorzugten Räume besichtigen kann. Zuerst bleiben wir in der rechten Anubiskapelle und betrachten die Bilder von Thurmosis III. Es sind gut erhaltene farbige Gestalten, die sich  in dem kleinen Raum vor unseren Augen präsentieren und uns sogar den Sternenhimmel herunterholen mit blauer Deckenfarbe, die mit gelben Sternen übermalt ist. Die Sternendecke gehörte zum Kanon einer ägyptischen

Tempelausstattung , die Himmel und Erde umfasst.

 

 

 

 Die Geburtshalle gibt nicht wirklich viel her. Die Farben sind ausgebleicht und die Entfernung von den Reliefs zu weit, um aus den verbleibenden Umrissen Inhalte ablesen zu können, wie z. b. den rituellen Vogelfang.

 

 

 

 

 

So laufen wir hinüber zur Punthalle und hier ist alles so, wie beschrieben: Die Kuppelhäuser der Einheimischen, die Beladung der Schiffe-

 

 

            

 

 

 

Die Begrüßung des ägyptischen Beamten – alles sehr lebendig und klar gezeichnet. Aber auch  hier sind die Farben weitgehend ausgebleicht, aber doch noch besser sichtbar, als in der Geburtshalle.

 

                              Begrüßung der ägyptischen Beamten

 

 

         

Gott Anubis mit Opfergaben

Pharao Tutmosis vor Opfergaben

 

 

 

 

Die kleine Hathorkapelle an der linken Tempelseite ist ein Juwel der besonderen Art. Bunt bemalt fasziniert dieses kleine Heiligtum bis heute. Im Vorraum stützen Hathorsäulen das fehlende Gewölbe

 

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An der Westwand finden wir ein künstlerisch überragendes Bild von der Göttin Hathor als säugende Mutterkuh.

 

 

Auch der kämpfende Tutmosis an der Ostwand ist von begabter Hand gemalt. Langsam erweitert sich mein Verständnis für Einzelheiten und Unterschiede in den tradierten Darstellungen, die trotz festgelegten Schema durch künstlerisches Können lebendige  Formen annehmen

 

                                            

Dann geht es im Eilschritt hinunter zum Treffpunkt mit den Anderen. Obwohl es mich anfangs seltsam anrührt, ist die kurze Fahrt im Elektro-Zug ein angenehmer Zeitraum – um die Eindrücke ein wenig zu sammeln, bevor wir den Andenkenbazar der Länge nach durchwandern müssen. Wie Insekten schwirren die Händler heran und herum – und das „La! Schukran!“ (Nein, danke!) wird fast zu einer Litaneiantwort beim Durchqueren dieser „Einkaufsmeile“.

Im Bus geht es zurück entlang eines kleinen Nilarms und ich sehe beim zufälligen Aufblicken mein erstes Krokodil in freier Wildbahn.

Dann sind wir wieder zurück am Schiff und gehen zum Mittagessen.

Ein Wort dazu: abwechslungsreich, excellent, schmackhaft und jeden Tag mit neuen Köstlichkeiten ergänzt. Man müsste die Feder eines Trimalchios führen können, um schon das Frühstück zu beschreiben: Eiergerichte, warme Fleischgerichte – verschiedene Käse – Geflügelwurst – Obst von exzellentem Geschmack – Süßigkeiten und Brot in vielen Varianten, weich und süß…

Mittagessen: Gemüsegerichte der feinsten Sorte – Fisch einmal in Soßen, dann natur gebraten, Fleischgerichte in verschiedenen schmackhaften Soßen. Dazu gibt es Reis, Nudel und Salate. Die süßen Nachspeisen sind mir allerdings etwas zu üppig: orientalische Küche pur.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Abend klingen die Schreie der Esel quer über den Strom bis zu uns an Deck. Jetzt um 21 Uhr tönt aus vier Minaretts der Ruf der Muezzins übers Wasser. Dieser Klang lässt sich nicht mit Worten beschreiben. Menschliche Stimme in verschiedenen Schattierungen, ein Ruf worin auch die Transzendenz mitschwingt: einfach, schlicht und selbstverständlich. Damit wird wirklich Gott gelobt. Die Minaretts sind nachts mit grünen Lampen beleuchtet – schlanke Erinnerungen daran, dass noch immer Gott die Welt in der Hand hält und nicht wir…

 

 

Karnak bei Nacht.

Wir wandern über eine weite Terrasse – noch ganz eingetaucht in private Gespräche. Doch schließlich stehen wir vor dem unbeleuchteten Eingangspylon des Karnaktempels. Vor uns zwei Widderreihen aus Stein, die die Tempelstraße bewachen. Nur  Priester im Dienst und Pharao durften diese Straße betreten. DasVolk hatte niemals Zutritt zum Tempel, während der langen Perioden der ägyptischen Vergangenheit.

Der äußere Pylon blieb unvollendet: der Pharao, der sich entschloss dieses mächtige Bauwerk zu errichten, starb zu früh.

Doch jetzt geht ein Atmen durch die Menge. Lichtbündel heben die Fassade des Pylons aus der Dunkelheit und die Widderköpfe beginnen plötzlich zu leuchten:

ein überwältigendes Bild.

 

 

 

Die Kameras blitzen – doch dazu braucht man eine Spezialausrüstung, um diese überwältigende Schönheit ins Bild zu bannen. Gleichzeitig beginnen zwei ausgewählte, fabelhafte Sprecher in großen geistigen Bögen –ausgehend von der Tempelanlage    ägyptischen Geschichte zu erzählen.

„Wir sind angekommen, angekommen im Hause des Vaters, Amun

So beginnen sie. Hier war er zu Hause, der Vatergott Ägyptens. Hier dienten ihm 24 Kasten von Priestern – hierher kam Pharao um ihm zu opfern. Und zum Opetfest wurde die Kultfigur des Gottes auf einer Barke flussaufwärts gerudert zum Tempel von Mut, seiner Frau. Nur bei diesem Fest konnte das Volk „dabei sein“, zumindest von weitem mit seinem Gott in Kontakt kommen.

Drei Tage dauerte das Fest … und ein Jubel ohnegleichen begrüßte die göttliche Barke, wenn sie aus dem Kanal des Tempelbezirkes kommend in das breite Wasser des Heiligen Nil einbog.

Nach den Einführungsworten wird plötzlich eine Kette gelöst und wir dürfen auf dem widderflankierten Tempelweg hinaufsteigen zum mächtigen Eingangspylon, durch ihn hindurch und in den ersten Hof, wo wieder die Stimmen hören, die uns über das Bauwerk linker Hand berichten, einem Tempel zu Ehren der thebanischen Trias:Amun, Mut und Chons, der vom Pharao Sethos II errichtet wurde.

 

 

 

Rechter Hand erhebt sich der Eingangspylon des Amontempel, der von Ramses II errichtet wurde. Dort gleiten die Strahlen der Scheinwerfer über die Osirispfeiler – Symbol der immerwährenden Gegenwart des Gottes – symbolisiert durch Fels und Stein.

 

 

Mit dieser Tempelanlage hat sich Ramses II ein Denkmal gesetzt, das in seiner

Großartigkeit nicht zu wünschen übrig lässt. Noch umfängt uns der Zauber des völlig Neuen und Unerwarteten und dieses Gefühl wird noch gesteigert beim Betreten des nächsten  Raumes.  Hier umgibt uns ein riesiger Säulenwald – spärlich erhellt durch Lichtbündel, die die mystische Atmosphäre noch steigern. Dazu fügen sich die Stimmen der Sprecher in den Raum, die erzählend den Säulenwald zum geistigen Leben erwecken. Ich schlendere durch das Säulenlabyrinth und versuche ein Stück Einsamkeit zu gewinnen, um den gewaltigen Eindruck innerlich verarbeiten zu können. Eines ist mir schon jetzt klar: dieser Raum wird mit unvergesslich bleiben.

