Irene Kohlbergers SALVETE

Auf den Spuren von Teresa v. Jesus und Johannes v. Kreuz

Spanien 5. Juli bis 14. Juli 2014

Auf den Spuren von Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz

Samstag nachmittags kommen wir in Madrid an und werden mit dem Bus nach Norden, nach Avila gebracht. Wir fahren auf einer dreispurigen Autobahn und haben nahezu alle Fahrspuren zur freien Verfügung – ein EU Projekt, das offensichtlich nur der Bauwirtschaft geholfen hat und vielleicht noch dem Lastverkehr. Die PKWs, die manchmal darauf unterwegs sind, sind in der Mehrheit sehr groß und zeugen vom Reichtum ihrer Besitzer. Aber das nur nebenbei.

Unterwegs, etwa 60 km nordwestlich der Hauptstadt erhebt sich der berühmte Komplex des Monasterio de San Lorenzo de Escorial. Einige Kilometer weiter nördlich des Escorial erblickt man ein riesiges Kreuz über dem Valle de los Caidos, das General Franco 1940 für die Gefallenen seine rechtsradikale Falange Partei errichten ließ. Das 150! Meter hohe Kreuz überragt weithin sichtbar die Landschaft, so als wollte sich Franco des Kreuzes als private Siegesstandarte bemächtigen. Wie dieses Zeichen wohl von den heutigen spanischen Bürgern erlebt wird?

Teilweise unterirdisch windet sich die Autobahn nach Norden über die Hügelkette der Sierra Guadarama und später über einen Stausee, der vom Rio Adaja aufgefüllt wird.

Und dann taucht sie vor uns auf, die Stadt aus Granit, die auf einen Granitfelsen aufgebaut ist. Der Anblick der gleichmäßig mit halbrunden Türmen befestigten Stadtmauer, die sich uns vor über einem grünen Teppich in ockerfarbenem Glanz erhebt, überrascht und fasziniert mich mehr, viel mehr, als erwartet. Die Mauer ist 2500 Meter lang und komplett erhalten. Sie wurde im 11.Jh. in nur neunjähriger Bauzeit errichtet und durch 88 Türme verstärkt. Später wurde auch die gotische Kathedrale von Avila zu einem Teil der Befestigungsanlage, indem man mit dem Chor der Kathedrale die westlich Stadtmauer durchstossen und diesen halbkreisförmig neu ummauert hatte, wodurch eine Art breiter Turm entstand. In die Stadt gelangt man durch neun Stadttore, die architektonisch unterschiedlich gestaltet sind und sehr sprechende Namen besitzen, wie z. B.Puerta de San Vincente, Puerta del Peso de la Harina, Puerta de la Santa und Puerta del Rastro.

                   

Fotos: Leo Wagensommer

Wir halten beim Bildstock Los Cuartos Postes und blicken auf die Stadt, die sich majestätisch und scheinbar uneinnehmbar vor uns erstreckt. Ein wenig später hält der Bus außerhalb der Stadtmauer und wir holpern mit unseren Koffern über alte Pflastersteine ein kleines Stück hinauf zum Konvent Casa de Santa Teresa, der ein Gästehaus beherbergt, wo wir die nächsten Tage verbringen werden. Das Gästehaus befindet sich in den Räumen des Karmeliterklosters der Brüder der Unbeschuhten Karmeliten und wurde auf dem Terrain des Geburtshauses von Teresa von Jesus errichtet. Die ursprüngliche Anlage des Hauses wurde 1636 abgetragen und darüber eine Kirche im Stil der Barocke und ein Konvent errichtet.

          

In der Mitte des Klosterhofes wächst eine riesige Zeder kerzengrade in den Himmel. Darunter blühen Rosen; auch gibt es einige Grünflächen, die eifrig bewässert werden. Über dem Ganzen ziehen unzählige Schwalben ihre Kreise, zwitschernd und offensichtlich froh über die reiche Beute an Insekten, die sich im Schutz der Mauern  entwickeln konnten. Auch die Tauben beleben mit ihrem Gurren die Stille des Klosterhofes, der uns besonders in der morgendlichen Kühle durch seine Licht- und Schattenspiele fasziniert und erfreut.

