Irene Kohlbergers SALVETE

Rom

Rom 20. Oktober bis 27. Oktober 2015

Eigentlich sollte es eine gemütliche Begegnung mit Rom werden; so Ende Oktober, außerhalb der eigentlichen katholischen Feiertage. Aber es fühlte sich ganz anders an. Schon am Tag unserer Ankunft erlebten wir einen unerwarteten Ansturm von Menschen auf der Piazza di Spagna, die sich offensichtlich alle auf der Treppe verabredet hatten, aber nicht dorthin konnten, weil die Stufen wegen Bauarbeiten gesperrt waren. Ähnlich ging es den Leuten beim Trevi Brunnen, auch sie wurden enttäuscht, weil ihre Münzen nicht im Brunnenwasser auf ihr Wiederkommen warten konnten. Zu offensichtlich lagen die Bauplanen im Brunnenbecken herum, das zur Zeit eine notwendige Renovierung erlebt.

Wir wohnten ganz in der Nähe der Piazza di Spagna und benützten normalerweise einen „Hintereingang“ zur Chiesa SS.Trinitá die Monti, eine sehr flache und nur spärlich benützte Treppe. Auch diese Kirche verbarg sich unter einem weißen Plastikumhang, der nur die Umrisse der Fassade erkennen ließ, sich also auch in Restauration befand. Eigentlich verständlich - irgendwann brauchen die alten Gebäude und hochfrequentierten Sehenswürdigkeiten eine Pause und Zeit zum Ausruhen… Bauarbeiter oder Werkzeuge waren rundum nicht zu bemerken. Allerdings konnte man die Kirche ohne Probleme besuchen und fasziniert den weißgekleideten Schwestern zusehen, die hier zur ewigen Anbetung vor der Monstranz knien und fast bewegungslos ins Innere Gebet versunken sind. Im Kircheninnern besticht die szenisch bemalte Kuppel das Auge; in den Seitennischen sind manchmal gute und auch schöne Einzelheiten zu finden. 

Von SS.Trinitá die Monti geht es über die Via Sistina den Hügel wieder hinunter zur Piazza Barberini. Wer Rom das erste Mal erlebt, wird mit Barberini bloß eine Metrostation verbinden. Doch die Rombesucher, die sich auf diese Stadt einlassen wollen, werden an die Bedeutung der Familie Barberini immer wieder erinnert. Und ich denke, dass wir uns heute keine Vorstellung machen können, welchen Rang und welche Macht sich mit diesem  Adelsgeschlecht verband. Allerdings entstammte Papst Urban VIII. Barberini, keinem alten römischen Adelshaus sondern einer einflussreichen Florentiner Kaufmannsfamilie.

Maffeo Barberini, der spätere Papst Urban VIII.,  studierte bei den  Jesuiten in  Rom,promovierte in Pisa zum Dr.jur. und schlug bald darauf eine Laufbahn in der römischen  Kurie ein. 1601 wurde er als außerordentlicher Gesandter nach Paris an den Hof von KönigHeinrich IV. beordert. Im Jahr 1604 wurde er Titularerzbischof von Nazareth  und als päpstlicher Nuntius nach Frankreich gesandt. Zwei Jahre später ernannte ihn Papst Paul V. zum  Kardinal der Titelkirche San Pietro in Montorio. Seit seiner Erhebung zum Kardinal pflegte er eine freundschaftliche Beziehung zu Galileo Galilei.

Am 6. August 1623 wurde er vom Konklave zum neuen Papst gewählt. Er pflegte alle Staatsgeschäfte mit  diplomatischem Geschick selbst zu führen, ohne den Rat der Kardinäle zu achten. Urban VIII. gilt als ein klassisches Beispiel für einen  nepotistischen Papst Papst. Kardinal Lorenz Magalotti, der während seines Pontifikates innerhalb der Kurie wichtige Ämter wahrnahm, war mit ihm verschwägert. Als Kardinalnepot diente Urban VIII. sein Neffe Francesco Barbarini . Auch dessen jüngeren Bruder Antonio Barbarini ernannte er ebenso wie seinen Bruder Antonio Barbarini den Älteren zum Kardinal.

Historiker weisen jedoch darauf hin, dass ein Papst der frühen Neuzeit darauf angewiesen war, sich mit engen Verwandten oder anderweitig ihm nahestehenden Personen zu umgeben, um seine Politik durchsetzen zu können. Auch Urban VIII. hat sich diesen Zwängen gebeugt und drei seiner ihm langjährig dienenden Begleiter in den Kardinalsstand erhoben.

Im Jahr 1625 schuf Urban VIII. eine erste kirchenrechtliche Regelung, die Bestimmungen zum Verfahren der Selig- und  Heiligsprechungsprozesse. Darüberhinaus gründete er 1627 das Collegium Urbanum und richtete die päpstliche Druckerei ein. Urban VIII. bestätigte in seinem Pontifikat mehrere geistliche Orden und setzte die auf den Beschlüssen des Konzils von Trient  beruhenden Regelungen für die Residenzpflicht der Bischöfe durch.

Urban VIII. setzte große Summen ein, um Rom baulich zu verschönern und nur wenige von den Millionen Besuchern, die voller Staunen vor den  Kollonaden rund um den Petersplatz wandern, werden den Bauherrn kennen, der Gian Lorenzo Bernini zu diesem großartigen Werk das Geld in die Hand gab. Dass auch der Vier-Ströme-Brunnen von G. L. Bernini - der zweifellos ein Meisterwerk seiner Art darstellt - unglaubliche Summen verschlang, wird kaum einen der Besucher interessieren, die in Massen vor diesem architektonischen Juwel herumlungern und Selfies ohne Ende produzieren. Allerdings wird dem aufmerksamen Betrachter vielleicht auffallen, dass an vielen Stellen Bienen auftreten, als Symbole für Arbeit, Sparsamkeit und Süße, die Wappentiere der Barberinis.

Dass Urban VIII. für Berninis  Altarbaldachin über dem Grab des Petrus vom Pantheon die noch vorhandene Bronzeverkleidung entfernen und einschmelzen ließ, ist eine von ihm selbst lancierte Legende, um aufkommende Kritik abzufangen; vielmehr wurde die Bronze für Kanonen verwendet. Auch viele andere antike Baudenkmäler litten unter seinen Baumaßnahmen. So gab er das Kolosseum in Rom als Steinbruch frei, so dass noch heute in Rom das lateinische Sprichwort umgeht: „Quod non fecerunt Barbari, fecerunt Barberini“ – „Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini“.Doch hatte Urban VIII. auch das Glück, dass nach 120 Jahren Bauzeit der Petersdom endlich fertig gestellt war und er ihn am 18. November 1626 einweihen konnte.

Die Piazza Barberini ist ein großangelegter Kreisverkehr mit überbreiten Zufahrtsstraßen, an deren Ausbuchtungen die Taxis in Dreierreihen parken. Die spärlichen Cafes sind auf die wenig breiten Gehsteige verbannt, wo ihre Straßentische immer mit Gästen überfüllt sind, von wegen Rauchverbot. Wenn man hier sitzt - und wir haben es am letzten Tag versuchsweise getan - umbrandet einen ein ohrenbetäubender Verkehr, der jede Unterhaltung unterbindet - oder die Gespräche so lautstark zu führen zwingt, dass der Nachbar alles mithören MUSS. Warum RömerInnen hier sitzen und sich das antun, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Doch eine Besonderheit zeichnet diesen Platz aus:

                 

der Berninibrunnen mit den vier Delphinen. Ein muskulöser Triton bläst durch eine Schnecke, der Wasser entspringt und über eine weite Muschel herabfließt und von den großen Mundöffnungen der Delphine wieder aufgesogen wird: ein bisschen Barocktheater im Kleinen aber doch originell und phantastisch in seiner Grundform. Von der Piazza gelangt man über die aufsteigende Via delle Quattro Fontane zum Palazzo Barberini.

Palazzo Barberini

Der Palast wurde in den Jahren 1627–1638 im Barockstil  erbaut. Auftraggeber waren die beiden Neffen von  Papst Urban VIII. , Taddeo Barberini, der Fürst von Palestrina, und sein Bruder, der  Kardinalnepot Francesco Barberini. Als Architekt war zuerst Carlo Maderno tätig, nach dessen Tod 1629 Gian Lorenzo Bernini  die Bauleitung übernahm. An den Arbeiten war auch Francesco Borromini beteiligt, der u.a. die spiralförmige Treppe im Südflügel entworfen hat.

                             

Der große Saal enthält ein Hauptwerk des Malers Pietro da Cartona das monumentale Deckenfresko mit der „Allegorie der göttlichen Vorsehung“. Er schuf es in den Jahren 1633–1639.  An der Dekoration der übrigen Räume waren auch Andrea Sacchi (Allegorie der Göttlichen Weisheit) und G.F: Romanelli  beteiligt.

Den Grundstock der Museumssammlung bilden Werke, die nach der Auflösung des Kirchenstaates im Jahre  1870 in den Besitz des italienischen Staates gelangten.

Der Palast ist umgeben von hohen Eisengittern mit Pfeilspitzen - doch das Tor ist weit geöffnet und empfängt den Besucher mit einer angenehmen Gartenpartie, wo Palmen und Hartlaubgewächse um einen kleinen Brunnen gruppiert sind. Auch eignet sich dieser Platz zu wunderschönen SELFIES, die scheinbar den Hauptanreiz der Besichtigung bilden können.

In der Eingangshalle begegnet uns ein sehr freundlicher älterer Herr, der uns in altmodischem Englisch erklärt, dass der klassizistische Bereich zur Zeit geschlossen sei. Danach erfahren wir, wo wir unsere Tour beginnen sollen und wir machen uns auf den Weg: zunächst begrüßt uns gotische Tafelmalerei aus Umbrien und den Marken. Wir blicken in stille ausdrucksstarke Augen und spüren die Kraft des Glaubens, der die Malerei dieser Zeit so wirkungsvoll macht. Auch mehrere Christuskreuze nach dem bekannten Vorbild von Asissi hängen hier. Sie hängen hier und sollten doch besser in ihren ursprünglichen Gotteshäusern zum Beten einladen. Doch wen interessiert das noch…

Darüberhinaus begeistern mich die bemalten Decken des Palazzos - die in Stuckrahmen gefasst mit wunderbarer Leichtigkeit hingepinselt sind. Ich möchte gern fotografieren, aber darf nicht - so kann ich nur davon erzählen. Im letzten Saal des Erdgeschosses gibt es ein echtes Barockjuwel. Feine Fresken mit Vögel an der Decke und Blumen an den Wänden - das Ganze in einem ovalen Raum, der durch zwei Säulen gestützt wird und in der Mitte einen Brunnen besitzt.

                         

Ein wunderbares Ambiente zum Ruhen und Entspannen in der sommerlichen Hitze.

Im ersten Stock hängen viele Bilder und es macht einige Mühe den Blick auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren.

     Raphael Santi: Verklärung Christi Raphael Santi: La Fornarina
    
 M.M. Caravaggio: Narziss
M.M. Caravaggio: Judith und Holofernes

Tintoretto: Christus und die Ehebrecherin

Doch die Deckenmalerei des großen Saales bannt den Blick des Betrachters ohne ihn loszulassen. Hier ist die Weltanschauung der Barocke in ein Bild gefasst, das seinesgleichen sucht:  Pietro da Cartona stellt die Divina Provvidenza ins Zentrum der Deckenbemalung, das von Symbolen des segensreichen Pontifikats Urbans VIII umgeben ist. Die Apotheose der Familie Barbarini in überschäumender Farbenpracht - ein italienisches Meisterwerk - das man stundenlang betrachten könnte und doch nicht fertig würden, so detail-und farbenreich ist es geworden.

Eine Huldigung an den Papst, dem hier sein Neffe ein Denkmal gesetzt hat, das uns Nachgeborenen nur schwer begreiflich ist, aber mit großer Bewunderung gegenüber den Künstler erfüllt. Was hier gesellschaftlich gelaufen ist? Das können wir nicht mehr nachfühlen. Auch steht uns meiner Meinung nach kein rechtes Urteil zu. Unsere Kardinäle dürften so nicht mehr bauen; auch wenn außer Zweifel steht, dass es unsere Künstler schon aus handwerklichen Unvermögen nicht zustande brächten.

Die Sammlung beherbergt heute über 1500 Werke aus der Zeit vom 12. Jahrhundert bis zum Neoklassizismus.

Palazzo Quirinale

Vom Palazzo Barberini zum Quirinale ist es nicht weit. Dieser Palast hat eine besondere Geschichte, die weit zurückreicht und bis heute ihre Bedeutung hat. Daher ist es auch nicht ganz leicht in das Gebäude hineinzukommen. Anmeldung mit Ausweis ist Vorbedingung. Und drinnen gibt es das unvermeidliche elektronische Tor, das Taschen und Besucher nach Waffen oder anderen spitzen Gegenständen durchsucht. Allerdings wüsste ich nicht, was man in diesem kalten, besser eiskalten und riesigen Palast stehlen oder verletzen könnte…. 

Das an der  Piazza del Quirinale gelegene Gebäude wurde erstmals von Papst Gregor XIII.  als Sommerresidenz bezogen. Ferner diente es zeitweise als Tagungsort für päpstliche Konklaven und auch als Verwaltungsgebäude des ehemaligen Kirchenstaates. Im Jahr 1871 wurde Rom zur Hauptstadt des Königreiches Italien erklärt und der Palast beschlagnahmt. Eine Entschädigung erfolgte erst im Rahmen der 1929 geschlossenen Lateranverträge. Das Gebäude blieb bis 1946 Sitz der Könige von Italien. Nach Abschaffung der Monarchie  übernahm es die Republik als Dienstsitz des Staatspräsidenten.

Das Hauptgebäude umschließt einen großen rechteckigen Innenhof, auf dem Staatsgäste abseits der Öffentlichkeit mit militärischen Ehren empfangen werden können. Ganz im Nordwesten befindet sich der älteste Gebäudeteil mit einem markanten Turm. Es handelt sich um die ursprüngliche päpstliche Villa, die mit einer damals viel bewunderten elliptischen  Wendeltreppe im letzten Viertel des 16.Jh auf dem ehemaligen Anwesen des Kardinals Oliviero Carafa, errichtet wurde. Im Piano Nobile empfängt der Staatspräsident in der Sala del Bronzino ausländische Staats- und Regierungschefs und deren Delegationen; seine Amtsräume liegen ganz im Westen dieses alten Gebäudeteils.

 Sixtus V.  beauftragte 1587  Domenco Fontana  mit dem Ausbau der Villa zu einer Sommerresidenz, in der auch Platz für den Hofstaat sein sollte. Unter Fontana entstand im Süden der lange Gebäudeflügel  mit dem Haupteingang und der dem Altbau gegenüberliegende kurze Flügel. Der Innenhof blieb zu den Gärten hin offen, bis Paul V. Anfang des 17. Jahrhunderts  den zweiten langen Flügel errichten ließ und das Hauptgebäude seine rechteckige Form mit dem Innenhof annahm. In diesem östlichen Bereich schuf Ponzio die sogenannte Ehrentreppe und den Konsistoriumssaal , sein Nachfolger  Carlo Maderno die Sala Regia und die Cappella Paolina. Letztere entspricht von den Ausmaßen her der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Traditionell werden in der Cappella Paolina zu Weihnachten und Ostern in Anwesenheit des Staatspräsidenten Messen gefeiert, ansonsten dient sie auch als Konzertsaal.

         Quirinalpalast Außenansicht    
Innenräume des Quirinalpalastes  

Den Quirinalspalast darf man nur mit Führer durchwandern. Doch damit nicht genug, neben der sprechenden Führerin gibt es noch eine zweite Person, die am Schluss der Gruppe geht und die Säumigen antreibt weiterzugehen und einen männlichen Begleiter, der sich auf eigene Kosten mit einem der Gruppenmitglieder mittels erbarmungswürdigem Englisch halblaut unterhält. Die Führerin spricht rasend schnelles Italienisch und wird kaum von den Einheimischen verstanden. Doch sie hat offensichtlich den Auftrag, die Besucher möglichst rasch von einem Ende des Palastes zum anderen zu führen und das gelingt ihr. Dass von dieser Führung nur ein verschwommener Eindruck bleiben kann, liegt auf der Hand - aber was will man für € 1.50 schon einklagen?