Weiter führt uns eine hellgekleidete Gestalt entlang der hieroglyphenge - schmückten Außenmauer des Amontempels. Sie ist noch warm von der gesammelten Sonnenhitze des Tages. Die Kanten der gemeißelten Texte fühlen sich rau an und es tut gut zu wissen, dass die Gelehrten diese Texte wirklich lesen können. Denn nur die Schrift kann das Dunkel um versunkene Welten und Völker erhellen. Ägypten hat es geschafft uns zu den gewaltigen Bauwerken einen Schlüssel zu übergeben, und zwar in Form eines mehrsprachigen Steines, der uns das Geheimnis ihrer Tempeltexte zu enthüllen erlaubt.

 

 

 

 

Im Augenblick, wo wir auf der Terrasse ankommen, die sich nördlich des Heiligen Sees aufbaut, erstreckt sich das beeindruckende Panorama der Tempelstadt vor uns. Unter uns glitzert der See geheimnisvoll, als wollte er einladen, dem mystischen Zauber des rituellen Bades nachzuträumen, dem sich der Pharao immer wieder unterziehen musste, um gereinigt uns geläutert dem Amun-Vater huldigen zu dürfen.

 Wir nehmen auf der Terrasse auf weißgepolsterten Sitzen Platz und versinken in der Schönheit des weiten, von wechselnden Lichtern erhellten architektonischen Raums. Wir lauschen dem poetischen Bericht vom Aufstieg der größten antiken Macht und schließlich vom Verblühen einer Kultur, die so konzentriert war auf das Festhalten des Lebens über den Tod hinaus.

Schon bei der Krönung des Pharaos begann seine Sorge um das ewige Leben, indem sofort mit dem Bau seiner persönlichen Grabanlage begonnen wurde.

So wollte er sich sichern gegen die Katastrophe jeden menschlichen Lebens, die fundamentale Kränkung durch den Tod. Gleichzeitig geschah vieles, um das irdische Leben in seiner vielfältigen Lust zu erhalten und zu genießen. Der Vatergott Amun, wie auch die anderen Götter der Trias sollten Garantien erwirken für das irdische Leben: Leben in Fülle weitergeben an die Nachkommen, die trotz ihrer persönlichen Selbständigkeit, immer auch Elemente von uns selber sind und bleiben.

 

Der Tempel von Karnak, der über  viele Generationen erbaut, erweitert und geschmückt wurde, erscheint uns heute als beeindruckendes Denkmal der Beständigkeit innerhalb der ägyptischen dynastischen Geistigkeit. Wir besuchen die Tempelanlage am Tag nach unserem Abendbesuch und beginnen uns mit der Entstehungsgeschichte und den Details der Anlage auseinander zu setzen.

 

Die mit Abstand größte Tempelanlage von Ägypten, wurde immer wieder hymnisch besungen. Jeder Herrscher sah es als Teil seiner göttlichen Pflichten an, an dem Komplex weiterzubauen. Geweiht war Karnak dem thebanischen Reichsgott Amun, der ab der 11.Dynastie bis tief in die römische Ära hinein, hier Verehrung fand.

Eine Widdersphingenallee führt auf das Tor des ersten Pylon zu; der Widder war eines der Attribute des Gottes Amun. Nie wurde in Ägypten eingrößerer Pylon gebaut, der mit einer Breite von 113m und einer Höhe von 43m  und einer Dicke von 15m alle bekannten Dimensionen sprengt.

Der große Vorhof hinter dem ersten Pylon ist nicht weniger eindrucksvoll. Gleich links befindet sich ein kleines Heiligtum für die thebanische Götterfamilie Amun, Mut und Chons, das auf Sethos II. zurückgeht. Rechts und quer zur Tempelachse hat Ramses II. für die drei Gottheiten einen weiteren Tempel errichten lassen. Dessen Vorhof schmücken 20 Osirispfeiler, die anschließende Querhalle wird von vier Säulen dominiert und der Saal vor dem Sanktuarium  von acht Säulen getragen. Das Allerheiligste ist dreigeteilt, so dass in je einem Abschnitt der Reichsgott Amun, seine Gemahlin Mut und der Göttersohn Chons  verehrt werden konnte.

Der kleine Pylon zeigt das unverzichtbare Niederschlagen der Feinde, und damit die Herstellung der kosmischen Ordnung. Auf dessen Rückseite überträgt Amun Ramses die göttliche Königswürde; an den Wänden sind heilige Prozessionen dargestellt, weiter hinten Ramses bei der Opferung vor der Götterbarke.

Bemerkenswert die hohe Säule des Taharqua, in Auftrag gegeben von dem gleichnamigen Herrscher, die als Einzige im großen Vorhof übrig geblieben ist. Davon wenig entfernt steht

die von Ramses ursupierte riesenhafte Statue des Pinodjem, die Attraktion des ersten Vorhofes.

Ein Tor im Norden führt in ein kleines Freilichtmuseum, worin eine Anzahl von Blöcken ausgestellt sind, die noch lange den Archäologen für Forschungen dienen werden.

In diesem Areal befindet sich die Rote Kapelle der Hatschepsut und ein weiteres kleines Heiligtum von Sosestris I., das zu den ältesten Teilen der Tempelanlage zählt.

Ein hohes Tor führt vom Vorhof durch den zweiten arg in Mitleidenschaft gezogenen Pylon

und hinein in den großen Säulensaal. Dieser dichte Säulenwald ist gleichzeitig monumental  und doch von einer Anmut, wie sie kein anderes Denkmal dieser Welt besitzt.

134 Säulen, davon zwölf Doldensäulen und 122 Papyrosbündelsäulen, wachsen in 16 Reihen in die Höhe. Säulen und Wände sind über und über mit Hieroglyphen verziert.

Die nördliche Außenwand zeigt in ihren Bildfolgen die Siege Sethos I., die südliche Außenwand RamsesII. bei seinen Kämpfen gegen die asiatischen Nachbarn.

Der dritte Pylon ist nur in seinen Ansätzen zu erkennen. Vor dem vierten Pylon streckt sich die Nadel des Thutmosis I. in den Himmel. Ursprünglich standen hier ein weiterer Obelisk des gleichen Herrschers sowie zwei von Thutmosis III.

Der vierte Pylon mit der anschließenden Säulenhalle ist ebenfalls nur noch an den Fundamenten zu erahnen. Blickfang ist hier der Obelisk der Hatshepsut. Auch er besaß einst einen Zwilling, dessen Spitze heute am heiligen See liegt. Heute der höchste aufgestellte Obelisk in Ägypten. (Die Laterannadel ist 1,2 m höher). Gut erkennbar, die von Echnaton in Auftrag gegebene Namenstilgung des Gottes Amun; Sethos hat die Inschriften allerdings wieder einsetzen lassen. Gut erkennbar das Ziegelwerk, womit Thutmosis III. den Obelisken der Hatshepsut hat einmauern lassen. Dank dieser Maßnahme hat die steinerne Nadel die Jahrtausende gut überdauert.

 Hinter dem fünften Pylon liegen zwei ehemalige Vorhallen in Ruinen. Ebenfalls weitgehend zerstört ist der sechste Pylon. Die anschließende Halle zeigt zwei interessante Pfeiler; der rechte trägt eine Lilie, die Wappenpflanze für Oberägypten, die linke ist mit einem Papyrosstengel verziert, dem Zeichen für Unterägypten. Jenseits der Halle liegt das Allerheiligste, umgeben von dem so genannten Annalensaal mit einer Reihe von Inschriften sowie den üblichen Nebenkammern, apostrophiert als Gemächer der Hatshepsut.

Das aus zwei Räumen bestehende Sanktuarium ließ der makedonische Nachfolger von Alexander d. Gr., Philipp Arrhidaidos aus Rosengranit anlegen. Teilweise schimmert  noch die originale Farbe der Reliefs im Dunkel. Auch der Opfertisch für die Götterbarke steht noch immer am Platz. Im ersten und zweiten Raum sind Szenen abgebildet, die Philipp zeigen, wie er den Göttern opfert.