Am Nachmittag des Ankunfttages wandere ich durch die Stadt und lande zunächst auf der Plaza de la Victoria. Das Rathaus aus dem 19.Jh. begrenzt den Platz im Norden und trägt alle Merkmale eines historistischen Bauwerkes: Glatte Fassade mit hohen Fenstern, die mit Stuckelementen umrahmt sind. Zwei seitliche Türme, die den Bau nach oben abschließen – ein Glockenturm als Schmuckelement im Zentrum, der die Fassade in zierlicher und  filigraner Weise nach oben hin bekrönt. Im Süden schneidet ein freistehender Portikus den Platz, über dessen Funktion ich keine Auskunft erhalten konnte.

Danach schlendere ich zögernd durch die verwinkelten Straßen, die von einstöckigen Häusern gesäumt sind. Es sind meist glatte Fassaden, schlicht und keineswegs pittoresk, wie man das von einer Stadt erwarten könnte, die von einer intakten mittelalterlichen Mauer umgeben ist. Doch sind viele Jahrhunderte über die Stadt hinweggegangen und der Bestand der „normalen Häuser“ hat sich offenbar immer wieder erneuert. Was allerdings geblieben ist, das sind die Adels Paläste, die fast alle aus dem 16.Jh. stammen, wo die Könige hier in Avila ihre Sommerresidenz aufschlugen. 

Den ersten Palast, der mir auf meinem Ausflug begegnet, ist der Palast der Poletinos, der aus dem 16.Jh.stammt, wo heute das militärische Generalarchiv untergebracht ist. Eine üppige Dekoration umgibt das Tor, das nach oben hin in einen Gusserker ausläuft. Großartig wirkt das Ganze, aber eher kalt und unharmonisch. Besonders der Gusserker wirkt durch seine isolierte Aufgesetzheit übergewichtig und bedrohend. Die Linien und Maße des Torbogens und im Rankenwerk verwobenen Wappen, verraten allerdings eine sichere Hand des Gestalters, der sich aus dem Fundus der Renaissance - Dekoration geschickt bedient hat.

Nach dem Abendessen spaziere ich durch die Puerta de la Santa vor die Stadt und betrachte das Verglühen der Sonne am Horizont, die mit ihren letzten Strahlen die ockerfarbenen Steine der Stadtmauer zum Leuchten bringt. Knapp vor den steilen Mauern jagen unzählige Schwalben in kreisförmigen Flugbahnen ihrer Abendnahrung nach. Sie zwitschern unablässig und weben einen nahezu unendlichen Teppich aus Bewegung und hohen Tönen. Ich setze mich zwischen die Felsen, die zur Basis der Stadtmauer geworden sind und beobachte die Szenerie, die sich in einem fort wandelt und doch immer wieder ein ähnliches Bild entstehen lässt. Die Sonne ist mittlerweile längst untergegangen und mit ihr das helle Tageslicht. Die Dämmerung ist kurz und bald brechen Strahlenbündel aus den umgitterten Scheinwerfern, um die Stadtmauer ins „beste Licht“ zu rücken. Hier könnten man großartige Schattenspiele inszenieren, denke ich, aber die Bühne ist zu groß und es fehlen die Schauspieler.

Fotos: Leo Wagensommer

Auf der weiten Treppe, die zu einem kleinen Mauerdurchlass führt, sitzen zwei Mädchen und plaudern. Wie viele jungen Leute hätten auf dieser Treppe Platz, so frage ich mich, und erinnere mich an die vielen Treppen in Italien, wo Abend für Abend junge Leute zusammenkommen. Aber hier gibt es diese jungen Leute nicht oder sie sind vielleicht woanders….