Dennoch verdankten wir diesem Besuch einen Blick in die berühmte Cappella Paolina, wo zu Zeiten auch ein Konklave stattfand. Die Dekoration kann sich nicht mit der Sixtina vergleichen, doch ist es ein sehr harmonisch gestalteter Raum, dessen Kassettendecke beeindruckend reich gestaltet ist.

                   

Nach dieser anstrengenden Partie setzen wir uns einfach in einen Autobus und lassen uns führen, ohne zu wissen wohin. Und wir landen schließlich auf einem netten kleinen Platz, wo wir uns einen Capuccino gönnen. Beim genaueren Rundblick bemerken wir im Osten des Platzes  eine mächtige Rundapsis, die zweifellos zu einer berühmten Kirche gehören muss. Und sehr bald erkennen wir in den Umrissen Santa Maria Maggiore, eine der Stationskirchen von Rom.

Santa Maria Maggiore

  

Ein riesiger Raum empfängt uns und eine übersehbare Menschenmenge dazu, die sich hier wie in einem Museum, nein, wie in einem großen Bierzelt bewegt. Im Museum bleibt man stehen und betrachtet die Bilder oder Statuen, hier aber betrachtet niemand, alle laufen nur herum. Es fehlen nur noch die Pizzastücke in den Händen der Leute. Die Trinkflaschen ziehen sie ohnehin an jeder Ecke und Kirche hervor. Ich halte mich zunächst an die schönen Säulen mit den jonischen Kapitellen und taste mich zum Papstaltar vor, dessen Ziborium von Ferdinando Fuga dem Ziborium vom Petersdom nachempfunden wurde.

Das Einzigartige an der Basilika von Santa Maria Maggiore sind die prachtvollen Mosaiken aus dem 5. Jahrhundert. Die Mosaiken erstrecken sich über das Hauptschiff bis hin zum Triumphbogen. Die Mosaiken, die sich im Hauptschiff befinden, stellen vier Zyklen der Heilsgeschichte dar. Die Hauptdarsteller sind Abraham, Jakob, Moses und Josua. In ihrer Gesamtheit bezeugen sie Gottes Eingreifen, um das jüdische Volk in das Gelobte Land zu führen. Die Erzählung folgt nicht der ursprünglichen Chronologie, sondern fängt auf der linken Wand in der Nähe des Triumphbogens mit dem Opfer von Melchisedek an. In dieser Szene ist der Einfluss der römischen Ikonographie sehr deutlich. Melchisedek, König und Priester zugleich, wird als der Opfernde ( Papst…) dargestellt. Abraham ist als Senator gekleidet. Die anderen Szenen stellen weitere Episoden aus dem Leben Abrahams dar. Die Szene mit Melchisedek dient als Verbindung zwischen dem Hauptschiff und dem Triumphbogen, in dem die Kindheit von Christus, als König und Priester dargestellt wird. Dann beginnt die Erzählung wieder mit Abraham, der wichtigsten Person im Alten Testament. Gott verspricht ihm Nachkommen, so zahlreich wie der Sand am Meer. Dann ist Jakob an der Reihe, dem Gott sein Versprechen wiederholt. Moses wird das "auserwählte" Volk aus der Sklaverei befreien. Josua wird dieses Volk in das gelobte Land führen. Der Weg schließt mit zwei weiteren Szenen: In der einen Szene sieht man David, der die Bundeslade nach Jerusalem bringt, und in der zweiten Szene sieht man den Tempel in Jerusalem von Salomon schon erbaut. Aus Davids altem Geschlecht stammte Christus, dessen Kindheit im Triumphbogen dargestellt wird. Die Episoden selbst sind den apokryphen Evangelien entnommen.

                      Detail aus dem linken Triumphbogen

         

                  Detail aus dem rechten Triumphbogen

             

                                            Papstaltar

                                             Marientod

 Die Basilika Santa Maria Maggiore stammt aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Der Legende nach ist die Madonna in der Nacht auf den 5. August dem römischen Kaufmann Johannes und seiner Frau erschienen und habe versprochen, dass ihr Wunsch nach einem Sohn in Erfüllung gehe, wenn ihr zu Ehren eine Kirche an der Stelle errichtet werde, wo am nächsten Morgen Schnee liege. Das Ehepaar begab sich daraufhin zum Bischof  Liberius, welcher denselben Traum gehabt hatte. Am Morgen des 5. August sei die höchste Erhebung des Esquilinhügels weiß gefärbt von Schnee gewesen. Deshalb trägt diese Kirche bis heute auch dasPatrozinium Santa Maria ad Nives (dt: Maria Schnee ) und feiert am 5. August ihren Weihetag. Die Basilika ist die größte der über 40 Marienkirchen Roms, sie wird deshalb Maria Maggiore genannt.

Der Bau wurde von 432–440 errichtet und ist bis heute im Wesentlichen erhalten. Es handelt sich um eine flachgedeckte, dreischiffige Säulenbasilika, die mit zahlreichen Anbauten versehen ist. Das Querschiff wurde im 13. Jahrhundert errichtet, wie auch die heutige Apsis der Kirche.
Heute wird die Basilika Liberiana  vonbarocken
Bauten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert umgeben. Im Jahr 1377 wurde der 75 m hohe romanische Campanile (Glockenturm)  fertig gestellt, der an die Rückkehr des Papstes aus Avignon nach Rom erinnert. Die antike Basilika ist von außen nicht frei sichtbar, da ihr eine spätbarocke Fassade vorgelagert ist. Im Jahr 1571 wurde zur Erinnerung an den Seesieg bei Lepanto über die Türken, die Kassettenholzdecke (wie auch der Innenraum der Kirche Il Gesú) mit dem ersten Gold aus Amerika ausgestattet.
In der Krypta sind mehrere Mitglieder der Familie Boghese beigesetzt. Gian Lorenzo Bernini liegt rechts hinter dem Papstaltar begraben.
In der Confessio unterhalb des Papstaltars befinden sich Reste einer Krippe, die Teile der Krippe von Bethlehem sein sollen. Davor kniet die Statue des Papstes Pius IX.

               

Diesen sachlichen Informationen möchte ich hinzufügen, dass es mir unmöglich schien, den Spuren der Gräber nachzugehen. Daher begnügte ich mich einem  Blick auf ein Stück Holz, das unter dem Papstaltar, eingehüllt in ein Silberschränkchen, alles sein konnte, was man sich vorstellen will. Die riesige Statue des davor knienden Papstes Pius IX. habe ich unbewusst übersehen ---

Sant' Alfonso

Unweit von Maria Maggiore befindet sich in einer unscheinbaren Kirche aus dem 19. Jh. das Gnadenbild Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe, eine weltberühmte Mariendarstellung.

              

Das hier im Altar eingefügte Original aus dem 14. Jahrhundert, stammt vermutlich von der InselKreta (Kretische Schule). Die Ikone misst 41,5 x 53 cm und ist auf Nussbaumholz gemalt. Nach wechselnden Standorten wurde es 1867 von Papst Pius IX. dem Redemtoristenorden für seine römische Kirche  Sant' Alfonso anvertraut.

Hier ist es ruhig und wir können in den Anblick des vertrauten Bildes versinken. Vom zarten Antlitz Mariens wandert unser Blick auf ihren Arm, der auf Christus weist, und der uns einlädt nach oben, zum Vater zu schauen. Ihre ineinander verschlungenen Hände drücken die Einheit zwischen Maria und ihrem Sohn aus, und beide wenden sich uns zu, jedem Einzelnen, der sich ihnen betend anvertraut.

Als Zeichen für unsere Erlösung tragen die beiden Engel Kreuz und Leidenswerkzeuge in ihren Händen. Der goldene Hintergrund symbolisiert den Himmel; die Farben rot und grün, die Göttlichkeit von Jesus; blau und Ocker die Menschlichkeit Jesu. Die Sterne auf dem Schleier der Jungfrau symbolisieren Maria als Meeresstern, der Licht in die Welt bringt. Die gelöste Sandale: Zeichen, dass Gott sich auf die menschliche Geschichte eingelassen hat und auf den Straßen der Welt gewandert ist. Die griechischen Schriftzeichen verweisen auf Jesus Christus, die Gottesmutter, auf Michael und Gabriel.

Wie es oft auf den griechischen Ikonen geschieht, so wird auch auf diesem Bild die Kernbotschaft des Christentums durch ein Bild enthüllt. Und es ist schön, einmal die Originalikone betend zu betrachten, die in Wien in mehreren unserer Kirchen in eindrucksvollen Kopien zu sehen ist.

Die Basilika von Santa Prassede

Die erste Kirche an dieser Stelle wurde wohl im Auftrag von Papst Siricius (384 bis 399) erbaut. Möglicherweise gab es an dieser Stelle aber auch schon eine viel ältere Kirche, die von der Namensgeberin gestiftet wurde. Die erste gesicherte Erwähnung ist aus dem Jahre 489. Wohl schon unter Papst Hadrian I.gab es erhebliche Erweiterungen . Anfang des 9.Jhs. ließ Papst Paschalis I. die Kirche von Grund auf neu errichten. Das Besondere daran ist, dass sich der Bau und die Aussattung stark auf frühchristtliches Gedankengut beziehen, was dem Zeitgeist der Epoche entspricht (Karolingische Renaissance)

Im 18. Jahrhundert wurden  Krypta  und Sakntuarium erneuert. Dennoch ist die Basilika im Großen und Ganzen unverändert geblieben.  

Eine  Legende erzählt, dass  Prassede und Pudentiana als Schwestern und Töchter des römischen Senators Pudens, Petrus in Rom in seinem Haus aufgenommen haben und der dann von den Töchtern bewirtet wurde. Prassedis setzte sich demnach für verfolgte Christen ein; in ihrer Zisterne bewahrte sie die Leichname von Märtyrern auf. Diese Lebensgeschichte wurde im 5. oder 6. Jahrhundert verfasst. Um 640 wird das Grab von Prassedis und das von Pudentana in den Katakomben der Priscilla verehrt

Ihre Berühmtheit verdankt Santa Prassede in erster Linie ihren meisterhaften Mosaike, die noch heute unverändert zu sehen sind. Auf dem zentralen Mosaik der Apsis kann man Christus sehen, der von sechs Heiligen flankiert wird: Paschalis I. (mit dem quadratischen Nimbus des noch lebenden Getauften), Praxedis, Paulus auf der linken Seite, Petrus, Pudentiana und ein weiterer nicht bekannter Heiliger (möglicherweise Zenon) auf der rechten Seite. Über Christus schwebt die Hand Gottes. Auf der Stirnwand sind die vier apokalyptischen Wesen und die 24 Ältesten zu sehen. Der Triumphbogen zeigt das himmlische Jerusalem.

                                                                                  Geißelsäule

                   Mosaike aus der Zenonkapelle

       

 

Warum Santa Prassede im Wesentlichen erhalten blieb und kein Papst oder Kardinal diesen schlichten Ziegelbau grundlegend zu verändern suchte, wissen wir nicht. Die Anbauten und zusätzlichen frommen Gemälde in Ehren, doch der Blick in die Apsis hat doch ein besonderes Gewicht. Hier hat ein Meister Hand angelegt, von der Bildkomposition bis hin zu den makellos gelegten Mosaiksteinen. Die Mosaike hier und auch später in San Clemente sprechen in ihrer Schlichtheit und Einfachheit für mich eine Sprache, wie die Evangelien selbst. Auch die Evangelien bieten verdichtete sprachliche Bilder und Erzählungen an, die unmittelbar auf den Leser und Zuhörer wirken, ähnlich wie hier die Mosaikbilder in der Apsis und am Triumphbogen.

Die Zenonkapelle ist durch ihre Kleinheit noch faszinierender und eindrucksvoller. Fensteröffnungen werden zum Christussymbol, wo sich an den Seiten Maria und Johannes betend dem „Licht der Welt“ zuwenden. Unter einer Christusbüste, zwischen zwei Heiligen, wölbt sich eine kleine Apsis in die Wand, wo Maria mit Kind, von der Hl. Prudentia und der Hl. Prassede betend flankiert wird. 

Ein weiteres Fenster wird von Johannes, Andreas und Jakobus als Christus und Lichtsymbol verehrt. Den Baldachin zur Ehre des Pantokrators tragen vier weißgekleidete Engelsgestalten.

Ein kleiner Nebenraum beherbergt die „Geißelsäule“ an die Christus angebunden wurde. Die Säule wurde 1223 vom Kardinal Giovanni Colonna während des Fünften Kreuzzuges von Syrien nach Rom gebracht und in Santa Prassede aufgestellt. Dadurch wurde die Kirche in ihrer Bedeutung sehr erhöht, weil hier am Vierten Fastensonntag das Fest der Heiligen Säule gefeiert wurde. 


San Giovanni in Laterano

Anfang des 4. Jahrhunderts war im „Lateran“, an der Aurelianischen Stadtmauer, das Quartier der Elitetruppen, der Equites singulares des Kaisers Maxentius. Nachdem Konstantin Maxentius 312 besiegt hatte, befahl er, die Kasernen der Reiter im Zuge einer damnatio memoria schleifen zu lassen und ließ an dieser Stelle eine Monumentalbasilika für die christliche Gemeinde und ein dazugehöriges Baptisterium bauen.  

Von welchem Zeitpunkt an, der Lateran die Residenz der römischen Bischöfe war, ist in der Forschung bis heute umstritten. Von den drei konstantinischen Großkirchen lag die Lateranbasilika innerhalb der Stadtmauern und diente somit als Kathedrale. Die Petersbasilika und Sankt Paul vor den Mauern befanden sich über den Gräbern der Apostel außerhalb der Stadt. Darum ist die Kirche noch immer die Bischofskirche des Papstes und trägt als solche den Ehrentitel Omnium urbis et orbis ecclesiarum mater et caput („Mutter und Haupt aller Kirchen der Stadt Rom und des Erdkreises“).Die Lateranbasilika war ursprünglich Christus, dem Erlöser (lat.Salvator), geweiht und später zusätzlich dem Patronat des heiligen Johannes des Täufers (San Giovanni) unterstellt.  Im 5. Jahrhundert wurden die Gebäude auf dem Lateran wiederholt von Germanen geplündert,896 durch ein Erdbeben schwer beschädigt, jedoch immer wieder instand gesetzt. Solange die Päpste sich hauptsächlich als römische Bischöfe und Herren der Stadt darstellen wollten, diente ihnen der auf kaiserlichem Grund erbaute lateranische Komplex als Kulisse bei ihrer Weihe und Krönung. Mit der Universalisierung des Papsttums trat aber immer mehr der Vatikan in den Vordergrund, auch wenn der Konkurrenzkampf zwischen beiden sicherlich erst mit dem jUbeljahr 1300 1300 definitiv zugunsten des Vatikans entschieden wurde.  

 1377, bei der Rückkehr der Päpste aus dem Exil inAvignon, wurde bereits der Palast am Vatikan zum Aufenthaltsort des Papstes, um über die Nähe zum Petrusgrab ihren universellen Führungsanspruch wieder deutlicher hervorzuheben.  Ende des 16.Jh. wurde der heutige, an die Kirche angebaute Lateranpalast, als päpstliche Sommerresidenz wiedererrichtet.