Weiter in Richtung Tempelachse erstreckt sich ein weites Trümmerfeld. Dahinter die Festhalle von Thutmosis III. Der quer zur Tempelachse ausgerichtete Saal wird durch 52 Zeltstangen-säulen und Pfeiler gegliedert, die blaue Bemalung der Decke ist noch immer gut sichtbar.

Bemerkenswert die Reliefs des Botanischen Gartens. An den  halbhohen Wänden hat Thutmosis alle jene Tiere und Pflanzen abbilden lassen, die er von seinen asiatischen Kriegszügen mitgebracht hat.

Der Obiliskentempel, heute nur mehr in Resten vorhanden, wurde von Thutmosis III. begonnen, Ramses II. führte fort. Fertiggestellt wurde der Tempel während der Regierungszeit von Taharka.(die namensgebende Steinnadel ließ Kaiser Constantius 357 im Zirkus Maximus aufstellen; 1587 ordnete Papst Sixtus die Umsetzung vor den Lateranpalast an.)

Direkt an der nördlichen Ziegelumwallung lohnt der kleine Ptahtempel einen Besuch. Bauwerk, von Thutmosis III. hat das Bauwerk  in Auftrag gegeben.  Kompositsäulen gliedern den Hof; nach einer Vorhalle ist das dreigeteilte Sanktuarium erreicht, worin das sitzende Kult bild des Ptah (ohne Kopf) noch vorhanden ist. Ihm zur Seite die löwenköpfige Sechmet, seine Gemahlin. Jenseites der Ziegelmauer liegen die Reste eines Month-Tempels.

 

 

 

 

Der Besuch am Morgen „danach“ im Tempel von Karnak erweist sich für mich wie der Besuch bei einer faszinierenden Schauspielerin, die man nach einem berührenden Theaterabend, wo sie alle mit ihrer Schönheit bezauberte, in Alltagskleidern und ungeschminkt wieder trifft. Jetzt halte ich mich an den Text des Polyglottführers und versuche mir die Anlage im Detail einzuprägen. Doch es gelingt nicht wirklich. Vorbei an den Osirissäulen, die auch am Tag ihre Faszination nicht verloren haben, wandere ich zum Heiligen See, der sich jetzt dunkel und brackig vor mir ausbreitet, an seinen Ufern mit Müll bedeckt. Schnell gehe ich vorbei und wende mich zu den Ausgrabungen im Osten, wo nur ein einzelner Mann Wache hält. Er führt mich zur Rückseite des vierten Pylon, wo es ruhig und menschenleer ist. Hier gelingt es mir ein bisschen von dem Zauber nachzuempfinden, der am Abend davor so stark gewirkt hat.

 

 

 

Auch das Labyrinth bleibt faszinierend mit seinem hohen Säulenwald, wo ich jetzt Einzelheiten der Reliefs betrachten kann, die nachts unsichtbar waren. Ich schlendere herum und versinke aber immer mehr in ein Gefühl der Melancholie. Später an der usurpierten Ramsesstatue reißt mich ein kunstverständiger Führer aus meiner Stimmung, indem er auf die feine künstlerische Arbeit hinweist, womit das bekannte Bild der Verbindung von Ober- und Unterägypten in Form von Papyros-  und Lotosstengel an den Seitenwänden des Königsthrones gearbeitet ist. Die Klarheit der Linien, die feine Arbeit der Details erfreuen mein Auge und ich kann wieder auftauchen aus der Traurigkeit, die mich hier immer wieder umfangen hat.

 

Auch RILKE hat hier geweilt und schreibt:

 

Diese unbegreifliche Tempelwelt von Karnak, die ich gleich am ersten Abend und gestern wieder im eben erst abnehmenden Monde sah, sah, sah – mein Gott man nimmt sich zusammen, sieht mit allem Glaubenwollen beider eingestellten Augen – und doch beginnts über ihnen, reicht überall über sie fort (nur ein Gott kann ein solches Sehfeld bestellen)  -

da steht eine Kelchsäule, einzeln, eine überlebende, und man umfasst sie nicht, so steht sie einem über das Leben hinaus, nur mit der Nacht zusammen erfasst mans irgendwie, nimmt es im ganzen mit den Sternen, von ihnen aus wird es für eine Sekunde menschlich, menschliches Erlebnis.

 

 

 

                                 In Karnaks wars. Wir warn hingeritten

Helene und ich, nach eiligem diner.

der Dragomann hielt an: die Sphinxallee

ah! Der Pylon: nie war ich so inmitten

 

mondender Welt! (Ist`s möglich, du vermehrst

dich in mir, Großheit, damals schon zu viel!)

ist Reisen – Suchen? Nun, das war ein Ziel.

Der Wächter an dem Eingang gab uns erst

 

des Maßes Schreck. Wie stand er niedrig neben

dem unaufhörlichem Sich-überheben

des Tors. Und jetzt für unser ganzes Leben,

die Säule - : jene ! war es nicht genug?

 

Zerstörung gab ihr recht: dem höchsten Dache

war sie zu hoch. Sie überstand und trug Ägyptens Nacht.

der folgende Fellache

 

blieb nun zurück. Wir brauchten eine Zeit,

dies auszuhalten, weil es fast zerstörte,

das solches Ringen dem Dasein angehörte,

in dem wir starben.- Hätt ich einen Sohn,

ich schickt ihn hin, in jenem Wendejahre,

da einer sich entringt ums einzig Wahre.

„Dort ist es, Charles,- geh durch den Pylon

und steh und schau…“

 

Uns half es nicht mehr, wie?

Dass wirs ertrugen, war schon viel. Wir Beide:

du Leidende, in deinem Reisekleide

und ich, Hermit in meiner Theorie

und doch die Gnade! Weißt Du noch den See,

um den granitne Katzen-Bilder saßen,

Marksteine – wessen? Und man war dermaßen

gebannt ins eingezauberte Carre,

 

dass, wären fünf an einer Seite nicht

gestürzt gewesen (du auch sahst dich um),

sie, wie sie waren, katzig, steinern, stumm,

Gericht gehalten hätten. Voll Gericht

 

war dieses alles. Hier der Bann am Teich

und dort am Rand die Riesen Skarabäe

und an den Wänden längs die Epopäe

der Könige: Gericht. Und doch zugleich

 

 

ein Freispruch ungeheuer. Wie Figur

sich nach Figur mit reinem Mondschein füllte,

war das im klarsten Umriss ausgedüllte

Relief, in seiner muldigen Natur,

 

so sehr Gefäß - - -: und hier war das gefasst,

was nie verborgen war und nie gelesen:

der Welt Geheimnis, so geheim im Wesen,

dass es in kein Verheimlicht – Werden passt!

 

Bücher verblätterns alle: keiner las

so Offenbares je in einem Buche -,

(was hülfts, dass ich nach einem Namen suche):

Das Unermessliche kam in das Maß

der Opferung.- Oh sieh, was ist Besitz,

solang er nicht versteht, sich darzubringen?

die Dinge gehen vorüber. Hülf den Dingen

in ihrem Gang. Dass nicht aus einem Ritz

 

dein Leben rinne. Sondern immerzu

sei du der Geber. Maultier drängt und Kuh

zur Stelle, wo des Königs Ebenbild

der Gott, wie ein gestilltes Kind, gestillt

 

hinnimmt und lächelt. Seinem Heiligtume

geht nie der Atem aus. Er nimmt und nimmt

und doch ist solche Milderung bestimmt,

dass die Prinzessin die Papyros – Blume

oft nur umfasst, statt sie zu brechen.-

 

Hier

Sind alle Opfer – Gänge unterbrochen

Der Sonntag rafft sich auf, die langen Wochen

verstehn in nicht. Da schleppen Mensch und Tier

 

abseits Gewinne, die der Gott nicht weiß.

Geschäft, mags schwierg sein, es ist bezwinglich;

Man übts und übts, die Erde wird erschwinglich,-

Wer aber nur den Preis gibt, der gibt preis.