Ávila ist eine sehr alte Stadt, worin sich sogar noch Spuren der Kelt-Iberer finden. Sicher ist, dass seit der römischen Zeit die Stadt ununterbrochen besiedelt war. Unter den Westgoten gehörte sie aufgrund ihrer Nähe zur Hauptstadt Toledo, zu den wichtigsten Städten des Königreichs. Vom 8. bis zum 11. Jahrhundert war Ávila maurisch. Die Lage im umkämpften Grenzland zwischen moslemischer und christlicher Welt (Kastilien = Land der Burgen) verhinderte zunächst eine wirtschaftliche Blüte, doch wurde gerade um diese Zeit die Stadtmauer errichtet, um einen gesicherten Stützpunkt innerhalb der umkämpften Gebiete zu schaffen. Aus dieser Zeit stammen auch die wundervollen romanischen Kirchen, die innerhalb und außerhalb, in der Nähe der Stadtmauer, errichtet wurden. Als sich im 15.Jh die Kämpfe weiter nach Süden verlagerten und die Araber schließlich 1492 aus Spanien vertrieben wurden, erreichte die Stadt ihren wirtschaftlichen und kulturellen Höhepunkt, der während des ganzen 16. Jahrhunderts andauerte.  Pest, die Vertreibung der  Morisken, d. h. der getauften Mauren, die Auswanderung nach Amerika und die Abwanderung des Adels nach Madrid bewirkten Ávilas Verfall, von dem sich die Stadt seit dem 19. Jahrhundert nur langsam erholt hat. Seit 1985 ist Avila ein Weltkulturerbe der UNESCO

Am nächsten Morgen bin ich wieder draußen vor dem Tor und begegne einigen Hunden, die hier mit ihren menschlichen Begleitern promenieren. Doch mich zieht es zu den Schwalben, die mit ihrem Zirpen und sparsamen Flügelschlag schon wieder unterwegs sind und die Luft rund um die Mauer mit ihren "loopings" durchpflügen.

        

Museo de Santa Teresa

Heute steht der Besuch des Museo de Santa Teresa, das in der Krypta des Klosters untergebracht ist, auf dem Programm. Es ist ein riesiger Raum, der durch Granitsäulen und Ziegelgewölbe in kleine Einheiten unterteilt ist. In diesen Räumen sind in einfühlsamer Weise wichtige Dokumente und zeitgenössische Gegenstände aufgestellt, wovor man stundenlang verweilen könnte. Aber wir sind eine Gruppe und haben nicht viel Zeit. Am meisten faszinierte mich hier die Nachbildung der Klosterzelle, wo die Heilige ihre Tage und Nächte verbrachte. Besonders eindrucksvoll der niedrige Tisch, besser der Ziegelquader, von etwa 40 cm Höhe, der in einer Raumecke eingelassen war, wovor die Heilige Tag für Tag stundenlang kniete, um ihre Werke und ihre vielen Briefe zu schreiben. Mir tun schon beim Hinschauen die Gelenke weh, weil beim langen Knien die Riste der Füße unweigerlich zu schmerzen beginnen und die Beine in dieser Position nichts anderes tun können, als einschlafen. Und wie sich das anfühlt, wenn man wieder aufstehen muss, das kennt jeder von uns.

Einer der letzten Räume gibt eine Übersicht über die großen Töchter und Söhne des Ordens. Portraits und lebensgroße Fotos, die mehr oder weniger gelungen sind, geben Aufschluss über ihr menschliches Angesicht. Ihre seelische Größe können wir nur erahnen, wenn wir ihr Leben und ihre Schriften genau studieren und bereit sind, so wie sie ganz in der Gegenwart Gottes zu leben….

Das Kloster selbst, wo wir untergebracht sind, ist auf dem Areal des Elternhauses von Teresa errichtet. Es war in den Jahren 1629 bis 1636, als man die glorreiche Idee hatte das Haus abzutragen, und auf dem Areal ein Kloster samt Kirche zu errichten. Eine eigene Kapelle wurde über dem Schlafzimmer der Eltern errichtet, wo Teresa im Jahre 1524 das Licht der Welt erblickte. Die Kirche selbst zeigt eine klassizistische Fassade mit barocken Schmuckelementen. 