Die baufällig gewordene antike Kirche wurde ab 1646 von Francesco Borromini für das Heilige Jahr 1650 stabilisiert und barockisiert. Dabei hat er unter anderem den Innenraum umgestaltet, indem er die ursprünglich 14 Arkaden des Mittelschiffs auf 5 pro Seite reduzierte. In die vermauerten Nischen ließ er riesige Statuen der zwölf Apostel stellen. Diese wurden unter anderen von Schülern Gian Lorenzo Bernini angefertigt

Erst 1736 wurde die Hauptfassade, mit ihren bis zu sieben Meter hohen Kolossalfiguren errichtet. In der Mitte ist Jesus zu sehen, links steht Johannes der Täufer, rechts ist eine Statue des Evangelisten Johannes, daneben sind Figuren der wichtigsten Kirchenlehrer angebracht. Noch bis zum 19. Jh. wurden die Päpste im Lateran gekrönt.1929 sicherten die Lateranverträge der Vatikanstadt die Staatlichkeit, und u. a. dem Lateran und Castel Gandolfo den Status einer exterritorialen Besitzung des Heiligen Stuhles.

Apostel Philippus Apostel Bartholomäus
    

Von allen römischen Kirchen ist mir die Lateransbasilika die liebste. Wahrscheinlich liegt es an den großen Apostelgestalten, die das Langhaus links und rechts flankieren. Wie groß auch die Menschenmenge ist, die sich hier einfindet, im Vergleich zu den Apostelgiganten nehmen sie sich nicht besonders wichtig aus. Sicherlich fehlt den Gestalten der einzelnen Apostel die feinfühlige Tiefe, womit Bernini die beiden heiligen Frauen, Teresa und Ludmilla, gestaltet hat - doch kommen sie aus seiner Werkstatt und ihre Grundbewegung ist sicher von ihm selbst entworfen.

 

           

Die Mosaiken der Apsis tragen schwer an der Restaurierung und Umgestaltung aus den Jahren 1288 bis 1292. Sie wurden wie jene in Santa Maria Maggiore von Papst  Nikolaus IV. in Auftrag gegeben. Da bei dieser Nachbesserung die Figuren der Heiligen Franz von Asissi und Antonius von Padua in das ursprüngliche Mosaik eingefügt wurden, erscheint das Gleichgewicht der ursprünglichen Gruppe empfindlich gestört. Doch zweifellos war es vom Auftraggeber, Papst Nikolaus V. gut gemeint, weil er selber dem Franziskanerorden angehörte und offensichtlich seine verehrten Heiligen in die Nähe des Herrn versetzen wollte.

Ebenfalls in der Apsis ist die päpstliche Kathedra eingefügt, worauf die Bezeichnung Kathedrale zurückgeht. Diese ist mit cosmatischem Mosaik verziert, sehr schön und großzügig angelegt.

Über dem Hauptaltar erhebt sich ein  Ziborium von 1367 mit den mutmaßlichen Häuptern von Petrus und Paulus, die allerdings ein wenig an Gefangene hinter Gittern erinnern. Doch trotz allem weht in der Lateransbasilika ein freier Atem - ein Atem, der Jahrhunderte überdauerte und auch heute noch zu spüren ist.

Der Kreuzgang der Lateransbasilika stammt aus dem 13. Jh. und zeigt eine sehr feine und kunstvolle Steinmetzarbeit. Hier gibt es kaum Touristen, auch fehlen sie in dem feinen kleinen Museum.

Besonders empfehlenswert ein Blick auf die alte Kasel, die mich unmittelbar an den Krönungsmantel des Staufischen Heinrich II. erinnerte und sicher aus der selben Zeit stammt. Schon beeindruckend, wenn ein Stück bestickter Stoff so viele Jahrhunderte überdauert.

Santa Maria Sopra Minerva

Die Kirche im Rang einer Basilika Minor war ursprünglich im antiken Formenkanon gehalten und gilt als der erste überwölbte Bau nach der Maxentiusbasilika. Umbauten im Barock und im 19. Jahrhundert verliehen der Kirche ihr heutiges Aussehen. Die Kirche untersteht dem Dominikanerorden und war in der Vergangenheit Schauplatz wichtiger Inquisitionsprozesse, so etwa auch der Prozesse gegen Galileo Galilei.

             

Hermes von Olympia

       Michelangelo: Der Auferstandene

Für mich birgt diese Kirche drei wichtige Begegnungen, zunächst das Wiedersehen mit Michelangelos „Auferstandener mit Kreuz“.

Zweifellos ließe sich über diese Christusgestalt diskutieren. Meiner Ansicht nach vermittelt sie nicht nur ein detailgetreues Abbild der männlichen Anatomie, sondern darüber hinaus ein geistiges Durchdringen des Körperlichen, das ich in den antiken Gestalten vergeblich suchte.

Der antike Hermes von Olympia erscheint mir als steingewordenes Ideal  männlichen Schönheit, als eine Gestalt, die vom Körperlichen her betrachtet einfach wahr ist. Über diese feine Modellierung der männlichen Idealgestalt gibt es nichts - sie ist gültig für immer. Und dennoch fehlt ihr der Geist, der diese Christusgestalt durchdringt und wodurch der Mensch erst ein Ganzes wird --- aber so empfinde ich und jemand Anderer wird es vielleicht anders sehen.

Die zweite Begegnung schenkt mir das Andenken an die große Hl. Katharina von Siena, die hier begraben ist. Die Statue der Heiligen im Glassarg ist ein wenig lieblos geraten - doch man kann nicht erwarten, dass Bernini ständig zur Verfügung steht. Dennoch freue ich mich hier zu sein und zu beten am Sarg einer unserer größten christlichen Frauengestalten.

Die dritte Begegnung verdanke ich dem Grab von Fra Angelico. Der Meister der feinen Farbe, der Frauenmaler, der Neuerfinder der christlichen Ikone. Auch er hat hier in Rom seine letzte Ruhestätte gefunden: unter einer schlichten Marmorplatte, nahezu unbeachtet von den Vielen, die in Florenz das Dominikanerkloster stürmen, wo seine Fresken bis heute den einfache und zurückhaltenden Geist unserer Kirche beschwören, der in Rom nur sehr selten und nur beim genauen Hinschauen zu finden ist.

Santa Maria della Vittoria


Die Kirche wurde vom Baumeister Carlo Maderno in den Jahren 1608–1620 für den Orden der Unbeschuhten Karmeliten errichtet.  

Am 8. November 1620 siegte die Katholische Liga  in der Schlacht am Weißen Berg über die Protestanten. Der Legende nach trug der Karmeliterbruder Dominicus a Jesu Maria ein Bild der Heiligen Familie aus der Schlosskapelle in Stenovitz in die Schlacht, dem von Protestanten bei allen Figuren, außer dem Jesuskind, die Augen ausgestochen waren. Dies erzürnte die katholischen Soldaten so sehr, dass sie mit dem Schlachtruf Santa Maria den Hügel des böhmischen Heeres erstürmten und dieses überrumpelten. Am 8. Mai 1622 wurde das Bildnis, das die Initialzündung zum Sieg am Weißen Berg setzte, in die neue Kirche in Rom getragen und am Hauptaltar angebracht, die darauf Santa Maria della Vittoria (Heilige Maria vom Siege) genannt wurde.  Die inneren Verzierungen der Kirche folgen dem typischen Barockstil, also Stuck,Fries und farbiger Marmor. Die berühmtesten Werke befinden sich jedoch in den zwei letzten Kapellen vor dem Chor.

                                                             Hochaltar mit Marienbild

 

    

Traum des Hl. Joseph

In der Cappella San Giuseppe stellt eine Skulpturengruppe von Domenico Guidi den Traum des heiligen Josef dar. Das Kunstwerk stellt das thematische Gegenstück zur Verzückung der heiligen Teresa dar, die für die Cornaro-Kapelle von Bernini geschaffen wurde.  Durch die geschickte Inszenierung scheint die Gruppe  im unendlichen Raum zu schweben, ein Fuß der Heiligen ragt ins Leere, ihre linke Hand fasst nichts, durch den dramatischen Faltenwurf ihres Gewands wird die Körperlichkeit ihres Leibes fast völlig aufgelöst. Die geschickte Einbeziehung eines rückwärtigen hochliegenden Fensters erhellt das Geschehen auf geradezu übernatürliche Weise, die dramatischen goldenen Strahlenbündel im Hintergrund übergießen die Heilige, als könne sie sich jeden Augenblick in nichts als Licht auflösen.

Teresa von Jesus, Gründerin der Unbeschuhten KarmelitenInnen

Es gefiel dem Herrn, dass ich dabei einige Male folgende Vision sah: Ich sah einen Engel neben mir, an meiner linken Seite, und zwar in leiblicher Gestalt.. Er war nicht groß, eher klein, sehr schön, mit einem so leuchtenden Antlitz, dass er allem Anschein nach zu den erhabenen Engeln gehörte (…)Ich sah in seinen Händen einen langen goldenen Pfeil, und an der Spitze dieses Eisens schien ein wenig Feuer zu züngeln. Mir war, als stieße er es mir einige Male ins Herz, und als würde es mir bis in die Eingeweide vordringen. Als er es herauszog, war mir, als würde er sie mit herausreißen und mich ganz und gar brennend vor starker Gottesliebe zurücklassen. Der Schmerz war so stark, dass er mich Klagen ausstoßen ließ, aber zugleich ist die Zärtlichkeit, die dieser ungemein große Schmerz bei mir auslöst, so überwältigend, dass noch nicht einmal der Wunsch hinzukommt, er möge vergehen, noch dass sich die Seele mit weniger als Gott begnügt. Es ist dies kein körperlicher, sondern ein geistiger Schmerz, auch wenn der Leib durchaus seinen Anteil daran hat, und sogar ziemlich viel. Es ist so eine zärtliche Liebkosung, die sich hier zwischen der Seele und Gott ereignet, dass ich ihn in seiner Güte bitte, es den verkosten zu lassen, der denkt, ich würde lügen.“ (Teresa von Jesus, Vida, Kap 29)

Die Verzückung der Hl. Teresa ist eine Statue von seltenem Rang. Und es ärgert mich immer wieder, wenn grobe Augen und noch gröbere Geister dem Gesicht der Heiligen alle möglichen Interpretationen unterschieben. Vielleicht hätte sich Teresa gegen die öffentliche Aufstellung ihrer Statue gewehrt, weil es zu intim, zu vertraulich war, wie sie Bernini dargestellt hat. So entsteht trotz der großen Kleiderwolke die sie umgibt, doch der Eindruck eines völlig entspannten Körpers, einer Entspannung die sie verletzlich und wehrlos macht. Dazu kommt die Gestalt des lächelnden Engels, der sehr wohl zu wissen scheint, was er Teresa im Augenblick zumutet.    

Woher Bernini die Einfühlung nahm, die ihn zu diesem Bildnis inspirierte? Sicherlich auch von dort her, woher sie Teresa empfing - von dorther, das allen Großen und scheinbar Klugen verborgen bleiben muss, aber Gott denen offenbart, die ihn lieben.

Bemerkung am Rand: die Meisten kommen, sehen und fotografieren - nehmen sich keine Zeit zum Betrachten und gehen wieder. Später besuche ich noch die Sakristei der Kirche, wo ein uralter Karmelit Bildchen, Rosenkränze, Medaillen und Bücher verkauft. Und ich freue mich die Bücher von Teresa und Johannes vom Kreuz und auch von Edith Stein  in italienischer Sprache hier wiederzufinden.

In der Sakristei hängt auch ein Gemälde der Schlacht am Weißen Berg von 1620, und weitere „Ölschinken“, die an Schlachten christlicher Armeen gegen die Osmanen erinnern. Ein seltsamer Eindruck gewiss, wenn man die Vorgeschichte des Marienbildes nicht kennt. 

Santa Maria del Popolo

Über die Vorgeschichte des Ortes, an dem heute die Kirche Santa Maria del Popolo steht, wird folgendes berichtet: Der Hochaltar steht an der Stelle, an der sich vor dem Bau der Kirche ein Nussbaum befand. In diesem hausten die bösen Geister, die das Grab des Kaisers Nero, das sich unter diesem Baum befand, bewachten und diejenigen belästigten, die die antike Porta Flaminia passieren wollten. Papst Paschalis II.(1099–1118) hörte davon und ließ in diesem Anliegen fasten und beten. Am dritten Tag hatte er eine Marienerscheinung, die ihn aufforderte den Nussbaum zu fällen und dort eine Kirche zu erbauen. Dadurch wurde der Ort von den Dämonen befreit.  

Nach einer Pestepidemie in Rom im Jahre 1231 ersetzte Papst Gregor IX. die Kapelle durch eine größere Kirche „für das Volk“ und übergab sie dem Franziskanerorden.

   

 

 Die dreischiffige Gewölbekirche mit einer achteckigen Vierungskuppel und einer einfachen Fassade mit Pilasterschmuck zählt zu den wichtigsten Kirchenbauten der Frührenaissance in Rom und birgt eine Vielzahl bedeutender Kunstwerke der Architektur, Skulptur und Malerei. Zu den Päpsten, die diese Kirche besonders förderten, zählten Sixtus IV., Innozenz VIII., Alexander VI. und Alexander VII. Namhafte Künstler wie Pinturicchio, Andrea Bregno, Raffael,Bramante Caravaggio und Bernini waren mit der Ausgestaltung der Kirche betraut und hinterließen bedeutende Werke.

Und wegen Caravaggio will ich unbedingt in die Kirche hinein. Doch wie groß war meine Überraschung, als ich diesen Kirchenraum betrat. Wie war doch dieser Innenraum beeindruckend harmonisch, ohne Übertreibungen und Verzerrungen - einfach und doch in den Details eine richtige Barockkirche, die von den Künstlern den ganzen Einsatz fordert.

Fasziniert schlendere ich herum, während der Blick immer wieder von schönen Details gefangen wird: So z. B. eine Krippendarstellung der Frührenaissance, die auch den Hl. Hieronymus an der Krippe knien lässt.

         

Erst nach einiger Zeit finde ich die erwarteten Gemälde von Caravaggio: Paulus auf dem Weg nach Damaskus und unter dem Pferd, sowie Petrus am Kreuz, das gerade aufgerichtet wird. Beides Meisterwerke der Ausdruckskunst. Beim Paulusbild ist alles Bewegung und eigentlich ist das Pferd die Hauptperson, beim Petrusbild liegt aller Ausdruck im Gesicht: nicht so sehr Schmerz, sondern Zorn gegen das ungerechte Urteil, das von dem moralisch völlig verkommenen Nero herkam. Hier wird kein Stoiker gekreuzigt, kein ergebener Laurentius, nein, hier wird Petrus zu Tode gebracht, der in seinem Inneren ein Jüngling blieb. Caravaggio hielt sich an den Petrus des Neuen Testamentes und er hat meiner Ansicht nach recht damit, weil einen anderen Petrus kennen wir nicht. Dass daneben die Anstrengung der Henker nahezu unverdient künstlerisch gebannt wird, das sei nur nebenbei festgehalten. Die Art der Lichtführung - eine Erfindung des Meister - braucht nicht extra erwähnt werden, finden wir sie doch in allen Werken Caravaggios in einer besonderen Weise wieder.

Die Kirche liegt an der Porta del Popolo, die von den Familien Medici und Chigi restauriert und umgebaut wurde, wie die Wappen (sechs Kugeln für die Medici und der mehrstrahlige Stern der Chigi) bis heute dem Betrachter klarmachen. Ursprünglich war dieses Tor das Eingangstor zur Heiligen Stadt, das alle Pilger aus dem Norden passieren mussten.

      

 Nichts vermittelt eine bessere Vorstellung von der Großartigkeit Roms, als dieser erste Anblick, den die Stadt dem Ankömmling bietet.“ (Tourist aus dem 18.Jh.)

Die Via Cassia und die Via Flaminia, die großen Verbindungsstraßen des römischen Imperiums, führte die Pilger zuallererst auf die Piazza del Popolo. Unter Sixtus V. wurde der Platz auch deutlich erweitert, und zwar aus Repräsentationsgründen, weil es der erste Ort innerhalb Roms war, den die Anreisenden zu sehen bekamen. Heute benutzen die Pilger verschiedene Verkehrsmitteln, um nach Rom zu kommen, wodurch der Platz seine Bedeutung verlor.