 

                                                           RILKE 1921 Schloß Berg am Irchel

 

Weiter geht es zu einem „Papyrosmuseum“. Hinter diesem hochtrabende Titel verbirgt sich wieder ein Geschäft, das verschiedene Sujets aus Ägyptens Vergangenheit anbietet, und zwar auf Papyros gedruckt oder gemalt.

Ob es sich dabei wirklich um Papyros handelt, wage ich zu bezweifeln. Aber die Anderen freut es und dann ist es schon recht.

 

 

Der Luxor Tempel

Der Tempel der Mut, den wir später besuchen, ist ein weniger imposantes Gebäude als der Tempel ihres Eheherrns Amun. Alles ist kleiner, die Säulenreihen enger gestellt – doch macht der Tempel insgesamt einen heimeligeren Eindruck, wenn dieser Ausdruck hier überhaupt angebracht ist.

 

Amenophis III gab den Auftrag für den Bau der sakralen Stätte und ersetzte damit ein älteres

kleineres Heiligtum. Gewidmet ist es der thebanische Göttertrinität: Amun, Mut und Chons.

Alle späteren  Herrscher nahmen Veränderungen vor und erweiterten Tempel kontinuierlich, bis er schließlich auf eine Länge von 260m angewachsen war.

 

 

Der erste Pylon geht auf die unermüdliche Bauinitiative von Ramses II. zurück. Wie nicht anders zu erwarten, ist dieser 63m breite Torturm mit Reliefs der Schlacht von Kaddesh geschmückt, die Ramses gegen die Hethiter führte. Die Bilder im rechten Teil der Pylons zeigen den Pharao bei der Strategiebesprechung mit seinem Heerführern, das ägyptische Truppenlager, wie es gerade von den anrückenden Hethitern angegriffen wird und schließlich den großen König auf seinem Streitwagen. Die linke Turmseite ist den eigentlichen Kämpfen vorbehalten. Ramses tobt inmitten seiner Feinde und schlägt sie in die Flucht; wer dem rasenden König entkommt, sucht die Sicherheit der Festung Kaddish zu erreichen.

Schließlich muss auch der Hethiter-Herrscher Mutwatallis Fersengeld geben; erschrocken dreht er sich nach Ramses um. Die Texte lobpreisen seinen großen Sieg, von dem jeder weiß, dass es nicht einmal ein kleiner war.

Einst standen sechs steinerne Abbilder des großen Pharaos vor dem Pylon, erhalten geblieben sind heute nur noch, zwei Sitzfiguren von 14m  Höhe sowie eine stehende Statue. Zusätzlich dazu ritzten hier einmal zwei Obelisken den Augapfel der Sonne, seit 1836 ziert eine dieser Nadeln die Place de la Concorde in Paris.

 

 

 

 

 

 

 

Hinter dem Pylon breitet sich der große kolonnadengesäumte Säulenhof von Ramses II. aus.

74 Papyrosbündelsäulen stützen einst die Decke, dazwischen sind 7m hohe Statuen von Ramses II. aufgestellt. In der Nordostecke ragt die sehr verehrte Moschee des Abu al Haggag in den Komplex hinein.

Besondere Beachtung verdient ein Relief an der rechten Südwand. Hier sehen wir die originale Fassade des Tempels mit dem flaggengeschmückten Pylon, den sechs Standbildern sowie den beiden Obelisken davor. Ein langer, prachtvoller Prozessionszug mit geschmückten Tieren, vielen Opfergaben und gravitätisch einher schreitenden Priestern nähert sich dem Heiligtum.

Ein Tor flankiert von zwei mächtigen Statuen, führt in den langen Säulengang, den Amenophis dem Tempel vorsetzen ließ. 14 paarweise angeordnete Papyrosbündelsäulen tragen noch heute gewaltige Architrave. Die Reliefs gehen auf Tut-ench-Amun zurück und zeigten die Feiern zum Opet-Fest. Heute weitgehend durch Umwelteinflüsse zerstört.

Der zweite Hof, von einer zweireihigen Kolonnadenreihe umgeben, leitet in die Vorhalle des Tempels über, die von je acht Säulen in vier Reihen gegliedert wird. Diese insgesamt 32 Papyrosbündelsäulen sind reich verziehrt; die Wände zeigen religiöse Szenen.

Den folgenden Vorsaal ließ Diokletian zu einem römischen Tempel umbauen. Dieses sogenannte Sacellum gehörte zu dem römischen Truppenlager, das in Luxor stationiert war.

Weiter geht es der Tempelachse folgend durch einen, weiteren Saal mit vier Säulen, in dem der Opfertisch für die heilige Barke stand. Und schließlich in das Allerheiligste, dessen heutige Anlage auf Alexander den Großen zurückgeht. Der geniale Stratege ließ vier Säulen entfernen und einen granitenen Schrein errichten. Die Reliefs an den Stirnseiten zeigen den König im Sanktuarium bei kultischen Handlungen und seine Krönung durch Amun, die Seitenwände geben religiöse Riten wieder .

Es folgen ein weiterer, quer zur Tempelachse liegender Opfertischsaal mit 12 Säulen, woran  sich drei kleine Kapellen anschließen.

Besonders bemerkenswert sind die Bildfolgen im Geburtsraum, einem Vorläufer für die in späteren Zeiten den Tempeln angegliederten Mammisi. Seinen Namen hat die Halle von den Reliefs der Westwand bekommen. Obwohl nicht mehr wirklich deutlich sichtbar, ist die Geschichte, die hier gezeigt wird von hohem kulturhistorischem Rang: (von links nach rechts)

Chnum erschafft auf seiner Töpferscheibe zwei Knaben (Amenophis und sein Ka), ihm gegenüber Isis; die Götter Chnum und Amun; Amun mit Mutenweje, der Mutter von Amenophis, auf der Hieroglyphe Himmel und gehalten von den Göttinnen Seiket und Neith; Amun und Thot; der König und Amun; Isis umarmt von Amun Mutenweje.

Mittlere Reihe: Thot kündigt Mutenweje die Geburt eines Sohnes an; die schwangere Mutenweje zusammen mit Isis und Chum; Mutenweje schenkt einem Jungen das Leben, sie wird von den Göttern, besonders Bes und Toeris, den Beschützerinnen der Schwangeren,  bewacht. Isis reicht das Neugeborene Amun; im Beisein von Hathor und Mut nimmt Amun den Knaben auf den Arm.

Obere Reihe: Die Göttin Seiket, vor ihr die Königin, zwei Göttinnen stillen den jungen Prinzen und sein Ka; eine Reihe von Gottheiten tragen das Baby Amenophis; Gott Hekau hält den Prinzen und sein Ka auf dem Arm, hinter ihm der Gott des Nil; Horus übergibt die beiden an Amun; Chnum und Anubis; der Prinz und sein Ka vor Amun; Amenophis als König.

Unter dem Schutz der Götter kommt das Kind zur Welt, wird von Amun gestillt und dem Schöpfer präsentiert, der den Knaben als Sohn anerkennt und zum König krönt. Hierin liegt der Kern der göttlichen Natur des Pharaos.

 

Die Szenenfolge in der Mammisi (Geburtshalle)beleuchten ganz klar den Hintergund des überwältigend langen Bestandes des ägyptischen Großreiches, und zwar in politischer Hinsicht. Das Wohl des Reiches war nicht an bestimmte Personen gekoppelt- obwohl Gestalten wie Ramses II dem Reich einen sichtbaren und bleibende Stempel aufgedrückt haben. Die Kontur des Pharao konnte immer wieder durch neue Geschlechter ausgefüllt werden. Wesentlich war nur, dass man  seitens der Priester glaubhaft machen konnte, dass der zukünftige Pharao göttlichen Ursprungs ist. Und wer wollte sich dieser Interpretation widersetzen?