                    

Über einem drei bogigen Portikus erheben sich vier gleich hohe Geschoße. Im untersten schmückt die Gestalt der Heiligen Teresa die Bogennische, die von verschiedene Wappen flankiert wird. Besonders eindrucksvoll erlebt man als Betrachter die Vertikalgliederung der Fassade durch Pilaster aus groben und großen Granitwürfel, die durch die breiten Fensterumrahmungen aus demselben Material harmonisch ergänzt wird. Ähnlich angenehm wirkt die Auflösung der Fassade nach oben hin, durch die sich verjüngenden Glockentürme. Zum Thema Geläute dieser und auch anderer Kirchen wäre anzumerken, das es durch von außen anschlagende Klöppel erzeugt wird. Naturgemäß schwingt der Glockenkörper dabei nicht als Ganzer mit, wodurch das Geläute überaus dünn und so gar nicht glockenhaft wirkt. 

Im Innenraum dominiert die Bildschnitzkunst des Barocks, die mehr oder weniger harmonisch, mehr oder weniger vergoldet, nach meiner Einschätzung schlicht als provinziell zu bewerten ist. Ich denke, dass die Holzschnitzer der spanischen Barocke einfach nur fromm waren – was an sich wichtig wäre – aber in künstlerischer Hinsicht keine Eigenständigkeit entwickelten und nach Schema arbeiteten. Immer wieder finden sich in und auf den spanischen Barockaltären dieselben starren Gestalten, denen an Armen und Beinen meist ein Bewegungsduktus aufgezwungen wird, der nicht aus der Wirbelsäule kommt und dadurch dem Ganzen noch mehr Künstlichkeit verleiht. Dazu kommt eine Überfülle von Dekoration, die sich in vergoldeten Nischen, Säulen, Rankenwerk und Bilderrahmen niederschlägt. Ein Bild im Goldrahmen ist gut, wie gut müssen aber erst viele gold gerahmte Bilder wirken? Antwort: Furchtbar!

St.Jose

Ein wichtiger Meilenstein im Leben Teresas war die Gründung des Klosters St. Jose, wo sie die ruhigste und schönste Zeit ihres Lebens verbrachte, wie sie später einmal schreiben wird. Auch hier gibt es ein kleines Museum, das wir zunächst einmal aufsuchen. Hier hängt ein Franziskus von Zubaran, was mich sehr, sehr freut und auch noch andere künstlerisch wertvolle Bilder. Dazu kommt wieder eine Nachbildung der Zelle von Teresa; diesmal ist der Schreibtisch gleichzeitig eine Fensterbank, auch von etwa 40 cm Höhe. Daneben sieht man den Sarg, worin die Heilige ursprünglich lag. Ein vornehme schlichte Holzkiste, die mir viel mehr zusagt, als der pompöse Sarkophag, der heute in Alba de Tormes ihre irdischen Überreste birgt. Dann gibt es hier noch einen Reitsattel für einen Esel, der ihr gehörte, eine Bücherkiste, worin sie ihre Schriften versperren konnte, eine Decke und…

                  

                   Nachbildung der Klosterzelle von Teresa

Später besuchen wir die Kapelle, die ursprünglich als erste Konventskirche diente. Sie ist von kleinem Ausmaß und umfasste zu Teresas Zeiten wahrscheinlich nur den Raum der heutigen Apsis. Eine Holzdecke im Mudejarstil – den genauen Fachausdruck für diese Art der Konstruktion kenne ich nicht – bedeckt Chor-und Gemeinderaum. An den weißgekalkten Wänden hängen Ölbilder, der dritten Malergarnitur. Dazu kommt eine Statue des Hl. Joseph und der Gottesmutter Maria. An der linken Seite des Chores bedeckt ein „modernes Schutzgitter“ den Durchbruch zum ehemaligen Nonnenchor. Es ist aus groben Eisenstangen und mit spitzen Dornen bewehrt. Zweifellos eine Idee des 19.Jh., die hier umgesetzt wurde – davon bin ich überzeugt.

                   Erste Konventskirche

 Dennoch ist in diesem, eher lieblos gestalteten Raum, eine dichte religiöse Atmosphäre spürbar. Warum? Wodurch? Darüber könnte man zweifellos ins Grübeln kommen. Pater Ulrich erzählt uns hier, vor Ort, einige Details über diese Klostergründung, die er aus dem Fundus seiner langjährigen Studien schöpft und wir freuen uns, gerade hier und vor Ort darüber zu hören.