Park der Villa Borghese

Zum Park der Villa Borghese führt neben dem Brunnen der Piazza del Popolo eine schmale Steintreppe hinauf auf den Pincio. Und oben auf der Piazza Napoleone erleben wir einen atemberaubenden Rundblick über die Dächer der Stadt. Noch unterbricht kein Hochhausblock das Panorama, das vielleicht auch Goethe schon so gesehen hat. Und ich hoffe, dass die Stadtväter stur bleiben können und den Angriffen der Baulobby weiter Widerstand leisten können. Doch man weiß nie…

      

Später durchwandern wir Wege des riesigen Parkes, den die Borgheses anlegen ließen. Heute wirkt der Park, deren Wege einst Statuen aus der Antike begleiteten, wie ein Torso, dem wichtige Teile fehlen. So durchschneidet den Park in der Querachse eine dicht befahrene Straße und manche Nebenstraßen sind so schlecht gehalten, dass man von der grünen Umgebung nur mehr braune und steinige Flächen sieht. Und dennoch besitzt dieser Park durch seine Ausdehnung eine große Bedeutung für die heutige Stadt. Auch findet man immer wieder Winkel, wo es still und beschaulich hergeht - wo alte Menschen in der Sonne sitzen und junge Mütter ihre Kinder ins Freie führen. Alles in allem ein guter Ort.

                         

Die Villa Borghese, wo die hochkarätigen Werke von Rom untergebracht sind, die Villa selbst, verschließt sich für uns. Da nur eine begrenzte Zahl von Besuchern zugelassen wird - zur Sicherheit für die alte Bausubstanz - und scheinbar alle Leute via Internet ihre Eintrittskarten bestellen, stehen wir vor einem ausverkauften Haus. Drei Tage müssten wir warten, aber dann sind wir schon wieder am Rückweg. Es tut weh, nicht hineinzukönnen, zu Daphne und Änäas, zu den alten Lieblingen, die ich aus den Kunstbüchern kenne und schon vor Zeiten sehen durfte. Doch was nützt es, wir müssen zurück und durchwandern den großen Park in Richtung Westen, um zur Villa Giulia zu gelangen, wo das  Etruskische Museum untergebracht ist.

Der Weg ist weit und anstrengend. Zudem ist weit und breit kein WC auszumachen. Erst in der Mitte der Anlage gibt es ein einziges Restaurant mit einem einzigen WC für Männer und Frauen, wo eine Reihe von Menschen wartet. Ich kaufe mir einen Cappuccino und warte - danach habe ich Glück und ich bin in der Reihe die Dritte…

Danach geht es weiter Richtung Piazza de Populo, d.h. wieder Hinuntersteigen ins Tal, weil die Viale del Muro einen direkten Übergang unmöglich macht. Schließlich wandern wir wieder aufwärts, Richtung Via Belle Arte.

Dort grüßt uns zunächst das Museum für Moderne Kunst entgegen. Ein fürchterlicher neuklassizistischer Bau, der mit der „Schreibmaschine“ von der Piazza Venezia leicht konkurrieren kann - doch glücklicherweise nicht in Bezug auf die Höhe. Die nächsten offiziell aussehenden Gebäude linker Hand, sind Akademien. Einigermaßen ratlos stehen wir vor den Gebäuden, bis eine ältere Dame aus einem der Gittertore tritt und uns im fließenden Englisch erklärt, dass „left in fifty meters“ die Villa Giulia zu finden sei. Doch die 50 Meter gestalten sich zu einer mittleren Wanderung entlang einer alten Mauer mit vergitterten Fenstern, die nur abweisend wirken. Und dann plötzlich ein Lebenszeichen: Autos, die linker Hand auf einem kleinen Platz parken und darüber das Symbol: wehende Flaggen über einem Portal.

Villa Giulia

Wir folgen der Einladung der italienischen und römischen Flagge und betreten die Empfangshalle. Diese ist hochgewölbt und bietet viel Platz für Kutschen und Pferde, die zweifellos in früheren Zeiten hier abgeschirrt wurden. Heute weist uns eine Angestellte hinter einer leeren Theke mit träger Handbewegung zum Ticketverkauf in den nächsten Raum.

    

Später geht es durch weite Galerien, deren gewölbte Decken mit Vögeln und grünen Zweigen bemalt sind zu einer unscheinbaren Tür, die sich zu einer überwältigenden und eindrucksvollen Sammlung öffnet. Die Überfülle der Exponate, die wissenschaftliche Aufbereitung der Gräberfunde, wie auch deren Präsentation ist nach den Richtlinien modernster Museumspraxis gestaltet. Es werden alle Besonderheiten der etruskischen Kunst präsentiert und ihre Wurzeln aus der archäischen Vasenmalerei erklärt und dokumentiert. Alles zweisprachig und klar beschrieben. Unter anderem gibt es auch eine nach gebaute Grabkammer mit den übertragenen Fresken. Doch alles in allem einfach zu viel…allerdings sind wir in diesem Museum fast allein.

 

San Clemente

Drei Gebäude übereinander, die man besuchen kann…auf diese Weise wird San Clemente zu einer Attraktion, der man sich nicht entziehen kann. Das wird uns schon beim ersten Blick in die Kirche klar. Die heutige Oberkirche besitzt eine kostbare Altarschranke, die ursprünglich von Papst Johannes II. für San Clemente und die Unterkirche gestiftet wurde und später in die Oberkirche übertragen wurde.

 Stil, Material und Qualität lassen vermuten, dass diese Schranken in der gleichen Werkstatt hergestellt wurden wie die entsprechenden Elemente in der Hagia Sophia in Konstantinopel, was die Bedeutung von San Clemente bezeugen würde

1084 wurde Rom von denNormannen unter Robert Guiscard geplündert und dabei auch San Clemente schwer beschädigt. Zur Stabilisierung wurden die Bögen zwischen den Säulen vermauert; die Flächen wurden mit Fresken ausgestattet, die die Clemenslegende erzählen und sich zum Teil erhalten haben. Die Stabilisierungsmaßnahmen hatten wohl keinen großen Erfolg. Unter Papst Paschalis II. wurde die Ruine der Kirche bis zur Höhe der Pfeiler verfüllt und als Fundament für die heutige Kirche (Bauzeit 1108–1128) benutzt. Die heutige Kirche liegt somit ca. 20 m über dem Niveau der Römerzeit.

 

                                                                                       Apsis mit KreuzChorschranke

Katharinenkapelle

Die Chorschranke ist von Gruppen umlagert und daher widme ich mich zunächst der Katherinenkapelle, in der Szenen aus dem Leben der Hl. Katharina dargestellt sind; eines der ersten Werke der Renaissance in Rom, wenn nicht das erste überhaupt. Masolino führt in seiner Darstellung der Katharinenlegende erstmals die Zentralperspektive in die römische Malerei ein, die in Florenz sein Schüler Masaccio gemeinsam mit Filippo Brunelleschi entwickelt hatte.

Erst sehr viel später öffnet sich ein ungestörter Blick auf die Apsis und das eindrucksvolle blaue Kreuz, das von sehr kleinen Gestalten, Gottesmutter Maria und Johannes, flankiert wird. Es ist ein warmer Raum, diese Oberkirche von San Clemente und ich stelle mir vor, wie es sich anfühlte, wenn hier aus dem Chorraum ambrosianische Hymnen zu hören waren, die von den früheren Mönchen gesungen wurden.

Kunstgeschichtlich bedeutsam ist das Thema: „Der Triumph des Kreuzes“ (12. Jh.). In seiner Detailfülle und reichen Farbgebung stellt es ein ikonographisches und stilistisches Novum dar. Das Apsismosaik wird ganz von einem symbolischen Lebensbaum mit Kreuz eingenommen. Auf dem Kreuz sind 12 Tauben dargestellt, die genauso wie die Schafe im Fries darunter die  Apostel symbolisieren. Die Westwand ist mit  Fresken  aus dem 14. Jahrhundert bemalt. An den Seitenwänden hat Giuseppe Bartolomeo Chiari auf seinen Fresken die Legende des heiligen Clemens dargestellt. Die vergoldete Holzdecke wurde von Fontana eingefügt.

Die Unterkirche ist ein Geschenk der modernen Bautechnik an uns Touristen. Unsichtbare Eisenbetonträger stützen die Oberkirche und verfestigen die Wände der Unterkirche, die Papst Paschalis einfach mit Schutt und Erde auffüllen ließ, als sie einzustürzen drohte. Durch diese Verfahren wurden allerdings auch die Fresken geschützt, die Szenen aus dem Leben des Hl. Clemens abbilden. Eine Szene davon erscheint mir besonders bemerkenswert:

Die Frau von Sissimus war zur Hl. Messe gegangen, die Papst Clemens zelebrierte. Ihr Mann folgte ihr zu dem verborgenen Platz und wurde dabei blind und taub. Als Clemens in dessen Haus kam, um ihn zu heilen, ließ dieser den unwillkommenen Besucher gefangen nehmen und zum Gefängnis führen.  Die Soldaten - von Gott geblendet - fesselten eine Säule, die sie  für Clemens hielten, und versuchten sie abzuführen, angetrieben vom Präfekten. Seine Worte sind wie bei einem Comic an der Wand zu lesen: „Fili de le pute, traite…“ (= …„zieht, ihr Hurensöhne“) - vielleicht das älteste Beispiel einer Äußerung auf Italienisch - auf jeden Fall  einem Vorläufer der italienischen Sprache. 

Diese Geschichte wird mit großem Schwung und Können an der Ostwand der Unterkirche dargestellt, wo sie unter Schutt und Mauerwerk die Jahrhunderte überdauerte. In den Räumen, die noch unter der Unterkirche existieren, wurde um das Jahr 200 ein kleiner Innenhof eingewölbt und ein Mithräum eingebaut, was in der Regel in öffentlichen Gebäuden geschah, deren Angestellte für die mystischen, orientalischen Religionen empfänglich waren.

 Die Frage, ob es sich im westlichen Gebäude um ein Privathaus oder eine öffentliche Einrichtung handelte, ist von Bedeutung für die Ursprünge der späteren Kirche. Bei einem Privathaus ist denkbar, dass möglicherweise bereits im 2. Jahrhundert in einem Raum eine Hauskirche eingerichtet wurde. Bei einem öffentlichen - so Santa Sabina –, dass solche Titelkirchen ursprünglich nicht nach einem Heiligen, sondern nach ihrem Stifter benannt worden sind, und dass erst die späteren Generationen aus Unwissenheit fromme Legenden um diesen Namen rankten. Ob es sich bei San Clemente auch um einen solchen Fall handelt oder ob die Kirche von Anfang an dem berühmten Papst geweiht war, ist unsicher.

 

Heiligtum           Schulraum

 

Es ist hier somit eindrucksvoll dokumentiert, wie in der römischen Antike verschiedene Religionen auf engstem Raum nebeneinander existierten. Das kleine Mithrasheiligtum, besteht aus einem langgestreckten Raum mit Tonnengewölbe und Sitzbänken an den Seiten, wo das heilige Mahl eingenommen wurde. An der Westwand steht ein Altar mit einem Relief das Mithras zeigt, der den Stier tötet.

 

               

 Mithras wird als Jüngling dargestellt und ist mit einer römischenTunika und einer phrygischen Mütze bekleidet. Er kniet in der Stiertötungsszene mit dem linken Bein auf dem Rücken des Stiers. Mit dem anderen Bein stemmt er sich ab, mit der linken Hand reißt er den Kopf des Stieres nach hinten und mit der rechten Hand tötet er das Tier durch einen Dolchstoß in die Schulter. Dabei wendet Mithras sein Gesicht vom Stier ab. Der Umhang von Mithras ist häufig aufgebauscht, so dass man die Innenseite erkennt, die wie ein Sternenhimmel dekoriert ist. Nach der mithräischen Mythologie verfolgte Mithras einen Stier, den er einfing und auf seinen Schultern in eine Höhle trug, wo er ihn zur Erneuerung der Welt opferte. Aus dem Blut und Samen des Stiers regenerierten sich die Erde und alles Leben.   Wie die übrigen Mysterienkulte der griechisch-römischen Welt kreiste auch der Mithraismus um ein Geheimnis, das nur Eingeweihten enthüllt wurde. Bei Eintritt in den Kult wurde jedes neue Mitglied zum strengsten Stillschweigen verpflichtet. Deshalb gründet sich unser Wissen über den Mithraismus nur auf die Beschreibungen außenstehender Chronisten und auf die zahlreich erhaltenen Bildwerke der Mithras-Heiligtümer.Der Mithraismus erfreute sich vor allem unter den römischen Legionären großer Popularität, umfasste jedoch auch sonstige Staatsdiener, Kaufleute und sogar Sklaven. Dagegen waren Frauen strikt ausgeschlossen. Die Organisation des Kults bestand aus sieben Weihestufen oder Initiationsebenen, die der Gläubige bei seinem Aufstieg durchlief.

 Zu den ausgegrabenen Räumen des antiken Hauses des Titus Flavius Clemens, gehört auch ein sicht- und hörbarer unterirdischer Wasserlauf. Dieser speiste möglicherweise einst den See, den  Nero an der Stelle anlegen ließ, wo heute das Kolosseum steht.

 

San Pietro in Vincoli

Später sind wir auf der Suche nach San Pietro in Vincoli. Vom Kolosseo kommend, steigen wir hinauf und finden die Kirche erst im zweiten Anlauf. Drinnen wieder der Ansturm auf das Grabdenkmal von Julius II., davor der berühmte Moses von Michelangelo.

             Fesselketten des Apostel Petrus 

Eindrucksvoll diese Gestalt - eigentlich unglaublich stark, mächtig und majestätisch - dieser Mann ist der geborene Führer, der in völliger innerer Abgeklärtheit auf seinem Sitz ruht. Ob vielleicht Michelangelo selbst so ausschauen und wirken wollte? Vor dem Altar in einer höhlenartigen Nische findet der Pilger die "Stationsreliquie" der Kirche: die Ketten, womit Petrus vor seiner Hinrichtung gefesselt wurde. Die Frage, Ob die Ketten echt sind? die Geißelsäule von Santa Prassede tatsächlich in Jerusalem verwendet wurde? Oder ob das Stück Holz in Maria Maggiore tatsächlich einmal in Bethlehem war? Fragen, die niemand beantworten kann. Und dennoch werden diese Fragen immer wieder beantwortet durch Menschen, die vor diesen Reliquien beten und das schon seit Jahrhunderten. Wesentlich scheint mir, dass die genannten Gegenstände die Menschen an das Leiden und Sterben unseres Erlösers erinnern, dass sie im Gebet dieser unglaublichen Liebestat dankbar gedenken.

Allerdings ist dies sehr schwer, angesichts der aufgeregten Touristen, die hier herumlaufen und jedes religiöse Gefühl im Keim ersticken. Die ursprüngliche Vision von Papst ist tatsächlich Stein geworden. Er wollte in Rom sichtbar und greifbar machen, was die Kirche ....

Wieder draußen, begegnen uns zufällig einige Absolventen der Technischen Universität, mit Lorbeerkränzen auf dem Kopf. Glücklich und aufgekratzt reden sie gleichzeitig mit ihren Freunden und ins Smartphon hinein. Ein Bild heiterer glücklicher junger Menschen.

  

Wenig später versenken wir uns in den Anblick des Kolosseums von oben. Unten wuzeln sich die Touristen, doch „Wir sind nicht dabei“! frei nach Tucholsky. Die Sonne scheint und viele junge Leute lungern auf dem Platz herum und wir lungern eine Zeitlang mit …

 

Der Anblick des Colosseums von außen und die offenen Apsiden der Basilika Julia bleiben diesmal unsere einzige Berührung mit der römischen Antike - vielleicht kommen andere Zeiten, aber für diesmal haben wir verweigert. Ich wollte nicht gemeinsam mit unzähligen Leuten über die Ausgrabungen stolpern und mir zum wiederholten Mal vorstellen, wie der Jupitertempel ausgesehen hat, dessen Grundfesten kaum diagnostiziert werden können, oder den Junotempel, dessen Säulen wahrscheinlich in Maria Maggiore das Langhaus begrenzen. Auch erinnere ich mich an endlose Spaziergänge zwischen den gewaltigen Mauerresten des Paladin, wo mir die grünen gepflegten Wiesen zwischen dem alten Gemäuer sehr einladend wirkten, um zu sitzen und zu träumen. Aber dazu hat ein Tourist in Rom gewiss keine Zeit.