 

Ich wandere durch die künstlerisch sehr eindrucksvoll gestalteten  Säulenhalle hinein in das Innere des Tempels. In der Tempelvorhalle berührt mich eine runde Apsisnische sehr vertraut – sie war Teil eines römischen  Heiligtums  für die Soldaten  des nahe stationierten Heerlagers. In den Räumen, wo die Opfergaben aufbewahrt wurden, gibt es noch einige gut erhaltene farbige Reliefs, die schon auf den ersten Blick einen Zusammenhang herstellen lassen, womit eine Deutung wesentlich einfacher  und schneller gelingt.

 

 

 

 

Es sind immer wiederkehrende Szenen, wie die Opferungsgesten der Pharaonen gegenüber den verschiedenen Göttern. Sie opfern Blumen, Nahrungsmittel, Gefäße mit Wein oder bringen Rauchopfer dar. Daneben wiederholen sich die Darstellungen, wo Götter den Pharao segnen. Alles wirkt wie eine großangelegte bildlich gestaltete Litanei, die in allen Tempeln wiederkehrt.

Den stärksten Eindruck nehme ich von den Säulenhallen mit, die in den Maßen harmonisch gestalteten Papyrossäulen, die so fremd und gleichzeitig so vertraut anmuten, weil sie  ihrem Naturvorbild so unmittelbar entsprechen. Später versuche das Gesehene innerlich zu ordnen, während ich mich an eine dieser Säulen anlehne und Wärme und Schönheit zugleich genieße.

 

 

Zurück an Bord, erleben wir das erste Mal, dass sich unser schwimmendes Hotel  bewegt. Wir legen ab und nun beginnt die langsame Fahrt flussaufwärts, die uns immer wieder malerische Bilder vor Augen führt. Einmal sind es Palmenhaine dann wieder Felder mit Zuckerrohr – dazwischen grüne  Hartlaubgewächse, dann wieder Häuser oder auch Schilfhüten, die an den Ufergestaden ab und zu auftauchen und wieder versinken.Da sich der Fluss noch selbst seine Ufer gestaltet, kommen manchmal raue  Erdabrüche in den Blick, dann wieder  buchtförmigen Ausweitungen, die mit Schilf bewachsen sind – und immer wieder Inseln, die sehr malerisch daliegen und hin und wieder bewohnt sind.

 

Ich zeichne und fotografiere und möchte keinen der Blick auf die faszinierende Uferlandschaft versäumen;  einer Zeit intensiver  Begegnung mit Natur und Landschaft.

 

 

 

 

Am späten Nachmittag erreichen wir die Schleuse vom alten Assuan Staudamm.

Während das Schiff wartend vor den Toren hält, nähern sich kleine Ruderboote, die verschiedenste Sachen anbieten. Alles  nahezu „geschenkt“.

 

 

Die Art ihres Angebotes erscheint  besonders originell. Eingewickelt in Plastiksäcke werfen sie ihre Schätze (Tischtücher, Handtücher, Tunicas, Galabeas…) an Bord, in der Erwartung dass eine KäuferIn das entsprechende Geld hinunterwirft. Wenn die Sachen nicht gefallen, werden sie in die Boote zurückgeworfen, wobei sie nicht selten  im Wasser landen. Nach den komplizierten Verkaufsverhandlungen rudern die Männer in die Mitte des Flusses, wo sie an die stromabwärts fahrenden Frachtschiffe mit Seilen andocken und sich ziehen lassen.

 

 

Während dieser geschickten Manöver, bewegt sich unser Schiff in Richtung Schleuse. Dort wird es mit Seilen festgezurrt, während sich langsam die Schleusentore schließen. Es geht sehr schnell das Auffüllen der Schleusenwanne und bald sind wir wieder unterwegs auf dem Fluss Richtung Edfu.

 

Noch  ein Wort zur Abendunterhaltung am Schiff. In Luxor gab es zweimal Programm am Abend, und zwar in den Barräumen. Am ersten Abend gab es eine Bauchtänzerin, über deren Kunst besser der Mantel des Schweigens gebreitet bleibt. Danach tanzte eine Art junger Derwisch mit bunten Gewändern einen sehr sehr eindrucksvollen Rundtanz, der mit einheimischen Rhythmusinstrumenten begleitet wurde. Fast eine halbe Stunde drehte er sich zu den Rhythmen im Kreis, indem er immer wieder neue Figuren aus seinen bunten Gewändern und der Bewegung  zauberte. Zuletzt – so mein Eindruck- war er schon selbst schon in die Bewegung eingeschmolzen. Das Wort Trance würde es nicht wirklich treffen, weil er am Ende der Vorstellung sofort da war.

 

 

                  

 

Der Horustempel von Edfu ist ein Plagiat, dem man das auch ansieht. Von den Ptolemäern im 2. Jh. vor Christus errichtet ist er einer der vollständig erhaltensten, aber auch eine sehr unkünstlerische Zitation der alten Muster. Schon die Reliefs des Eingangspylon machen deutlich, dass hier nur Schablonen aufgelegt und nachgemeißelt  wurden

 

 

Die Proportionen stimmen einfach nicht. Besser gelingt die Gestaltung der Statuen – dafür gab es offensichtlich noch eine Steinmetzhütte, die altes Wissen verwaltete.

Bevor wir den Tempel betreten, berichtet unser Reiseführer von den geschichtlichen Hintergründen des Baues und führt uns dann zu einem bekannten Relief: der Darstellung der Grundsteinlegung des Tempels und später der Öffnung des Tores im Beisein des Horus. Ungewöhnliche und neue Darstellungen, die erfrischend vom überlieferten Kanon abweichen.

 

 

 

Als Überraschung erwartet uns auch ein fast vollständig erhaltener Altarraum. Die Götternische entbehrt zwar des Götterbildes, aber die Götterbarke, worauf das Bild zu den Menschen hinausgetragen wurde, steht in Kopie vor uns. Das Original befindet sich allerdings im Louvre.

 

 

 

 

Dieser kleine sakrale Raum verströmt einen ganz merkwürdigen Zauber, den auch die Jahrhunderte nicht ganz auslöschen konnten und auch nicht die Blicke der vielen Touristen. Der Tempelumgang führt durch Räume für die Opfergaben und ist wieder in der bekannten Weise geschmückt. Die Reliefs sind etwas grob geraten, aber dennoch recht eindrucksvoll. An der westlichen Innenmauer findet

sich immer wieder Horus, wie er dem Gott Seth in verschiedenen Tiergestalten nachstellt und tötet. Doch dieser hat das ewige Leben. Immer wieder erhebt er sich, sowie das Böse in der Welt einfach nicht ausstirbt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Horus-Tempel

Die Griechen, die Horus mit ihrem Gott Apollon gleichsetzten, nannten Edfu, Apollonopolis.

Der Horus-Tempel von Edfu wurde unter den Ptolemäern (237-257v. Chr.)errichtet. Wie üblich zeigt der Eingangspylon den Pharao, wie er den Feind am Schopf gepackt hält und mit einer Keule auf ihn einschlägt. Das Tor im Turmberg, das  von zwei großen Falken flankiert wird, führt in einen Innenhof mit 32 Säulen. Die Wände der Kolonnaden zeigen sich wiederholende Szenen, in denen der Pharao den Göttern opfert. Die Front der Vorhalle an der Rückseite des Hofes besitzt die oben typische Hohlkehle; an den halbhohen Säulenschranken ist Energetes II. abgebildet, indem er Horus und Hathor Opfer darbringt.

Die Decke der Vorhalle wird von 12 Säulen mit Blumenkapitellen getragen. Auch hier sind die Wände über und über mit vertieften Reliefbildern geschmückt; sie zeigen das ganze Repertoire der sakralen Handlungen. Interessant ist an der Westwand unten, die Darstellung des Pharao bei der Grundsteinlegung des Tempels. Die westliche Kapelle neben dem Eingang dient als Weiheraum, worin  Horus und Thot abgebildet sind, wobei sie den  Pharao mit Wasser übergießen. Die östliche Kapelle diente einst als Bibliothek.