Bei der Renovierung der Klosteranlage im 17.Jh. wurde auch eine neue Konventskirche errichtet, die wir im Anschluss besuchen. Die architektonische Anlage der neuen Kirche inmitten des alten Mauernbestandes verrät große Einfühlung und ist als geglückte Lösung zu betrachten. Vor der schlichten Hauptfassade des einschiffigen Krichenbaues öffnet sich ein großzügig gestalteter drei bogiger Portikus, der von einem gleich hohen Giebelfeld überragt wird, worin eine mehr als lebensgroße Figur des Hl. Joseph eingefügt ist. In das Langhaus münden mehrere Kapellen, worin sich die Grabstätten von Lorenzo, einem Bruder von Teresas, des Bischofs Alvaros de Mendoza und der Familie Guillamas befinden. Ein Jahr nach ihrem Tod verblieb auch der Leichnam Teresas in dieser Kirche, bevor er nach Alba de Tormes überführt wurde, wo ihre Gebeine bis heute in einem prächtigen Sarkophag untergebracht sind.

        

Der Hauptaltar enthält als zentrale Figur die Gestalt des Hl. Josef im majestätischen Gestus. Er trägt eine Krone am Kopf, wie auch der Jesusknabe auf seinem Arm. Die Figur wirkt im Gegensatz zu vielen anderen, sehr lebendig und ansprechend. Da sich im Gesamtkonzept des Altaraufbaues nur der Hl. Joseph als Figur und alle übrigen Heiligen auf Ölgemälden präsentieren, entsteht ein harmonisches Ganzes, das zudem durch schlichte Säulen und sparsam verzierten Goldumrahmungen unterstrichen wird. Hier hat ein Architekt gewirkt, der wusste, dass „Maßhalten“ zu einer künstlerischen Arbeit wesentlich dazugehört.

 Kloster der Menschwerdung

     Foto: Leo Wagensommer

 Das Kloster der „Menschwerdung“ – „La Encaranacion“ – das 1515 seiner Bestimmung übergeben wurde und bis heute ein Karmelitenkloster für Nonnen geblieben ist, liegt im Westen und knapp außerhalb der Stadt. Wir machen uns anderntags am Vormittag auf, um den Weg zu gehen, den Teresa im Jahre 1535 mit ihrem Bruder zurücklegte, um in das Kloster der damaligen Karmeliterinnen aufgenommen zu werden. Die Anlage des Klosters hat auch noch heute nichts von der Schlichtheit und Nüchternheit des 16.Jh. eingebüßt, obwohl im 18.Jh. die Kirche einer Restauration unterzogen wurde. Die barocke Fassade und die Neugestaltung des Innenraumes zeugen von diesem architektonischen Eingriff. Doch blieben in dankenswerter Weise die ursprünglichen Chöre, die Kommunionbank, der Beichtstuhl des Hl. Johannes vom Kreuz und Teile ihrer Zelle im Originalzustand erhalten.

Beichtraum von Johannes vom Kreuz  Klosterzelle Teresas in der Menschwerdung

 Ein anderer faszinierender Raum ist das Sprechzimmer, das auch noch gut erhalten auf ihre Gespräche mit den Großen ihrer Zeit hinweist. Auch findet sich in einem der kleinen Räume der Hinweis auf eine „Sacra Conversatione“, wo Teresa und Johannes vom Kreuz in ihr Gespräch vertieft, sich gleichsam von der Erde lösten und schwebten.

Noch viele Spuren zeugen in den Räumen von der Gegenwart der Heiligen: z. B. das Eingangstor zum Kloster, wo sie unzählige Male aus-und eingegangen ist, um in die Stadt zu eilen und Personen zu besuchen, die sich als „Wohltäter“ (Geldgeber) des Klosters erwiesen haben. Im kleine Museum des Klosters sind persönliche Gegenstände der Heiligen aufbewahrt, die sehr große Bedeutung in ihrem Leben zukamen.