Palazzo Spada

Der Palazzo Spada ist einer der großen Stadtpaläste in Rom. Errichtet wurde der Palast ab 1548 im Auftrag des Kardinal Girolamo Capodiferro durch den Architekten Bartolomeo Baronino. 1623 ging das Renaissancegebäude in den Besitz  Bernardino Spadas über, dessen Namen es bis heute trägt und der Francesco Borromini ab 1635 Restaurierungsarbeiten an den Fassaden vornehmen ließ. Durch Borromini wurde auch der berühmte perspektivische Gang angelegt, der zu den bekanntesten manieristischen Augentäuschungen zählt. Diese mit Säulen geschmückte Galerie wird vom Innenhof zu ihrem Ausgang immer schmaler und der Abstand der Säulen verringert sich in der Ferne, so dass trotz ihrer Länge von gerade einmal neun Metern der Eindruck eines langen und weiten Raumes entstehen kann. Seit 1927 ist der Palazzo Spada Sitz des italienischen Staatsrates, zudem wird hier eine Kunstsammlung mit Werken des 17. Jahrhunderts ausgestellt.

Der Vorhof des Palazzos ist eigentlich sehr klein und schlicht gehalten. Eine kleine Treppe führt hinauf zu einem Vorraum, der Ticketverkauf und Museumsshop zugleich ist. Wir haben Glück, weil wir gerade zur Öffnungszeit hierher gekommen sind. So können wir gleich in den Innenhof hinausgehen, wo eine riesige Katze in den Anblick der Säulengalerie vertieft ist. Nahezu jede Besucherin streichelt das träge Tier, dass offensichtlich bald Junge werfen wird und dem jede unnötige Bewegung zuwider ist.

              

Dann betrachten auch wir das bekannte perspektivische „Wunder“. Die Galerie wirkt stilistisch sehr schön und harmonisch. Damit hat es sich aber auch für mich. Das Wunder der perspektivischen Verkürzung kann man ohne Mühe ausblenden und damit entsteht in mir die Frage: „What for?“

Oben im ersten Stock empfängt uns ein distinguierter Herr, den ich für einen Nachkommen der ehemaligen Besitzer halte oder einen Gymnasiallehrer, der sich hier als Wächter der kulturellen Werte einsetzt. Elegant und ruhig verweist er mich auf eine Holzbank in der Ecke, wo ich meinen Rucksack ablegen könne, weil er hier sei und alles im Auge habe. Ich tue nach seinem Rat und begebe mich gemeinsam mit meiner Begleiterin in die Ausstellungsräume. Und jetzt kam die Überraschung, die eigentlich zu dem ganzen Ambiente gut dazu passte. Es waren hier für jeden Raum schriftliche Führer(schreibmaschinengetippt) aufgelegt, wo die nummerierten Gemälde genau beschrieben waren, und zwar in verschiedenen Sprachen, und auch in Deutsch. Eine Seltenheit in Rom, wenn man von den ganz großen Sehenswürdigkeiten einmal absieht.

Es waren vier Räume und mein Eindruck war, dass die Räume selbst das eigentlich Sehenswerte waren. Denn den Bildern, die hier gesammelt hingen, gelang es kaum, den Blick des Betrachters festzuhalten, dazu waren sie zu schwach. Die Decke des mittleren Raumes gefiel mir aber sehr - so leicht und freundlich hingepinselt - ein schönes Ambiente.  Dazu kam die eine oder andere religiöse Szene, die schon Dramatik und Farbe entwickelte - doch insgesamt hat mich die Sammlung ein wenig traurig gestimmt.

Palazzo Doria Pamphili

Die Geschichte der Doria-Pamphilj ist das Ergebnis von verschiedenen Innozenz X. Dessen berühmtes Bildnis, gemalt von Velázques, hängt im Palast. Das Bild erstellt anlässlich des Heiligen Jahres 1650, wurde von seiner Schwägerin  Olimpia Maidalchini, die seine enge Vertraute und Ratgeberin war, in Auftrag gegeben. Das Bild von Velázquez wurde 1927 in ein kleines Zimmer, das ausschließlich dem Papst gewidmet ist, gehängt. Auch findet sich hier eine Skulptur von Innozenz X. die von Gian Lorenzo Bernini gestaltet wurde. Der Sohn von Olimpia Maidalchini, Camillo Pamphilj, widersetzte sich seiner mächtigen Mutter und verzichtete auf die Berufung zum Kardinal durch seinen Onkel, den Papst, um die Witwe Olimpia Borghese zu heiraten. Als geborene Aldobrandini brachte sie den Palazzo Aldobrandini in die Familie Pamphilj ein. Nach einer Zeit des Exils in der Campagna Romana, um die Konfrontation mit dem Papst und Olimpia Maidalchini zu vermeiden, nahm das Paar seinen ständigen Wohnsitz im Palazzo Aldobrandini, den Camillo ab 1654 großzügig erweiterte. Es wurden dazu benachbarte Häuser und ein Kloster aufgekauft und abgerissen.     

  Die Fassade zur Via del Corso wurde von Gabriele Valvassori 1730 – 1735 realisiert.  Nach dem Tod von Camillo Pamphilj 1666 wurde der Bau von seinen Söhnen Giovanni Battista, dem Erben und dem Kardinal  Benedetto Pamphilj weiterbetrieben. Auf den Letzteren, bekannt für sein Mäzenatentum gehen die Gemäldesammlung und die Kapelle, die nach den Plänen Carlo Fontanas eingebaut wurde, zurück. 1767 wurden die Decken der repräsentativen Räume im barocken Stil freskiert, so wie sie sich heute noch zeigen.

        

 

Wir betreten den riesigen Palast und schon umfängt uns die Heiterkeit eines Innenhofes, der mit einer Galerie von Säulen und entsprechenden Verbindungsbögen umgeben wird. Eine weite flache Treppe führt hinauf in den Piano Nobile, der die Gemäldegalerie birgt. Der erste Raum ist riesig in seinen Ausmaßen und ist mit vielen Landschaftsmalereien geschmückt. Dann geht es weiter in kleinere Räume, die sich schließlich zu einem Tanzsaal öffnen, in dem heute noch die Nische zu sehen ist, wo die Orchestermitglieder untergebracht waren. Die Gemälde selbst sind zunächst nicht besonders aufregend, doch um eine Klasse besser, als jene im Palazzo Spada.

     Poussin Saal        Fest-Tanzsaal mit Nische für die Musiker
         Galerie  

 Immer wieder sind es Biblische Themen, die von den Malern aufgegriffen wurden und zum Teil sehr dramatisch, manchmal in leisen Tönen gehalten sind. Dazwischen finden sich Porträts und antike Themen, die sehr lebendig aus ihren Rahmen herabgrüßen. Ein kleiner Raum bietet allerdings eine besondere Überraschung: das Bild von Papst Innozenz X., gemalt von Rodrigo Velazques. Ich glaube, dass vielen Kennern das Bild bekannt ist, aber kaum jemand weiß, dass es hier zu finden ist.

                

Es ist ein sehr realistisches Porträt und andererseits wieder nicht. Wie alle ganz großen Maler hat Velazques hier einen Mann in seiner charakterlichen Bestimmtheit gemalt, der zugleich sein Amt verkörpert. Und das schafft Distanz zum Betrachter, so wie das Amt den Menschen von den übrigen trennt.

Von dem kleinen Papstraum führt eine Spiegelgalerie weg, die ihresgleichen sucht. Ein unglaublich reiches Angebot von antiken Statuen und Renaissanceplastiken findet sich hier zwischen und auf Konsolen, eng aneinandergereiht, so schön und eindrücklich und gleichzeitig überwältigend fürs Auge, dass man nur hoffen kann wieder einmal herzukommen und viel Zeit zum Anschauen mitzubringen. Von der Spiegelgalerie führt eine weitere Galerie im rechten Winkel weiter, die von einer anschließenden Galerie schließlich zu einem Viereck ergänzt wird.

Jan Bruegel: Paradies                          Jan Bruegel :Frühling

Von den Gemälden im letzten Galeriegang bleiben mir zauberhafte Stücke von Jan Bruegel in Erinnerung, der mit in einer Fülle von Details das Paradies malte, mit komischen Tiergestalten, die er teils erfand oder farblich veränderte - alles in Bewegung und Freude über das Leben in dem wunderbaren Garten. Dazu gesellten sich noch zwei Bilder, die den Sommer und den Herbst als Thema hatten  - alle diese bemalten Holztafeln hätte ich gern mitgenommen und auf einem Ehrenplatz aufgehängt.

                      

        Johannes der Täufer

                    Büßende Magdalena

Ruhe auf der Flucht nach Ägypten

Doch schließlich wartete am Ende unseres Besuches ein überwältigendes Erlebnis auf uns. In einem tiefer gelegenen Raum waren antike Sarkophage aufgestellt, die mit wunderschönen Reliefs aus Marmor- lebendig und handwerklich auf hohem Niveau - geschmückt waren und darüber auf einer Seite drei Caravaggios in einer Reihe, „Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ und die „Büßende Magdalena“ ; sowie ein jugendlicher „Johannes der Täufer“ Hier blieben wir lange, vertieft in den Anblick des Geige spielenden Engels, der dem Betrachter seine kärglich verhüllte Rückseite präsentiert, gleichzeitig ganz Licht und sichtlich bestrebt die Hl. Familie vor Gefahren, die von außen kommen zu schützen. (auch vor den Augen des Betrachters) Maria schläft schon und auch der kleine Jesus. Nur der hl. Joseph wacht und hält dem Engel die Noten, damit er weiter spiele und seine beiden Schutzbefohlenen nicht aufwachen.

Piazza Navona

Von Julius Cäsar wurde 46 v. Chr. hier auf dem Marsfeld ein erstes, eher provisorisches Stadion für Spiele griechischen Typs, das heißt athletische Wettkämpfe, errichtet.

 Kaiser Domitian baute dieses Stadion 85 n. Chr. monumental aus. Es hatte die Ausmaße von 275 mal 106 Metern und bot über 30.000 Zuschauern Platz. Eine erste Kirche wurde innerhalb des Stadions an der Stelle errichtet, wo die Heilige Agnes der Legende nach ihr Martyrium erlitten hatte. Nach und nach wurden Häuser in die Unterbauten der Stadiontribünen eingebaut, die Arena wurde zu einem Platz, der u. a. für Pferderennen genutzt wurde. Da die Fundamente und teilweise die Außenwände des Stadions für die mittelalterlichen Häuser weiter genutzt wurden, blieb die Form der Arena bis heute erhalten. In der Barockzeit entschloss man sich den Platz umzubauen, und zwar nach dem Vorbild antiker Kaiserforen. Dazu verlängerte Borromini die antike Wasserleitung hierher, so dass Bernini 1649 in der Mitte des Platzes den  Vier -Ströme-Brunnen anlegen konnte. Vier kolossale männliche Figuren symbolisieren die größten Ströme der damals bekannten vier Kontinente ( Donau, Nil, Ganges und Rio de la Plata). Sie lagern zu Füßen eines Obelisks, der aus der Villa Massenzio in der Via Appia Antica herbeigeschafft wurde, um die Gesamtanlage einem antiken Circus anzugleichen. Die zwei älteren Brunnen, die Fontana del Moro im Süden und der Neptunbrunnen im Norden, wurden von Bernini neugestaltet. Ihr endgültiges Aussehen bekamen sie jedoch erst im 19. Jahrhundert.                                                                                         

Zu allen Zeiten war die Piazza Navona ein beliebter Schauplatz für Messen, Märkte und Feste. So die Giostra del Saracino, ein mittelalterliches Reiterturnier. Im 17. und 18. Jahrhundert vergnügten sich die Römer an den Samstagen im August bei den Inondate. Dafür ließ man die Brunnen überlaufen, so dass Jung und Alt im Wasser planschen und sich vergnügen konnte.

 Vierströmebrunnen

 Als wir herkamen, war zwar kein Markt oder ein anderes Fest angesagt, aber des ungeachtet wimmelte es von Menschen. Der Vier-Ströme-Brunnen war umlagert mit Touristen, die alle nur eines wollten, ein Selfie mit einem der Ströme im Hintergrund, nach dem Motto: „Wir nehmen den, der gerade frei ist!“ Nach einiger Zeit reichte es uns und wir flohen ins Cafe vor der alten Universität, mit Blick auf den eigenwilligen Turm von Sant' Ivo und den Palazzo Madama. Hier war gut sein - weit weg von der Piazza Navona und dem Pantheon.

Später besuchten wir die Kirche

San Luigi di Francesi  

Die Kirche beherbergt die Contarell-Kapelle mit drei Gemälden von Carvaggio. Die Kirche ist die französische Nationalkirche; sie wurde zwischen 1518 und 1589 errichtet und ist dem hl. König Ludwig IX. von Frankreich geweiht. Die Bilder Caravaggios zeigen die Berufung des Hl. Matthäus und das Martyrium des Evangelisten Matthäus sowie die Niederschrift des Evangeliums mit dem Engel. Es war Caravaggios erster Großauftrag, den er durch seinen frühen Förderer Kardinal Francsco Maria del Monte erhielt. Die Gemälde sind zwischen 1599 und 1602 entstanden und zeichnen sich durch den großen Realismus sowie die für Caravaggio typische Helldunkelmalerei aus.

Diese Baedeker Information kann ich nur durch meine Begeisterung ergänzen, die mich jedes Mal erfasst, wenn ich vor diesen Gemälden stehen und sie anschauen darf.

                                Die Berufung des Matthäus

 

               Matthäus und der Engel  Der Tod des Matthäus

Allein über die Berufung des jungen Matthäus könnte ich lange erzählen, über die Hand von Christus z. B., die über die ganze Gesellschaft hinüber weist und den Matthäus gebieterisch herausholt. Oder der Versuch des jungen Mannes, dieser gebietenden Hand mit eingezogenem Kopf einfach auszuweichen. Welche Szene!

Und erst die Ermordung des alten Matthäus: Auf diesem Bild siegt die Welt und ihre Schergen. Der Henker mit dem Schwert beherrscht das Bild. Matthäus liegt besiegt am Boden. Scheinbar nur, weil in seine vom Henker festgehaltene Hand, ein Engel schon die Siegespalme herabreicht. Formal bewegt sich der Engel in direkter Fortsetzung der Diagonale zum Henkersknecht herab. Das Gewimmel der Anderen rund um das zentrale Geschehen ist wieder Ausdruck der „Welt“, die eifrig dabei ist zu gaffen und sich zu unterhalten, wenn das Besondere, das Andere und Unbequeme erledigt wird.

Das dritte Bild, die Inspiration des schreibenden Matthäus spricht für sich selbst- das Gemälde ist einfach wunderschön…

Sant’ Ivo alla Sapienza

Sant’Ivo alla Sapienza ist eine barocke Kirche in Rom, erbaut 1642–1664 von Francesco Borromini. Sie ist dem heiligen Ivo geweiht, dem Schutzpatron derJuristen. Die einzigartige architektonische Gestaltung dieses Zentralbaus sowie seine komplexe  concettistische Symbolik machen ihn zu einer der originellsten und schönsten Kirchen in Rom.