Der Architrav über dem Tor zur Säulenhalle zeigt das Sonnenschiff mit Götter-darstellungen. Schmale Luken lassen Licht ins Dunkel des Säulensaales ein, in dem 12 Säulen mit Blumenkapitellen die Decke stützen. An den Wänden werden die gleichen Themen, wie in der Vorhalle behandelt. Der westliche Nebenraum diente einst als Labor. Seine Inschriften nennen Rezepte für Salben und Weiheöle, womit die Priester die sakralen Handlungen vollzogen.

 

 

 

 

 

 

 

Vom angrenzenden ersten Vorsaal aus führen Treppen auf das Tempeldach. Hier zogen die Priesterprozessionen mit dem Kultbild zu Beginn des neuen Jahres ins Freie, damit die Strahlen der Sonne dem Gott neue Kraft zuführen konnten. Über den zweiten Vorsaal gelangt man in das Allerheiligste. Der Granitschrein hier gehörte zu einem älteren Tempel; auf dem Sockel stand einst die Götterbarke. Rund um das Sanktuarium verläuft ein Korridor, wovon eine Reihe  kleinerer Kammern zu betreten sind. In ihnen bewahrten die Priester die kultischen Geräte auf und alles andere, was für das Ritual benötigt wurde. In den beiden Eckräumen führen Stufen hinunter zu den Krypten des Heiligtums.

Der innere Tempelumgang erreichbar über Durchgänge in der Ostwand des Säulensaales

bzw. in der Vorhalle, zeigt löwenköpfige Wasserspeier, darunter eine Prozession des Herrschers nebst Gemahlin zu den Göttern und interessanten Darstellungen an der westlichen Umfassungsmauer; Horus kämpft hier gegen seine Feinde, symbolisiert durch Krokodile und Flusspferde.

 

 

 

 

Stromaufwärts geht es nach dem Mittagessen weiter nach Kom Ombo, dem Doppeltempel, der dem Krokodilgott Sobek  und Horus( Horus, als Sohn des Re) geweiht ist.  Auf einem Felsplateau, das zum Nil hin abfällt wurde dieser merkwürdige Tempel errichtet, der in seinem Stilgemisch  fasziniert und beeindruckt.

 

 

 

 

Besonders ausdrucksvoll erweisen sich die geflügelten Sonnendarstellungen, die durch ihre Doppelung über den Tempeleingängen eine starke Präsenz entwickelt. Sehr schön sind auch die Kompositkapitelle der Säulen, wo schon die Erfahrung der ausländischen Steinmetze mit eingearbeitet sind.

 

 

Wie zu erwarten, beschäftigen sich die  Reliefs an den Säulen immer wieder mit den Göttern, die hier verehrt werden. Die Darstellungen des Krokodilgott Sobek scheinen mir von einem besonders begabten Steinmetz herausgemeißelt

 

 

Der Doppeltempel von Kom Ombo

 

Da das Heiligtum zwei Göttern geweiht ist, dem Krokodilgott Sobek und dem Haroeis (Horus als Sohn des Re),finden wir hier eine Doppelanlage vor, die entlang der Längsachse in zwei symmetrische Hälften geteilt ist. Beide Areale folgen den klassischen Grundsätzen der ägyptischen Tempelarchitektur; beide Hälften besitzen einen eigenen Eingang. Auch dieser Tempel datiert aus der Ptolemäerzeit, doch haben auch einige römische Kaiser, vor allem Tiberius ihre Spuren hinterlassen.

 

 

 

 

Der erste Pylon ist fast völlig verschwunden, und von den Kolonnaden der Vorhalle gibt es nur wenige Säulenstümpfe. In der Mitte des Hofes finden sich Reste eines Altares und zwei Granitwannen, die wahrscheinlich zu rituellen Waschungen dienten. Zehn Säulen schmücken die Vorhalle, deren Reliefs Kultszenen zeigen. Von dort führen zwei Tore in den Säulensaal, der mit 10 Papyrosbündelsäulen geschmückt ist. Zwischen den Türen zeigt ein Relief das heilige Krokodil von Ombos.

 

 

 

 

 

 An der nördlichen Wandseite überreicht Haröis dem Pharao Euergetes II. das Sichelschwert. Hinter dem Pharao schreiten seine Schwester und seine Frau, die beide den Namen Kleopatra tragen.

Zwei weitere Tore geleiten in die drei hintereinander liegenden Vorhallen. Interessant ist das Relief an der Rückwand des dritten Saales. Es zeigt den Herrscher Philometor mit seiner Gattin Kleopatra vor dem Mondgott Chons, der den Namen des Herrschers in einen Palmzweig ritzt – Symbol für die Verheißung einer langen Regierungszeit. Nur noch Reste weisen auf die Sanktuarien hin, die einst von den üblichen Nebenkammern umgeben waren.

Am weitgehend zerstörten Mammisi ist ein Relief erhalten, das Euergetes zusammen mit zwei Göttern zeigt, wie sie auf der Barke durch die Papyrossümpfe  gleiten. Der Köng zupft estwas gelangweilt an den Halmen. Statt eines Mungos lassen die Steinmetze einen Löwen auf einem Stengel hochschleichen – Zeugnis einer sinnentleerten Symbolik, die sich überlebt hat nach mehr als 3000 Jahren…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Heute geht es schon sehr früh am Morgen Richtung Abu Simbel. Noch in der Dunkelheit geht es los und ich versuche noch ein wenig zu schlafen. Doch es gelingt nicht wirklich, weil ich ganz aufgeregt auf den Sonnenaufgang warte. Tatsächlich gelingt es mir den Sonnenaufgang über den Weiten der Wüste mitzuerleben und einzutauchen in diese völlig fremde Natur, die uns durch ihre Schönheit anzieht, durch  ihre Lebensfeindlichkeit aber gleichzeitig zurückweist.

 

 

Abu Simbel

 

Es war der Schweizer Orientforscher Jakob Ludwig Burckhardt, der im März 1813 die  beiden Heiligtümer entdeckte. Sandverwehungen hatten in den vergangenen Jahrtausenden die Tempel fast vollständig zugedeckt, nur die Köpfe der Riesenstatuen ragten aus dem Wüsten-sand heraus. Seine Ausrüstung erlaubte ihm nicht in das Innere der Tempel vorzudringen. Das besorgte der raubende Abenteurer Belzoni vier Jahre später; er und sein Team legten die Tempel frei.

Eine Treppe führt hoch zu der Terrasse, auf der die vier sitzenden 20m hohen Kolossalstatuen von Ramses II., wahrhaft majästetisch in den Himmel ragen. Die linke der Figuren ist am besten erhalten. Die zweite war schon kurz nach ihrer Fertigstellung geborsten – der Oberkörper lag am Boden, die dritte ließ Sethos II. restaurieren. Ramses ist im vollen Ornat dargestellt, mit der Doppelkrone von Ober- und Unterägypten, der Uräusschlange an der Stirn und dem Götterbart am Kinn. Zwischen den Füßen des Herrschers und auch zwischen den Kolossalstatuen finden sich kleinere Darstellungen von Familienmitgliedern Über den Statuen verläuft ein Fries, geschmückt mit Pavianen, die ihre Arme der aufgehenden Sonne entgegenstrecken, darunter zeigt die Hohlkehle den Namen des Herrschers in einer Katusche. Über dem Eingang thront der Sonnengott als falkenköpfiger Re-Harachte; zu seiner Rechten und Linken Ramses, der ihm in klassischer Pose die Göttin Maat darbringt.

An der südlichen Begrenzung der Terrasse erinnert die Hochzeitsstele an die politisch motivierte Ehe von Ramses mit der Tochter des Hethiter-Königs. Durch das Tor gelangt man ins Innere des 55m langen Tempels In der ersten Halle zeigen acht 10m hohe Osiris Pfeiler erneut der Pharao. Rechts an der Eingangswand züchtigt der König eine Anzahl Feinde von Re-Harachte, auf der anderen Seite geschieht es vor Amun-Re. An der südlichen Seitenwand zeigen die Reliefs oben Darstellungen des Herrschers vor verschiedenen Göttern; darunter links Ramses, wie er in seinem Streitwagen auf eine asiatische Festung zugaloppiert und die vor Angst gelähmten Feinde auf den Zinnen mit Pfeil und Bogen tötet, in der Mitte spießt er einen Libyer mit der Lanze auf, rechts die Darstellung des Triumphzuges, mit dem der siegreiche Ramses die Feinde in die Gefangenschaft führt.