          

                     Foto: Leo Wagensommer

So z. B. die Gestalt eines Schmerzenmannes, dessen Anblick einmal eine ganz tiefe religiöse Erfahrung in ihr bewirkte. Ich kannte dieses Ereignis schon lange aus ihren Schriften und stellte mir dabei ein etwa 50cm große Holzstatue vor, so wie sie in unseren Kirchen zu finden sind. Doch erlebte ich eine gewaltige Überraschung als ich die kleine Figur zu Gesicht bekam, die kaum 20cm groß in der Vitrine aufbewahrt wird, wo alles Mögliche sonst noch gezeigt wird. Doch war die – besser ist – die Gestalt von einer künstlerischen Schönheit, Lebendigkeit und Ausdruckskraft, die mich auch ohne das Wissen um deren mystische Bedeutung in ihren Bann gezogen hätte. Schon allein der Gestus der Arme und die Hände selbst zeugen von einer hohen künstlerischen Einfühlung, die der ganzen Gestalt von ihrem Meister mitgegeben wurde.

          Foto: Leo Wagensommer

Eine Zeichnung des gekreuzigten Christus von Johannes vom Kreuz ist die zweite Kostbarkeit des Museums, auch diese winzig klein – viel kleiner als ich sie mir vorgestellt habe, dennoch gültig,. Christus hängt nicht mit dem steifen Rückgrat darauf, wie fast alle geschnitzten und gemalten Kruzifixe es zeigen – zumindest jene, die ich bis heute kenne – sondern mit angewinkelten Beinen, den Oberkörper weit nach vorne gebeugt. Diese Haltung ist es, die stimmt, die ohne Rücksicht auf den Betrachter, den Gefolterten zeigt, wie er versucht dem furchtbarem Schmerz und dem Erstickungstod auszuweichen.

 Hl. Johannes vom Kreuz, wie hast du diese Vision deines geliebten Meisters ausgehalten?

 San Pedro

Auf dem Rückweg vom Kloster der „Encarnacion“ berühren wir wieder die Kirche San Pedro. Der Bau der Kirche begann im 1100, wurde aber erst im 14. Jh. vollendet. Es ist ein überaus schlichter Bau. Über dem Portal mit seinen ungeschmückten Archivolten – romanischen Zuschnitts – durchbricht eine Rosette den Giebel der Fassade. Zur Beleuchtung der Seitenschiffe dienen schlichte Rundfenster, die aus dem architektonischen Fundus der Romanik stammen. Eine besondere Freude machen mir die romanischen Schmuckelemente an der Apsis außen, wo einfache Flechtbänder die glatten Mauern strukturieren und kurze Säulen mit Figurenkapitellen die Fenster umrahmen.

                       

Das Innere bleibt mir verwehrt, weil ich es zeitlich nicht schaffte, zu den Öffnungszeiten hier zu sein. Doch bin ich nicht allzu traurig darüber, weil im Inneren sicherlich wieder die spanische Barockkunst ihre fröhlichen Urständ feiert. So bleiben mir nur mehr die Löwen, die im 16. Jh. rund um die Kirche als Wache aufgestellt wurden.

San Vicente

Völlig anders verhält es sich mit der Kirche San Vicente. Der Überlieferung nach wurde San Vicente über dem Platz errichtet, wo man die leblosen Körper, der zu Tode gefolterten Geschwister – Vicentius, Christeta und Sabina – hingeworfen hatte, weil sie sich geweigert hatten, den heidnischen Göttern zu dienen. Ein Jude, der dabei war, ihre Gräber zu schänden, wurde von einer Schlange angegriffen. Von diesem Ereignis erschüttert, bekehrte er sich zum Christentum und finanzierte mit seinem Vermögen den Bau einer Kirche zu Ehren der drei Märtyrer. Die Kirche San Vicente, das wichtigste und beeindruckenste romanische Bauwerk von Avila, wurde außerhalb der Stadtmauer ganz in der Näher der Kathedrale errichtet. Ihr Bau begann Ende des 11. Jhs., als Raimund von Burgund den königlichen Auftrag zur Wiederbevölkerung von Avila nachzukommen strebte. 1109 waren bereits ihre drei eleganten Apsiden, die Flügel der Vierung, die Krypta, Teile der Schiffe und einige Tore fertig gestellt – alles im Stil der Romanik. Dann vergingen einige Jahrzehnte ohne wesentliche Fortschritte, bis im 13.Jh. wieder weitergebaut und die Kirche im 14. Jh. schließlich vollendet wurde.