Papst UrbanVIII. (Amtszeit 1623–1644) ernannte Francesco Borromini 1632 zum Architekten und Baumeister des Archiginnasio, wie die Universität offiziell zu dieser Zeit noch hieß. Im Januar 1643 begann Borromini mit dem Bau der Universitätskapelle. In der Regierungszeit von Innozenz X. (1644–55) wurde die Kirche außen vollendet, war jedoch bei dessen Tod innen noch undekoriert  Grundsätzlich wird an dem Gebäude mit konkaven und konvexen Formen gespielt, die ihm eine besondere Faszination verleihen. Auf dem von Stufen bedeckten Kuppeldach thront eine  Laterne in Gestalt eines reich dekorierten Rundtempels, dessen Fenster von Säuelnpaaren gerahmt werden. Noch im  Gebälk wiederholt sich der Gegensatz von konkaven und konvexen Formen. Die Laterne wird ihrerseits von einem extravaganten spiralförmigen Aufsatz bekrönt, der oben in einem Lorbeerkranz und einer Flammenkrone endet. Auch im Innenraum von Sant’Ivo setzt sich das kontrastreiche und reizvolle Spiel von konkaven und konvexen Formen fort.  Das gleichseitige Dreieck, das dem Innenraum zugrunde liegt, steht in der Sakralarchitektur traditionell für die Dreifaltigkeit. Neben dem Dreieck spielt auch das Sechseck eine Rolle: zum einen sind alle umliegenden Räume, etwa die Sakristeien, sechseckig geformt, zum anderen kann in den Sakralraum selber ein regelmäßiges Sechseck eingeschrieben werden. Die Vielzahl der sechseckigen Räume spielt vermutlich auf die Waben der Bienen, die Wappentiere Papst Urban VIII. Barbarini an.

           

Über dem kräftigen, umlaufenden Hauptgebälk steigt die Kuppelwölbung auf. Sie ist von plastischen Stuckrippen gegliedert, die die Pilastergliederung der Wand fortsetzen und in den kreisförmigen Fußring der Laterne einmünden. Die sechs von hellen Fenstern durchbrochenen, abwechselnd konvex und konkav geschwungenen Kuppelsegmente überführen die komplizierte Form des Grundrisses allmählich in den einfachen Kreis. Die ebenfalls durch sechs Fenster hell erleuchtete Laterne ist im Inneren von sechs Säulen gegliedert.

                      

 Die Stuckdekoration der Kuppel verweist auf Papst Alexander VII., unter dem der Innenraum vollendet wurde: über den sechs Fenstern der Kuppel findet sich dreimal das Papstwappen. Die Kuppel ist nicht nur eine architektonische Meisterleistung, sondern auch von christlicher Symbolik durchdrungen: im Scheitel der Laterne war ehemals eine an einem Metallstab montierte, scheinbar frei schwebende Taube aus Stuck angebracht. Stuckierte Flammenzungen in der Laternenwölbung verweisen auf das Pfingstwunder, bei dem der Heilige Geist auf die Apostel herabstieg und von diesen in die Welt getragen wurde. Die zwölf Sterne im Fußring der Laterne können als Sinnbilder der Apostel verstanden werden. Reihen acht- und sechszackiger Sterne entlang der Lisenen bezeichnen den Weg des Heiligen Geistes auf die Erde. Die Kuppel erzählt also dem Betrachter auf künstlerische Weise vom Pfingstwunder, das sich für den Kirchenbesucher im Gottesdienst immer wieder neu ereignet. Auf der Laterne sitzt eine spiralförmige Bekrönung, die sich als schmale Rampe mit drei Umdrehungen emporwindet. Die Außenflächen der Spirale sind mit einem kronenähnlichen Gesims und aus Stuck geformten Edelsteinen besetzt (Borromini selbst sprach von „corone“, Kronen, und „gioie“, Juwelen).] Abgeschlossen wird die Spirale durch einen herausragenden Rundstab, der von einem Lorbeerkranz und einer Flammenkrone bekrönt wird. Darüber erhebt sich eine schmiedeeiserne Krone aus sechs geschwungenen Bügeln, die eine vergoldete Metallkugel tragen. Auf dieser sitzt die Taube mit dem Ölzweig, das Wappensymbol von Papst  Innozenz X. Pamphili, über der das abschließende Kreuz steht.

 Das ungewöhnliche Erscheinungsbild der Laterne von Sant’Ivo ist ein sichtbares Zeichen für Borrominis Anspruch, sich in seiner architektonischen Formgebung nicht zu wiederholen, sondern für jedes Bauwerk eine neue, originelle und reizvolle Formensprache zu schaffen. In seiner Formgebung verbergen sich metaphorische und wortspielerische Anspielungen auf die Funktion des Gebäudes. Bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts erhielt das päpstliche Archigymnasium den Beinamen „La sapienza“, die Weisheit. Über der Pforte des Universitätsgebäudes ließ Sixtus V. eine alttestamentliche Inschrift anbringen, die das Verhältnis von Religion und Gelehrsamkeit im Christentum zum Ausdruck bringt: „INITIUM SAPIENTIAE TIMOR DOMINI“ – „Der Anfang aller Weisheit ist die Gottesfurcht“ – und bestätigte damit den Beinamen des Bauwerks.

Die göttliche Weisheit stand im Gegensatz zur weltlichen Geelhrsamkeit, die sich der Mensch durch mühsames Studium erwirbt, die jedoch der Vergänglichkeit unterworfen ist. Die göttliche Weisheit dagegen wird dem Menschen von Gott geschenkt, sie kann nur durch den Glauben erworben werden. Die Kirche der päpstlichen Universität sollte als architektonische Allegorie der Weisheit erscheinen.

Sant' Ivo besuchen wir am Sonntagvormittag zur Hl. Messe. Diese Kirche ist nur am Sonntag und Mittwoch Nachmittag geöffnet und das bemerken wir bald an dem Besucherstrom. Doch die Besucher bleiben nicht und schließlich sitzt nur eine Handvoll Römer in den Bänken und wartet, bis die Messe beginnt - im Internet für 10 Uhr angekündigt - in Wahrheit erst um 11Uhr. In der Zwischenzeit schlendere ich auf die nahe gelegene Piazza Navona. Und es waren zu dieser „frühen“ Stunde tatsächlich weniger Menschen auf dem Platz als sonst. Zeit zum Anschauen des Vier-Ströme-Brunnens! Bei Bildern helfen Fotos zum Kennenlernen, bei Statuen und Plastiken nur sehr bedingt. Schon allein die Art, wie der Stein beschaffen und bearbeitet ist und vor allem die Dreidimensionalität wirkt auf den Betrachter einfach unmittelbarer und direkter. Jetzt erst bemerke ich wie sorgfältig die Füße der riesigen Gestalten gemeißelt sind. Auch drängten sich jetzt die verschiedenen Wasserschlangen, das Pferd und der Löwe intensiver vor meine Augen. Alles in allem stehe ich lange vor diesem faszinierenden Brunnen und kann schauen und betrachten und die Selfieerzeuger rundherum vergessen.

Santa Maria in Trastevere

           

Schon im 3. Jahrhundert soll es an der Stelle eine christliche Hauskirche gegeben haben, an deren Stelle Julius I. Mitte des 4. Jahrhunderts eine große Basilika errichten ließ, die im 12. Jahrhundert unter Innozenz II. durch einen Neubau mit Campanile ersetzt wurde. Dazu wurde unter anderem Material aus den Caracalla -Thermen verwendet. Die Kirche ist bereits seit dem Jahr 112 römischeTitelkirche und trägt  den Titel einer Basilica minor. Die Mosaiken in der Apsis stammen noch aus dem 12.Jh. Die Mosaiken am Triumphbogen und im unteren Apsisabschnitt wurden ein Jahrhundert später von Pietro Cvallini geschaffen. Letztere zeigen in sechs Bildern das Marienleben:Mariä Geburt, Verkündigung, Geburt Jesu, Anbetung der Weisen, Darbringung Jesu im Tempel und Tod Mariens.. Die Mosaiken über der Vorhalle stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Sie zeigen Maria mit dem Kind und kluge und törichte Jungfrauen (nach Mt 25,1-13).

 Trotz barocker Ergänzungen und Umbauten hat die Kirche noch den mittelalterlichen Eindruck bewahrt..

                                     

       Apsismosaik und  Details aus dem Triumphbogen

Die Kirche fasziniert zunächst durch die feinen und eleganten Säulen die das Langhaus tragen. Dann ist es der Altar, der mit gedrehten Steinsäulen den durchbrochenen „Himmel“ trägt, der den Blick des Betrachters auf sich zieht und darüber die Mosaike. Dort muss man nicht hinschauen, dorthin wird der Blick gezogen, gleichsam mit magnetischer Kraft. Und es lohnt sich in die Bilder zu versinken, die hier über die Jahrhunderte von Christus dem Weltenherrscher und Maria, seiner Mutter erzählen und nicht müde werden, das Heilsgeschehen herabzustrahlen. Freilich anschauen und nachdenken muss man schon..

Santa Cecilia in Trastevere


Die heilige Cäcilia, die Schutzheilige der Musik, starb 230 n. Chr. an der Stelle dieser Kirche den Märtyrertod. Nachdem ihre Peiniger  vergeblich versucht hatten, sie durch Verbrühen zu töten, wurde die Heilige enthauptet. Im 4. Jahrhundert wurde an der Stelle ihres einstigen Wohnhauses eine erste Kirche errichtet. Der Leichnam der heiligen Cäcilia galt lange Zeit als verschollen, bis er 820 n. Chr. in den Katakomben von San Callisto an der Via Appia außerhalb von Rom entdeckt wurde. Daraufhin ließ Papst PaschalisI. die Kirche neu aufbauen und die Gebeine der Heiligen darin beisetzen. Im 13. Jahrhundert erfolgte die Ausschmückung der Kirche mit Fresken durch Pietro Cvallini.
 Das frühromanische Mosaik in der Apsis der Kirche stammt noch aus dem 9. Jahrhundert. Das Altarziborium von Arnolfo di Cambio und ein Fresko des Jüngsten Gerichts von Pietro Cavallini  stammen aus dem 13. Jahrhundert. Vor dem Altar befindet sich eine Marmorskulptur der Heiligen von Stefano Maderno.  

Als Kardinal Sfondati am 20. Oktober 1599 das Grab der Hl. Cäcilia öffnen ließ, die von Paschalis I. dorthin worden war, fand man einen Sarg aus Zypressenholz, eingebettet in einem Marmorkatafalk. Darin fand sich der intakte Körper der Heiligen, liegend und in ein weißes, mit Gold besticktes Gewand gehüllt. Dieses Ereignis hatte eine enorme Wirkung auf die Bevölkerung und Papst Clemens VIII. besuchte die Leiche. Der Kardinal wollte das Ereignis für die Nachwelt bewahren und beauftragte den jungen Carlo Maderno, der eine Zeichnung von der Heiligen gemacht hatte, eine Statue der Heiligen zu schaffen, die sie so zeigen sollte, wie sie im Sarg gelegen war: in einer natürlichen Stellung, als ob sie tief schliefe, die Arme nach vorne gestreckt, die Hände halb geöffnet, die symbolisch das Geheimnis der Dreieinigkeit bezeichnen, das Gesicht gegen den Boden, die Haare und das Kopftuch nach hinten gewunden, sodass auf ihrem Hals die Zeichen der Verletzung sichtbar wurden. Und obwohl sich viele Kritiker darüber aufregten, warum der Kardinal gerade diesen blutjungen Künstler mit dieser Aufgabe betraute, belohnte er das Vertrauen des Auftraggebers und schuf ein Werk von außerordentlicher Schönheit.

                                                     

   Bis zum heutigen Tag ruht die marmorne Cäcilia unter dem Altar und ich freue mich sehr, sie wiederzusehen. Das Gesicht der Heiligen, das normalerweise unsichtbar ist, wurde im Zuge der letzten Restaurierung mehrfach fotografiert und es zeigt ein Antlitz, das dem klassischen archaischen Stil entspricht. Lange stehe und knie ich vor dem Bild der Heiligen, die so jung ihr Leben lassen musste und unwillkürlich muss ich an die riesige Distanz denken, die zwischen der Kraft des jungen Christentums und der müde gewordenen Christenheit von heute liegt. Und ich frage mich, wieso es so schwer ist, große Ideen und Lebensentwürfe wach zuhalten und immer wieder zu erneuern. Oder besser, warum wir uns heute vom Ideal des Christentums immer weiter entfernen. In den Tod gehen für ein Ideal! Welche Forderung an ein junges Menschenkind und doch waren es viele die zur Zeit des frühen Christentums diesen Anspruch erfüllten…

 Die Halbkuppel der Apsis ist mit einem Mosaik aus der Zeit von Paschalis I. (817-824) geschmückt und zeigt dieselben Figuren, die in Santa Prassede, wie auch in Santa Maria in Domenica zu sehen sind. In der Mitte Christus, der die Krone aus den Händen des Vaters erhält, zwischen Petrus und Paulus. Ganz links außen Papst Paschalis I. mit einem rechteckigen Heiligenschein (als Symbol für einen noch lebenden Menschen) und einem Kirchenmodell in der Hand. Er wird von Cäcilia präsentiert, die ihn an der Schulter hält. Ganz rechts außen ist der Hl. Valerian und die Hl. Agatha abgebildet. Dazu kommen Palmen, als Symbole des Gartens Eden, links ein Phönix, der das ewige Leben versinnbildlicht. In der unteren Reihe wandern je sechs Lämmer in Richtung des Christuslammes, die als Sinnbilder der zwölf Aposteln gedeutet werden. Ursprünglich gab es noch eine ausgedehntere Mosaikdekoration, die im Zuge der Umbauten im 18Jh. verschwanden.

Die an sich großartige Gestaltung des barocken Innenraumes gehört in die Reihe der Kirchenbauten des 18.Jh, der späten Blüte der römischen Baukunst. Viel wäre im Einzelnen zu sehen und zu beschreiben, doch wir möchten hinunter in die Krypta, wo römische Ausgrabungen auf uns warten. Auch hier gibt es eine Fülle von Einzelheiten zu sehen und vor allem gewinnt man einen wirklichen Eindruck von der Größe und der Anlage eines römischen Stadthauses.

 

In einem der Räume hat man acht runde Becken entdeckt, die aus der Zeit des Augustus stammen. Dienten die Becken einer Färberei? Waren es Getreidespeicher? So genau weiß man das nicht. Nicht zugänglich ist ein Raum mit einem großen Rundbecken, das im fünften Jahrhundert in ein Taufbecken umgewandelt wurde. Die Krypta der Kirche ist kostbar geschmückt, aber im Stil des 19.Jh. gehalten, d.h. gut gemeint, aber kalt und seelenlos. Dennoch ist dieser Raum wichtig, weil er die Urnen von fünf Märtyrern bewahrt, unter ihnen auch die von der Hl. Cäcilia.

San Francesco a Ripa

 

Die Kirche San Francesco a Ripa, liegt im römischen Stadtteil Trastevere, unweit der Aurelianischen Mauer. Bei seinem Rombesuch 1219 wohnte der heilige Franziskus von Assisi hier in einem Hospiz. Der Stein, den der Heilige als Kopfkissen benutzte, und sein Kruzifix sollen in der Zelle zurückgeblieben sein. Sein Nachfolger im Vorstand des Franziskanerordens, erteilte den Auftrag zum Neubau der Kirche im Jahr 1231. Ihre Fresken schuf  Pietro Cavallini. Um 1680 ersetzte Kardinal Poizio Pallavicini die Basilika durch das heutige Bauwerk, das sich vor allem durch seinen reichen Skulpturenschmuck auszeichnet. Besonders hervorzuheben ist dabei die Paluzzi-Albertoni Kapelle auf der linken Seite des Langhauses mit der Skulptur „Verzückung der seligen Lodovica Albertoni von Bernini. 

Ludovica entstammte der römischen Patrizierfamilie degli Albertoni. Im Alter von zwanzig Jahren wurde sie mit Giacomo della Cetera vermählt. Seit 1506 im Witwenstand schloss sie sich den Tertiaren des Franziskanerordens an und lebte dem Gebet und der Askese. Ihre mystische Frömmigkeit wurde mit den Gnaden der Prophetie und der Wundertätigkeit ausgezeichnet. Ludovica betätigte sich auch karitativ, verbrauchte ihr Vermögen mit der Fürsorge für die Bedürftigen, Kranken und armen Kinder und tat sich besonders mit der Hilfe für die Opfer des Sacco die Roma im Jahr 1527 hervor.