Die nördliche Seitenwand verherrlicht die Schlacht gegen die Hethiter bei Kaddesh.

Oben links der König in seinem Streitwagen von Feinden umzingelt, in der Mitte in einer Schleife des Orontes liegende Festung Kaddesh mit ihren Verteidigern  auf den Zinnen der Brustwehr, rechts die Heerführer des Königs, die ihm Gefangene vorführen und die Gliedmaßen der toten Feinde zählen. Unten links der Marsch der ägyptischen Truppen, dann das Heerlager mit dem König beim Kriegsrat, schließlich die bekannte Szene, wie zwei feindliche Spione verdroschen werden, rechts der Kampf der ägyptischen Streitwagen gegen die gleichermaßen anstürmenden Hethiter. An der Rückwand ist der siegreiche Ramses zu sehen, der Gefangene vor verschiedene Götter führt, auf der anderen Seite  geleitet er gefangenen farbige, erkennbar an den wulstigen Lippen, vor die Gottheiten.

Einige der Seitenkammern beinhalten noch Tische, worauf früher Vorräte und Opfergaben gestapelt waren. Die Wandreliefs vermitteln religiöse Szenen. IN der Vierpfeilerhalle  wieder die Darstellung einer Barkenprozession. Im Sanktuarium schließlich findet sich der Sockel für die heilige Barke; in der Nische dahinter thront Ramses inmitten der Göttertrinität: Amun, Ptah und Re.

Am 21. Oktober und 21. Februar treffen die Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne das Allerheiligste im tiefsten Punkt des Tempels und berührt die Figuren der Götter und des Herrschers

 

 

Der obige Text fasst die Konzeption des Tempels gut zusammen. Doch kann ein Text die ungeheure Wucht, womit die Ramsesgestalten am Eingangspylon auf den Betrachter einwirken, nicht einfangen. Das kann man nicht mit Worten schildern, man muss es erleben. Und wieder frage ich mich, welche geistige, psychische Verfassung den Menschen Ramses II. dazu gebracht hat, sich wenn irgendwie möglich, in Überlebensgröße und als  Gott – insbesondere in Abu Simbel- wo er sich im Tempelraum in der Gestalt des Gottes Osiris  achtmal  in Stein meißeln lässt. Ich glaube, dass die Machtfülle und Verehrung durch Priester und Volk, die er zweifellos in hohem Grade genoss, nicht ausreichen um dieses Phänomen der Selbstverherrlichung zu erklären. Doch letztlich sind alle Spekulationen darüber müßig, weil für moderne Machthabern die Umsetzung  von ähnlichen Wünschen in Stein und Granit nicht mehr angebracht  ist.

Die Riesengestalten des Pharao Ramses II. vorm Eingangspylon wirken irgendwie vertraut. Zu oft hat man Bilder von Abu Simbel gesehen. Beim Näherkommen  lösen sich die Gestalten allerdings in Einzelemente auf, weil der Blick die Monumentalität der Gestalten nicht festhalten kann. Was bleibt, ist ein Gefühl des Überwältigtseins, ein Eindruck, der offensichtlich auch vom Erbauer beabsichtigt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Linker Hand vor dem dunklen Holztor wurde wieder das Sujet von der Vereinigung von Ober – und Unterägypten bedient, uns zwar mit hoher Meisterschaft des Meißels.

 

 

Ein gewisse Einförmigkeit und Mangel an Originalität im Hinblick auf die dargestellten Szenen, lässt sich zweifellos nicht leugnen. Doch darf nicht vergessen werden, dass in Ägypten Kontinuität in allen Lebensbereichen verankert war. Warum? Weil es existenziell notwendig war, dass der Nil Jahr für Jahr zur selben Zeit aus seinen Ufern trat, um das Land zu ernähren. Sie waren nicht gewohnt auf zufällige Regengüsse  zu warten und zu hoffen, dass Regen ausreichend und rechtzeitig vom Himmel fällt. In unseren Breiten können wir kaum erwarten, dass Regen zu bestimmten Zeiten kommt. Wir müssen hoffen,  ohne Garantien bezüglich Ort und Zeit.

Für Ägypten wurde und wird die existentielle Frage sehr ungewöhnlich gelöst, und heute wie damals beruht der Ernteertrag auf der regelmäßigen Zufuhr von gewaltigen Wassermengen durch den Nil für ihr Land.

Kontinuität prägt sogar die Vorstellung der alten Ägypter vom Leben  im Jenseits. Wenn man schließlich durch alle Tore hindurch bei Osiris ankommt und die Prüfung besteht, dann erwartet einem nichts anderes, als dasselbe Leben, wie hier auf Erden. Mit Essen und Trinken, Arbeiten, ect. Es scheint so, dass das Verharren im Hergebrachten gleichsam als Garantie verstanden wurde, dass sich ja nichts ändert. Weil Änderung nur in Richtung Verschlechterung gedeutet wurde.

Doch zurück zu den Osiris-Ramses Gestalten im Tempel selbst. Zunächst ist man wieder schwer beeindruckt von dem großen, bunt bemalten Raum, der im Vergleich zu den abgewitterten Hallen der bereits besuchten Tempeln, wesentlich lebendiger wirkt.

 

 

 

 

Auch hier jagen die ramisidischen Streitwagen nur so über die  Wände. Es werden Feinde besiegt verfolgt und ihre abgeschlagenen Köpfe vorgezeigt. Alles im Grund ein Kriegshymnus, der die „kosmische Ordnung“ wieder herstellt. Er hat vortreffliche Arbeiter hier eingesetzt der Bauherr Ramses. Schließlich war es auch SEIN Tempel, weitab von Theben, wo die alteingesessene Kaste der Priester vermutlich grossen Einfluss hatte. Hier in dieser Wüstenlandschaft war er selbst Herr und Gott; und die Priester, die hier dienten, waren zweifellos von seinen Gnaden eingesetzt. Die Gestaltung der Kriegsszenen besticht durch ihren hohen künstlerischen Rang. Dasselbe gilt auch für die Opferszenen im Vorraum der Cella. Die vier Göttergestalten wirken demgegenüber relativ plump und statisch. Auch scheinen sie zuviel gewaschen und gesalbt worden, weil ihre Gesichtszüge nicht mehr wahrnehmbar und auch sonst die Oberfläche der Figuren ziemlich mitgenommen wirkt.

 

Später sitze ich zu Füßen von der Osiristatuen und studiere ihre Gestalt und Farbgebung.

Obwohl sie auch schon etwas abgeblättert sind, strahlen die Figuren doch eine Präsenz und Faszination aus, die ich mir nicht erklären kann. Vielleicht beseelt sie doch in geheimnisvoller Weise ein göttlicher Geist?

 

Ich nehme langsam Abschied und schlüpfe durch das  Tempeltor hinaus auf das felsige Plateau, wo sich inzwischen viele Gruppen von Touristen eingefunden haben, damit man ja nicht vergisst, dass hier eines der wichtigsten Denkmäler des touristischen Interesses  vor uns haben. Oder besser schon hinter uns haben…

 

Noch voll von den Eindrücken des Tempels der Amun, Ptah und Re geweiht war, oder eher Ramses II, wandern wir hinüber zu dem Hathor- Tempel.

 

 

Hathor

war ursprünglich allein die Göttin der Liebe, der Fröhlichkeit, des Tanzes.

Später wurde sie mit anderen Gottheiten verschmolzen: Herrin der fernen Länder, Herrin des Türkislandes(Sinai) in Theben und Memphis: Schutzgöttin des Wüstengebirges der Toten

Die Amme der Könige, die Leuchtende, die Glänzende.

Ihr Hauptheiligtum ist ihr Tempel in Dendera. Alle späteren von den Griechen mit Aphrodite benannten Plätze waren ehemals Hathorkultstätten. Die sieben Hathoren entsprechen unseren Feen oder den Schicksalsgöttinen und können die Zukunft voraussagen.

Darstellung: Menschengestalt, manchmal mit lyraförmigen Kuhhörnern und Kuhohren.; in der Hand ein blühender Papyrusstengel. Auch als Kuh dargestellt oder kuhköpfig.

 

Den kleinen Hathor-Tempel

ließ Ramses II. zu Ehren seiner Gattin Nefertari und der Göttin Hathor in den Felsen hauen. Schrägstehende Strebepfeiler gliedern die 12m hohe, pylonähnliche Fassade, worin sechs Kolossalstandbilder  in Nischen so angeordnet sind, dass auf jeder Seite einmal die Königin zwischen zwei Standbildern des Königs steht: als gleichgroße Figuren und zwar der Sonne zugewendet. Ihnen zu Füßen kleinere Nebenfiguren, die Kinder des königlichen Ehepaares. Ein Kobrafries beschützt den Tempeleingang.

 

Der Tempelgrundriß ist streng symmetrisch und gliedert sich in einen Sechspfeilersaal, Querhalle mit Nebenkammern und Allerheiligstem. Im Säulensaal sind zur Tempelachse hin die Säulen mit Sistren und Hathorköpfen mit fallenden Locken geschmückt, an den anderen Seiten mit Texten und Reliefbildern zum Thema Königsfamilie und Götter.

Drei Türen führen in die Querhalle vor dem Allerheiligsten, das in einer Nische endet. Dort befindet sich das Relief der Hathorkuh, die den Kopf des Königs darunter beschützt. Alle Wandreliefs zeigen das Königspaar beim Opfern und im Umgang mit den Göttern Vor allem mit Hathor und Isis, aber auch mit Anuket, der Kataraktgöttin.

Auffallend ist die überschlanke feingliedrig gestaltete Figur der Königin, was auf hohe Porträtähnlichkeit hinweist. Selbst die Farbgebung ist hier anders als üblich – vorherrschend ein helles Goldgelb, vielleicht im Bezug auf Hathor mit dem Beinamen, Die Goldene.

 

Die obere Beschreibung des Tempels entspricht sehr genau den Einzelheiten, die man schauend und erforschend vor Augen hat. Zunächst die Fassade, wieder aus Distanz betrachtet, eindrucksvoll und überwältigend. Im Tempel selbst, der kleiner und überschaubarer ist, fesseln die Säulen mit Hathorköpfen sofort den Blick. Langsam gewöhne ich mich an die ungewöhnliche Gestaltung dieser Art Säulen, die am Anfang sehr  seltsam berühren, weil Säulen im antiken Raum nur schön gestaltete architektonische Elemente sind, während hier auch die Säulen in die religiöse Meditation einbezogen werden.

 

 

 

 

 

 Die Wände dieses Tempels entbehren der kriegerischen Szenen. Hier wird nur den verschiedenen Göttern geopfert. Viel Zeit ist nicht um in die schönen Szenen zu versinken, doch es ist angenehm hier zu sein und die vertrauten Bilder, die sich in Farben und nahezu unversehrt erhalten haben, betrachten zu können. Wunderschönen Frauengestalten, ihre Silhouetten, die jedem modernen Modell Ehre machen können grüßen von den Wänden und wieder ist es Hathor in der Gestalt einer Kuh, die mit besonderem künstlerischem Geschick herausgearbeitet wurde.

 

 

 

Doch auch alle übrigen Szenen verraten eine hohe Meisterschaft der Gestaltung, woraus sich unschwer ableiten lässt, dass Ramses II für seinen persönlichsten Tempel die größten Meister des Meißels und der Farbe ausgesucht hat.

 

 

 

 Ich verlasse den Tempel mit dem Bewusstsein, dass ich hier die Meisterwerke der ägyptischen Baukunst sehen durfte. Dann wende ich noch einmal den Blick zurück zu den Hügeln, die sich sanft nach hinten wölben und dann über die Terrasse hinunter zum Stausee, der sich blau und ruhig weit hinein in den Horizont erstreckt. Obwohl er das Ergebnis eines modernen Staudammes ist, passt er in die traditionelle Atmosphäre dieses Landes. Nunmehr kann fast das ganze Jahr bewässert werden und die Angst, dass der heilige Nil, einmal seine Wasser zurückhält, ist dadurch gebannt. Dass naturgemäß neue Probleme entstehen, wie dass hinter der Staumauer der fruchtbare Schlamm angesammelt wird, der im Unterlauf  fehlt, ist eine Tatsache, wozu sich die Ingeneure noch  Lösungen einfallen lassen müssen.

Andererseits träumt man von einem Effekt, der zusätzlichen Regen bringen könnte, auf Grund der Feuchtigkeit, die von dieser weiten Wasseroberfläche aufsteigt.

 

 

 

Der Staudamm selbst ist ein Wunderwerk der Technik, zweifellos.

Wir wandern am folgenden Tag auf der Krone des Dammes herum. Beeindruckend sicher, aber letztendlich doch ein äußerst massiver Eingriff in die Natur, dessen Folgen noch nicht wirklich abzusehen sind.

Die Stadt Assuan selbst ist eine Ansammlung von Häuser, nicht mehr. Hier besuchen wir eine Moschee, die koptische Kirche und einen Basar. Die Moschee liegt sehr schön auf einem Hügel mit Blick nach Osten. Nach dem Schuhritual betreten wir den Raum, der im bekannten Muster gestaltet ist.

 

 

 

Unser Führer versucht uns in einer halben Stunden die Grundzüge des Islams zu vermitteln, was naturgemäß nicht ganz leicht ist. Was mich an den Erklärungen fasziniert, ist der starke Glaube, der in seiner Erklärung mitschwingt. Er weiss, wovon er redet und mich fasziniert es, einen wirklich gläubigen Menschen vor mir zu haben. Später werden wir uns noch einmal intensiv über das Christentum unterhalten, dessen wesentliche Linien er zwar kennt, aber von mir im Detail erklärt haben will.

Das Innere der koptischen Kirche erinnert an die Gestalt der christlich orthodoxe Sakralräume. Auch hier trennt eine Ikonostase, eine Bilderwand, den

Altarraum von dem Raum der Gemeindemitglieder. Die Ausschmückung des Raumes ist aber sehr dürftig. Es gibt keine Wandmalereien, keine Bilder. Man spürt, dass es eine sehr arme christliche Gemeinde ist, die hier ihren Gottesdienst feiert.

Draußen gibt es Andenkenläden, die christliche Schmuckgegenstände anbieten. So wie überall feiert der Kitsch hier  „fröhliche Urstände“.

Später, während wir noch auf unserem Bus warten schreiten zwei „nubische Prinzessinnen“ vorbei, d. h. zwei junge Frauen, die in Haltung und Gebärde eine Würde an den Tag legen, wie ich noch selten gesehen habe. Zudem waren sie von auffallender Schönheit.  Unwillkürlich fühle ich mich durch sie an die Gestalten im kleinen Hathor Tempel erinnert und freue mich, dass es hier offensichtlich wirklich lebendige Modelle für die Göttinnen gibt.

 

 

 

 

Unsere Fahrt durch die ägyptische Vergangenheit ist damit zu Ende. Aber noch bleiben uns einige Stunden am Schiff, das uns stromabwärts nach Luxor bringen wird. Noch dürfen wir das Dahingleiten des Bootes auf dem stillen Strom nachdenkend genießen und die wechselnde Uferlandschaft bewundern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rilke dazu:

„Fänden auch wir ein reines, verhaltenes schmales/ Menschliches, einen unseren Streifen Fruchtlands/ zwischen Strom und Gestein.“

                              (aus Duineser Elegien, zweite Elegie Jänner /Februar 1912)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                   Balkendecke vom Horustempel von Edfu