         

Am 28. Januar 1671 gestattete Papst Clemens X. ihre Verehrung als Selige. Am 17. Januar 1674 wurden ihre Reliquien in die römische Kirche San Francesco a Ripa übertragen. Den dortigen Altar in der Anna-Kapelle hatte der hochbetagte Gian Lorenzo Bernini 1674 die Plastik „Die Verzückung der seligen Ludovica Albertoni“, sein letztes Werk, geschaffen.

Diese Kirche betrete ich heute das erste Mal, weil ich die Statue von Ludovica Albertoni sehen möchte, die Bernini im Auftrag des Kardinal Palazzo geschaffen hatte. Die Statue befindet sich in einer Nische der Kapelle Altieri, die von einem versteckten Fenster beleuchtet wird. Unten und vor ihrem Lager breitet sich eine schwere Marmordecke aus und stellt so eine konkrete Verbindung zwischen der Heiligen und der Kapelle her. Wie mit Zauberei enthüllt sich dem Betrachter der Kirche, zwischen Licht und Schatten die Vision einer sterbenden Frau auf dem Altar. Gewöhnlich brachte man Skulpturen von Heiligen unter den ihnen gewidmeten Altären an und die Tatsache, dass sie auf dem Altar liegt, war mit Sicherheit eine nie zuvor da gewesene Neuheit. Die Heilige ist auf einem Lager, mit dem Kopf auf einem Kissen ruhend dargestellt. Sie ist in ein weiches Gewand gehüllt, durch dessen tiefe Falten man den gequälten, geschwächten Körper erahnt. Die rechte Hand auf die Brust gedrückt, so scheint es, als würde ihr ein gewaltiger Schmerz den Atem verschlagen. Im Vergleich zu der der Hl. Teresa von Avila geweihten Skulptur, die sich durch eine süße Ekstase auszeichnet, scheint dieses Werk in ein mystisches Geschehen einzutauchen, das von krampfhaften und unsäglichen Leiden getragen ist. Und wieder einmal frage ich mich, wie der Schöpfer dieses Kunstwerkes zu dieser Einfühlung gekommen ist, die Leid und Seligkeit, die immer die innerste Begegnung mit Gott begleiten, in Marmor abzubilden vermochte.

Gian Lorenzo Bernini mag als Mensch, ebenso wie der Maler Caravaggio, keineswegs als moralisches Vorbild dienen - zu eindeutig waren seine Absichten, wenn es um Geld und Macht ging, aber in Bezug auf seine innere Größe als Künstler, kann keinerlei Zweifel hochkommen.

Tivoli

Lehrstück zum Thema: „Italia, mon amour!“

An einem unserer Romtage beschließen wir nach Tivoli zu fahren und zwar mit dem Zug. Beim Kauf der Biglietti erfahren wir so nebenbei, dass der Zug nach Tivoli über einen Schienenersatzverkehr geführt werde. Wo der entsprechende Bus abfährt, bleibt im Dunkeln. Daher begeben wir uns zunächst zu dem Busparkplatz vor dem Bahnhof und fragen die Buslenker, die hier plaudernd herumstehen. Doch keiner von ihnen weiß etwas von dem Schienenersatzverkehr. „Typisch Ausländer“, denken sie vielleicht, die nicht einsehen wollen, dass Busse nach Tivoli von Ponte Marmolo abfahren. Doch wir ließen uns nicht irre machen und umrundeten den Bahnhof Richtung Osten, wo wieder Busse standen und ein Streifenwagen der Polizei. Und die Polizei, „dein Freund und Helfer“ führt uns tatsächlich zu dem nächststehenden Autobus, der bald in Richtung Tivoli abfuhr. Drinnen war es gemütlich und gleichzeitig lernten wir alle Bahnhöfe in Richtung Tivoli kennen, weil der Bus jeden von ihnen anfahren musste, um eventuell versprengte Bahnbenützer einzuholen. Einer der Fahrgäste regte sich darüber furchtbar auf, weil es ihm sinnlos vorkam Zeit zu verlieren, wenn ohnehin keiner an den Bahnhöfen wartete.

Doch „Vurschrift ist Vurschrift“ - schließlich bogen wir in Tivoli Bagni in eine Seitengasse ein, die an beiden Seiten verparkt war. Keiner der Autobesitzer hat vermutlich an einen Bus gedacht, als sie ihren Wagen hier abstellten - wie auch: Normalerweise fährt die Bahn auf Schienen und nicht auf Gummirädern. Doch der nervenstarke Buslenker reversierte so lange, bis er ohne Kratzer und zerbrochene Spiegel durchkam. Und alle Passagiere jubelten ihm zu und applaudierten. Am Bahnhof „Tivoli Bagni“ war unsere Reise aber noch nicht zu Ende. Ein kurzer Triebwagen nahm uns auf und führte uns eine halbe Stunde lang durch grüne Landschaft, durch Hügelketten und dunkle Tunnels.

Schließlich kamen wir aber doch an, nach zweieinhalb Stunden Fahrzeit. (Der Bus nach Rom brauchte für die Rückfahrt knapp 40 Minuten)

Im Bahnhofskiosk erhielten wir einen Gratisplan der Stadt und eine Einführung in das Verkehrswesen. Zur Villa Gregoriana waren es nur  wenige Minuten Gehzeit - die Villa d’Este lag im Zentrum der Stadt und die Villa Adriana war mit dem orangen Bus Nr. 5 zu erreichen, der von der Piazza Garibaldi abfuhr.

Villa Gregoriana

Zu Zeiten der  römische Republik wurden mehrere Villen im Anienetal gebaut, wie z. B. die Villa von Manlius Vopiscus, die im Jahr 106 von einer großen Überschwemmung des Aniene wieder zerstört wurde und deren Ruinen sich in der Villa Gregoriana befinden. Die Villa Gregoriana befindet sich in einer steilen Schlucht, die den Namen Valle dell’Inferno (Teufelstal) trägt, und die vom Aniene unterhalb der antiken Akropolis von Tivoli in den porösen Kalktuff geschnitten wurde. Der Fluss stürzt hier 120 Meter in die Tiefe. Von den ursprünglich vier Stürzen sind heute zwei übrig geblieben.

       

Die Akropolis oberhalb des Valle dell’Inferno beherbergt zwei Tempel, einen Rundtempel der in das 2. Jahrhundert v. Chr. datiert und einen Pseudoperipteros aus der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Die Zuweisung der Tempel ist umstritten, vorgeschlagen wurden Vesta, Albunea und Tiburnus. Die Parkanlage mit den römischen Tempeln, den Wasserfällen, den Resten römischer Villen und den gärtnerischen Arbeiten finden sich in zahlreichen Landschaftsgemälden, die Tivoli zum Thema haben, wieder. Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurde Tivoli aufgrund dieser Besonderheit zu einer der Stationen der romantischen Grand Tour.

Der Eingang zur Villa befindet sich heute auf Straßenniveau, wo wir auch Tickets und Pläne erhalten. Zudem erklärt uns eine Gymnasiastin in ganz brauchbarem Englisch, wie wir zu gehen hätten, um auf der andere Seite des Teufelstales wieder herauszukommen. Im Grunde ist die Anlage sehr übersichtlich gestaltet und erinnert ein wenig an heimatliche Gebirgsgräben, wo auch überall das Wasser in die Täler stürzt, ohne dass jemand auf die Idee käme seine Staffelei aufzustellen und das Panorama zu malen, wie es hier sehr oft geschah. Doch dieses Tal hat eine lange Geschichte und wurde schon zur Römerzeit wahrgenommen und besiedelt, obwohl der boshafte Aniene sich nicht bändigen ließ, trotz aller Mühen.

Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht war es auch dieses Tal, wo der Hl. Benedikt als junger Einsiedler eine Höhle bezogen hat. Er erlebte sicher noch den künstlichen Teich, den Nero hier im Tal anlegen ließ, was ein fantastischer Anblick gewesen sein musste.

Wir betreten zunächst einen Parkweg Richtung großer Wasserfall. Hier hat die menschliche Hand eingegriffen und zwei Zuflusskanäle aufgemauert, die das Wasser zu einer Mauer leiten, wovon es eine gute Strecke hinunterstürzt. Schon schön! Aber undankbar wie ich bin, strebe ich nach weiteren Sensationen. Die Ruinen des römischen Gesindehauses der ehemaligen Villenanlage sind zwar mächtig und groß, aber schließlich auch nur Ruinen, ähnlich denen, die man schon oft gesehen hat. Doch dann kommt doch noch das Besondere dieser Anlage: der Blick hinauf zu dem Rundtempel und der Blick hinüber zu einem zweistufigen Wasserfall, der sich zeitweilig hinter grünen Schleiern verbirgt. Diesen Blick kenne ich von einigen romantischen Gemälden - und jetzt auch im Original.

          

Zufrieden steigen wir in das Teufelstal hinab und klettern auf der anderen Seite zunächst zur Grotte des Neptuns. Die Formationen der Felsen oder besser des Tuffgesteines beeindrucken sehr, weil sie meistens von üppiger Vegetation bedeckt, oft überraschend und plötzlich, nackt, ihre vielfältigen Formen präsentieren. Die Höhle des Neptuns ist eine dunkle Nische aus dunklem Tuffgestein, interessant, aber nicht besonders eindrucksvoll.

           

Der Weg zum Rundtempel schlängelt sich flach hinauf und bietet immer wieder angenehme Ansichten das Tales und seiner Wasserfälle. Oben angekommen besuche ich noch die Tempelanlage, die sich gut gehalten hat über die Jahrhunderte, egal welchem Gott sie geweiht war.

Nach einem eher leidlich guten Spaghettiessen brechen wir auf zur Villa d’Este, so glauben wir zumindest, doch wir gelangten nicht dahin, weil dank der italienischen Bahndisposition, die Zeit nicht reichte. So beschlossen wir den ominösen Fünferbus nach der Villa Adriana zu suchen. Und wir suchten lange. Zuerst auf der Piazza Garibaldi, die sich wie eine Aussichtsterrasse über einen Hügelabhang ausbreitet. Ein Kinderspielplatz ist hier angelegt, und es ist schön hier. Das nahegelegene Informationsbüro ist tatsächlich besetzt und wir erfahren die Abfahrtszeiten der Busse. Die Tickets gibt es in der nahen Trafik. Also auf und dem orangen Bus nach. Aber wo fährt er weg? Schließlich entdecken wir eine Plattform, wo die blauen Busse in Richtung Rom abfahren und wir fragen uns, ob auch der orange hier Station macht? Schließlich sind wir unserer Sache sicher, weil auch zwei Französinnen hier warten und in die Villa Adriana hinaus wollen. Dass der Bus eine Viertel Stunde zu spät kam, gehörte heute schon zum Tagesprogramm.

Villa Adriana

Doch schließlich waren wir auf dem Zufahrtsweg zur Villa Adriana und legten Tempo vor. Ohne Blick auf den Plan, strebte ich die alten Wege hinauf, um zum Canopus zu kommen. Doch gelang dies nicht auf Anhieb.

Wer sich in der Villa auskennt, weiß, dass sich das Goldene Haus am äußersten Ende der Anlage befindet, wo wir zuallererst gelandet sind. Höhepunkt dieses ehemaligen Palastes ist ein Gebäude von oktogonalem Grundriss mit gekrümmten Seiten, die abwechselnd konkav und konvex ausgebildet sind und jeweils von zwei Säulen gestützt werden. An dessen Rückseite befindet sich ein kleines Nymphäum mit rechteckigen und halbrunden, von Brunnen eingenommenen Nischen - wie muss es hier schön und angenehm gewesen sein… Doch ist jetzt keine Zeit zum Träumen. Wir müssen zurück und mit ein wenig Glück können wir am Canopus, der mich vor Jahren so sehr überraschte und faszinierte, ein wenig verweilen. Nun versuchten wir nach Plan vorzugehen - doch zunächst vergeblich. Doch schließlich schritten wir die Mauern der kleinen Thermen entlang, deren Mauern im beginnenden Abendlicht ihre tiefste Färbung erhielten und standen vor dem antiken Becken, das von Bögen und aufrecht stehenden Säulen umgeben ist. Viel Zeit hatten wir nicht, aber selbst diese Augenblick wurden uns durch eine laute italienisch sprechende FRauenstimme geraubt, die ununterbrochen auf ihren Partner einredete, ohne Rücksicht auf alle anderen Besucher, die hier vielleicht ein Recht auf Konzentration und Ruhe hatten.

   
   

Dennoch hat sich das Ambiente der Villa Adriana wieder bewährt. Was bleibt ist die Erinnerung an einen unglaublich eindrucksvollen Park mit erzählenden Mauerresten, die einen realen Eindruck der einstigen Größe entstehen lassen. Dass ich keine Zeit an der Philosophenmauer zubringen konnte, um mich im Gras an die Gespräche der Alten erinnern zu können, bleibt als Wermutstropfen zurück. Doch vielleicht gelingt es ein anderes Mal den Fünferbus früher zu erreichen und mit Seneca in der Hand, über die Gedanken eines der größten römischen Geister zu reflektieren.

Draußen vor dem Tor der Villa wartet kein Bus. Er kommt wieder mit halbstündiger Verspätung und entlässt uns unterwegs irgendwo in Tivoli. Allerdings gemeinsam mit anderer Touristen, die auch nach Rom wollen. Da wir keine Tickets haben, müssen wir wieder aussteigen und in der nächstgelegenen Trafik welche kaufen. Doch bald kommt ein anderer Bus, der uns in relativ kurzer Zeit zum Ponte Marmolo bringt.

Kapitolinisches Museum

Der Kapitolsplatz, wie wir ihn heute kennen, hat nichts mehr mit der Funktion und der daraus abgeleiteten Bedeutung des Kapitols als religiöses Machtzentrum zu tun. Der zwischen den zwei Hügelkuppen gelagerte Platz ist nach neuzeitlichen, also nicht nach römisch-antiken Plänen gestaltet. Die Neugestaltung des Platzes und der umliegenden Gebäude wurde von Michelangelo entworfen. Nach dem  Sacco  di Roma (1527) lag das Kapitol in Trümmern.

 

               

Rom, eine der reichsten Städte der Renaissance, war auf den Angriff des 24.000 Mann starken Heeres mit deutschen Landsknechten, spanischen Söldnern und papstfeindlichen italienischen Condottieri schlecht vorbereitet, da der Papst kurz zuvor, um Geld zu sparen, große Teile seiner Truppen entlassen hatte. Am 6. Mai wurde zuerst das Borgo, begünstigt durch dichten Nebel, eingenommen, wobei der Herzog von Bourbon fiel. Eine Schwäche in der Mauer wurde von spanischen Truppen ausgenutzt, um in die Stadt einzudringen, worauf der Widerstand der Verteidiger des Borgo zusammenbrach..  Ein Großteil der Schweizergarde (147 von insgesamt 189 Mann) hatte sich auf dem Petersplatz in Stellung gebracht, um den Papast und den HeiligenStuhl zu schützen. Bei der Verteidigung fielen alle. Papst Clemens VII. war in der Zwischenzeit vom Petersdom aus durch den Passettto di Borgo mit 42 Schweizern in die Engelsburg geflohen, wo sie von den Angreifern belagert wurden. Am folgenden Tag wurde, nach gescheiterten  Verhandlungen, der Trastevere, dann  die Brücken und danach das restliche Rom eingenommen. 

Ohne einen von allen Truppen anerkannten Anführer geriet die kriegsübliche dreitägige Plünderung außer Kontrolle, und die Truppen raubten, vergewaltigten, folterten und töteten nach Belieben.  Es wurden Kirchen, Paläste und Krankenhäuser und der Vatikan geplündert und in Brand gesetzt. Viele, besonders Edelleute und Kleriker, wurden gezwungen, enorme Lösegeldsummen zu zahlen, um sich freizukaufen. Einfachere Bürger wurden durch Folter gezwungen, ihre Wertgegenstände herauszugeben. Über neunzig Prozent der Kunstschätze in Rom, darunter die Goldschmiedearbeiten der Kirchen, wurden während der Plünderungen geraubt. Der Wert der Beute wird auf rund 10 Millionen Dukaten geschätzt.

Papst Paul III. (Farnese) genierte sich anlässlich des Besuches von Kaiser Karl V. im Jahr 1536 über den Zustand des Kapitolsplatzes, weshalb er Michelangelo um dessen Neugestaltung bat. Obwohl Michelangelo selbst nur noch die Fertigstellung der Rampe erlebte, hielt man sich auch später genau an seine Pläne: der Platz als solches wendet sich ab vom einstigen Zentrum der Stadt, dem Forum Romanum, das hinter dem Senatorenpalast liegt. Er wendet sich hin zum neuen Zentrum, dem Vatikan.  Michelangelo plante einen öffentlichen Festsaal, der die Antike verherrlicht und deren Formensprache in der Anlage der Palazzi gewürdigt ist.  Durch den Bau des Palazzo Nuovo schuf Michelangelo einen öffentlichen Raum, der zugleich offen und geschlossen wirkt. Die trapezförmige Anlage öffnet sich an beiden Seiten des Senatorenpalastes und leitet über zum Forum. In der Pflasterung befindet sich ein vielstrahliger Stern, das Universum, mit der Sonne und dem Kaiser in der Mitte. Michelangelo stellte damit das Selbstverständnis des antiken Rom dar: „Caput mundi“, Haupt der Welt, mit dem Kaiser als zentraler Figur. Dieses Selbstverständnis übernahmen die Päpste in der Renaissance. Das einmalige Reiterstandbild zeigt den größten Philosophen unter den Kaisern, Mark Aurel. Diese Statue überlebte, weil man sie fälschlicherweise für ein Bildnis des ersten christlichen Kaisers Konstantin hielt. Auf dem Platz steht heute nur noch eine Kopie von Mark Aurels Reiterstandbild. Die Umweltverschmutzung hatte dem Original so sehr zugesetzt, dass man beschloss, das Standbild im Kapitolinischen Museum zu verwahren.

Es ist Montag, als wir beschließen den Kapitolsplatz zu besuchen. Wir wissen oder glauben zu wissen, dass das Museum am Montag geschlossen ist. Doch dann ist das Museum für Besucher offen und wir erledigen die üblichen Rituale, bevor wir in die wunderbare Sammlung der antiken Funde eintreten.

Zuerst wandern wir durch die barocken Räume, deren Decken mit Fresken geschmückt sind und kaum beachtet werden, weil die Kraft der antiken Statuen den Blick des Besuchers in ihren Bann zieht. Am Anfang sind Spitzenwerke des etruskischen Kunsthandwerkes ausgestellt Dann folgen antike Statuen von höchster Schönheit und in einem neuen überdachten Bereich die Originalstatue von Mark Aurel. 

Durch einen neuen unterirdischen Gang gelangten wir in den Palazzo Clementino, der im Gegensatz zum Konservatorenpalast im alten Museumsstil gestaltet ist, d.h. eine große Menge von Exponaten nebeneinander präsentiert, sodass man die Übersicht verliert und schließlich nur den Gesamtraum im Gedächtnis behält.

Doch eine Begegnung wird mir geschenkt, die ich mir sehr gewünscht habe, die Begegnung mit der kapitolinischen Venus. Sie steht abgesondert in einer kleinen runden Nische und ist schön, wie eh und je.

      

Es ist eine sehr keusche Venus, die um ihre Schönheit weiß, sie aber nicht einsetzt, sondern zurückhaltend hinter ihren Händen verbergen will. Sie ist nackt, aber gerade durch ihre Nacktheit wirkt sie geschützt. Vielleicht hat Eva im Paradies auch so eine Wirkung ausgestrahlt? Und wie das möglich ist? Diese Frage geht wieder an den Künstler, der sie geschaffen hat.

Vatikanische Museen und Petersdom

Scheinbar klug und überlegt, war die Bestellung unsere Eintrittskarten für  das Vatikanische Museum via Internet. Jeder Rombesucher kennt sie, die endlose Menschenschlange, die sich an der Außenmauer des Vatikan bilden kann, wenn die Touristen in die Museen hinein wollen. Dem wollten wir entgehen. An sich war es einfach, mittels Internet und einer entsprechenden Agentur die Karten zu bestellen. Doch dass sie um das Doppelte mehr kosteten als direkt am Museum, das war meiner Ansicht nicht gerechtfertigt.

Der Kontakt mit der Agentur war mühelos hergestellt. Man führte uns direkt in die Vorhalle des Museums und überreichte uns die Tickets, das war alles. Da ich schon öfter hier war und den Betrieb kannte, strebten wir zunächst in die Pinakothek, wo ich alte Freunde wiedersehen konnte. So z. B.:

                   

Im offenen Antikensaal war die Situation noch erträglich. Die Laokoongruppe konnten wir länger ungestört betrachten, auch den Apoll vom Belvedere. Doch in den Übergangsräumen wuzelten sich die Leute, sodass an ein Betrachten der antiken Gestalten nicht zu denken war.

Aber schließlich wanderten wir durch den großen Landschaftsgang hinüber zu den Stanzen, die von Raffael ausgemalt worden waren. Dort, in den Räumenselbst, war es gar nicht so schlimm.

Die Befreiung des Petrus aus dem Kerker Parnass
Die Schule von Athen Disputa

 Hier konnte man in Ruhe eine wenig stehen und „Die Schule von Athen“, die „Disputa“ oder den „Parnass“ genauer betrachten und das Original auf sich wirken lassen. Auch gelang es mir diesmal die Stanze des Heliodor intensiver anzuschauen und auch die des Borgo Brandes. Über die Doppelbödigkeit der Stanzengemälde wurde schon viel geschrieben, weil darin in indirekter Weise die Person des Papstes mit den alten Helden und Sympathieträgern verbunden und manchmal sogar gleichgesetzt wird. So reitet Julius II. von links ins Bild, als die Vertreibung des Heliodor (Erzählung im Alten Testament: Heliodor will den Tempelschatz rauben und wird vertrieben) gerade siegreich im Gang ist. Oder wir erkennen in der berühmten Gestalt von Leo I., der Attila erfolgreich von Rom ferngehalten hatte, die Gesichtszüge von Leo X. dem aktuellen Papst in der Landschaft nahe Roms. Auch die Huldigung an Leo IV., der den Borgobrand durch seine segnende Hand zum Stillstand bringt, ist ein Thema, das dem Papstamt Verehrung und Achtung einbringen sollte.

Raffael stand im Dienste des Papstes und hat gemalt, was seine Auftraggeber von ihm gern haben wollten. Doch blieb ihm immer noch das „WIE“ der Gestaltung und die ist aus mehreren Gründen faszinierend. Allein die Einbettung der Fresken in „unmögliche“ vorgegebene Formate gereicht ihm zur Ehren, als einem Meister der Komposition. Schon allein wie er in der „Disputa“ Himmel und Erde zusammenbringt, ohne dass das Ganze peinlich wird, das ist schon ein Wurf. Ähnliches lässt sich über die Gestaltung des „Parnass“ aussagen, wo wichtige und berühmte Leute, seitlich neben einem Fensterrahmen ins Bild hineinschreiten und sich dadurch dennoch keine Störung des Gesamteindruckes ergibt.

Egal was Kunstexperten zu Raffael meinen, zweifellos ist er nicht der übergeordnete Jupiter, wie ihn manche Alten, und unter ihnen auch Goethe, sehen wollten - aber er gehört zu den ganz Großen, zweifellos.

Ein anderer Gigant am Künstlerparnass wartete noch auf uns: Michelangelo. Seine Meisterwerke müssen nicht lange beschrieben werden. Die Decke der Sixtinischen Kapelle und seine Weltgerichtsdarstellung kennt fast jeder, der irgendwie mit Malerei in Berührung gekommen ist. Und das merkt man auch vor Ort. So ein gewaltiges Gedränge, wie in der Sixtinischen Kapelle herrschte, erlebt man nur selten. Von einer ruhigen Beschäftigung oder Betrachtung der gewaltigen Fresken konnte daher keine Rede sein. Dazu kamen ununterbrochene lautstarken Ermahnungen, dass die Leute ruhig sein sollten, weil man sich an einem heiligen Ort befände. Doch wie will man Stille erreichen bei einer zusammengepferchten Menschenmenge, wo selbst die Atemzüge schon ausreichen, um einen gewissen Grundlärm zu erzeugen? Eine Paradoxie, die nur hier erlebt werden kann. Und obwohl ich die Fresken seit vielen Jahren kenne, sie liebe und schon als Schülerin Abbildungen davon besaß, möchte ich jetzt nur weg. Ade, du kraftvoller und mächtiger Weltenrichter, ade Gottesmutter, die von dem Geschehen nahezu erdrückt wird, weil es zu groß und zu mächtig ist, was hier geschieht, ade Adam mit dem reinen Paradiesesgesicht. Ich gönne den Anderen euren Anblick, aber ich will nur von hier weg, diesem Gedränge entfliehen. Dann schon lieber abgewiesen werden, wie in der Villa Borghese, als vor den Kunstwerken zu stehen und zu leiden, weil ich mit Herz und Gefühl nicht hinreichen kann zu den Bildern, zu den Inhalten, zum Schöpfer dieser Apotheose einer zukünftigen Wirklichkeit, die kein anderes Mal so gültig Ausdruck fand, wie hier in der Sixtina.

Der Rückweg gestaltet sich mühsam für uns, weil wir schon sehr müde sind nach einer vierstündigen Museumswanderung. Der Gang zurück ist von bestechender Schönheit, gestaltet mit vielen bunten Ansichten und Szenen, umrahmt von Goldleisten und Stuckaturen. Dazwischen fliegen Vögel und ranken sich Blätter und Blumen von den Wänden. Hier ist gut sein, auch gibt es hier nicht so viele Menschen. Der Wille ist da, aber die Füße wollen nicht mehr. So schlendern wir den Gang entlang, ohne viel auf die kleinen Kostbarkeiten zu achten, die den Gang in Vitrinen begleiten. Unser Plan wäre zurückzukommen und vom Ende des Ganges her das kirchliche Museum zu besuchen. Doch daraus wird leider nichts. Als wir nach einem Kaffee und Kuchen zurückkommen und lange diesen unscheinbaren Eingang gesucht haben, tritt uns der Wächter des Tores mit einem unbarmherzigen „No entry!“ entgegen. Auch bittende Hände helfen nichts und daher werde ich das nächste Mal auf die Pinakothek verzichten müssen, um für die kleinen Kostbarkeiten dieses Ganges noch Kraft zu haben. Es heißt nicht umsonst „Vatikanische Museen“ - es sind wirklich mehrere Museen hier zusammengeführt, die der Aufmerksamkeit des Betrachters eine äußerst hohe Latte von Konzentrationsvermögen legen.

Der Petersdom

Das bedrückendste Erfahrung unseres Rombesuches war zweifellos unser Gastspiel im Inneren des Petersdomes, weil mehr war es nicht. Es fehlte nahezu alles, um irgendwie zu einer inneren Begegnung mit dem Raum zu kommen, der das bauliche Zentrum des Christentums repräsentiert. Zum einen waren unzählige Besucher gleichzeitig mit uns hier, die sich zwischen den Mittelschranken und den abgesperrten Seitenkapellen in alle Richtungen drängten, zum anderen waren wir von allen religiösen Begegnungen nahezu abgeschnitten. Von einem Besuch der rechten Seitenkapelle, wo das Eucharistische Brot zur Anbetung ausgesetzt ist und eine ruhige Atmosphäre zum Beten einlädt, kommen wir gar nicht hin. Zu viele Menschen drängen sich in dem Strom, der nach vorne zum Altar und ins Zentrum des Domes strebt.

                    Hl. Ignatius von LoyolaBlick in die Kuppel                         Grabmal Julius II.Weihwasserbecken von Barockengeln gehalten

 Auf der Piazza Navona nimmt man das Gedränge zur Kenntnis und sieht es auch ein, da es sich hier um einen Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten handelt. Doch im Petersdom handelt es sich um einen heiligen Ort, der durch die Gegenwart der Vielen, die nur das bauliche Denkmal sehen wollen, profaniert wird.

Schließlich gelingt es uns in der linken Seitenkapelle, direkt neben dem Altar, zur Anbetung niederzuknien und ein paar Minuten zu verweilen. Geschützt durch einen jungen Beamten, der nur Beter in den offenen und wenig anheimelnden Raum, hineinlässt. Später betrachten wir das berühmte von Bernini geschaffene Grabmal von Julius II. aus der Ferne, weil abgesperrt, dasselbe erleben wir bei der Taufkapelle; und die Pieta, ist überhaupt nur aus mehreren Metern Distanz zu erblicken. Doch wirklich traurig macht mich die Tatsache, dass wir auch das Grab von Johannes Paul II. nicht besuchen können. Allerdings erhaschen wir genau vor seiner Grabkapelle einen Blick auf den Einzug einer Reihe von geistlichen Würdenträgern, die sichtlich zu einer Begräbnisfeier schreiten, da ein Sarg inmitten des Raumes noch kurz davor sichtbar war. Doch dann wird der Vorhang vor der Kapelle zugezogen und wieder heißt es draußenbleiben.

Was bleibt ist ein überwältigender Raumeindruck, die Figuren des Hl. Don Bosco über der Petrusstatue und der Blick auf die großen Heiligengestalten rund um den Kuppelraum, sowie der Blick hinauf in die Höhe, wo das goldenen Spruchband allen Widrigkeiten trotzt:  "TU ES PETRUS…“

Vielleicht sollte man die Besucher um ihren Taufschein bitten und gleichzeitig das Glaubensbekenntnis sagen lassen - ich denke, dass mit dieser „ketzerischen Regelung“ die Zahl der Besucher auf eine vernünftige Zahl zu bringen wäre. Doch …

                 

Draußen vor dem Tor grüßen uns viele Reihen leere Sessel. Allerdings bemerken wir, dass am Osttor des Petersdom ein Eingang zu den Vatikanischen Museen aufgemacht wurde und davor gibt es keine Menschenschlange - also für das nächste Mal..

Noch ein Wort zu unserem Quartier: wir durften in der römischen Niederlassung der Resurrektionisten wohnen.

Die Resurrektionisten wurden im Februar 1836 von dem Polen Bogdan Janski in Paris gegründet und zählt weltweit über 450 Ordensmitglieder. Bogdan JaÅ„ski und seine Freunde, , hatten das Ziel, dem in der Gesellschaft vorherrschenden Materialismus und Hedonismus Widerstand zu leisten und durch die Arbeit in den Pfarreien und durch die Jugenderziehung der Gesellschaft den Weg zum Evangelium Christi zu zeigen.

Es ist ein älteres zweistöckiges Gebäude, wo wir untergebracht waren, das mitten im Zentrum, nahe bei der Spanischen Treppe liegt. Da sich das Haus an einen Hügel schmiegt, gab es von der Terrasse einen unglaublichen Blick über die Stadt, dessen Schönheit sich bei Sonnenuntergang noch steigerte und in ein Traumbild verwandelte.

                 

Anmerkung:

Die historisch inhaltlichen Kursivtexte sind hauptsächlich dem Lexikon von WIKI entnommen. Dazu kommen Texte aus kleinen Beschreibungen zu den einzelnen Kirchen(Lateran, Santa Prassede, Santa Clemente und Santa Cecilia) Einige der Bilder habe ich aus den Sammlungen der Fotos zu einzelnen Themen übernommen. Da sie nicht gekennzeicnet waren, konnte ich nicht vermerken, wer der Fotograf war - sollte ich irgendjemandes Rechte verletzt haben, dann bitte ich um ein Mail, damit ich die Sache bereinigen kann.

 

 

 

 

 

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