        

 Der Bau erhebt sich über dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes, mit drei Schiffen. An der nördlichen Seite der Kirche erhebt sich eine überdimensionierter Portikus, dessen Funktion mir nicht wirklich einsichtig ist, da er im Bereich der Türme nicht mehr überdacht ist und sich nur mehr das Bauskelett erhebt. Das geschlossene Osttor besticht durch ein dreistufiges romanisches Portal mit figural geschmückten Archivolten. Am linken Gewände ist die Verkündigungsszene dargestellt, an dem rechten Gewände sind männliche Gestalten eingefügt, die ich nicht eindeutig zuordnen kann. Sind es Propheten? König David? Heilige? Auf jeden Fall sind die Figuren im reinen Stil der französischen Kathedralplastik gestaltet. Glatt anliegende Gewänder, eleganter Faltenwurf, harmonische Größenverhältnisse und idealisierte Gesichter. Ich stehe bewundernd davor und freue mich auch an dem guten Zustand der Figuren, die durch den großen Portikus über die Jahrhunderte gut geschützt wurden.

        
                                             

Das Portal der Hauptfassade kann als absoluter künstlerischer Höhepunkt seiner Zeit gelten. Der Portalaufbau geschieht in fünf Archivolten, die durch Figuren und dazugehörige Säulen und Baldachine unterbrochen, bzw. geschmückt sind. Es sind die Gestalten der 12 Apostel, die hier über die Jahrhunderte hinweg den Kircheneingang bewachen und in ihrer Schlichtheit eine meisterliche Hand aus dem Stein herausgemeißelt hat.

Ein etwas ungewöhnlicher Einfall erscheint mir das zweigeteilte Tympanon, worauf Szenen aus dem Leben des Lazarus dargestellt sind. Die Figur des Weltenrichters in majestätischer Pose am Mittelpfeiler ist wieder ganz im frühgotischen Duktus gestaltet – einfach wunderschön und berührend. Im Einzelnen wiederholt sich auch hier das bereits Gesagte über die handwerkliche Durchformung der Figuren. Dazu kommt aber noch ein reich dekoriertes Sims mit Tieren verschiedenster Art, die den Raum des Portals nach oben hin abschließen.

       

Der Innenraum ist im klassisch romanischen Duktus gehalten. Die Gewölbe sind einfache rippenlose Kreuzgewölbe, die in Gurtbogen einmünden und durch einfache Rundsäulen abgestützt sind. Dazu kommen allerdings phantastische Verzierungen der Säulenkapitelle, wo keines dem andern gleicht. Nicht nur die großen Stützsäulen tragen Kapitelle, die von verschiedensten Pflanzen und exotischen Tieren geschmückt sind, sondern auch die Blendarkaden an den Seitenwänden der Apsiden, die sicherlich zum ältesten Teil des Kirchenbaus gehören. Im Grunde kann ich mich nicht satt sehen an den Einfällen, die hier zu Stein geworden sind.

Ganz unerwartet trifft mich eine künstlerische Besonderheit der Kirche, die ihresgleichen sucht: Das Grabmal der drei Märtyrergeschwister, das im 12. Jahrhundert geschaffen wurde. Im Grunde ist es eine steinerne Truhe, die mit Reliefs geschmückt ist und Szenen aus der Märtyrerlegende und die Geschichte der Hl. Drei Könige wieder gibt. Photographieren mit Blitz verboten. Das ist klar, weil die Farben darunter verblassen können. Aber wie soll man in diesem dunklen Raum zu einem ordentlichen Foto kommen?

Ich möchte so gern Bilder machen und den Eindruck, den diese bunten Steingestalten auf mich machen, einfach festhalten. Nur selten habe ich in Museen bemalte romanische oder gotische Plastik zu Gesicht bekommen. Und hier gibt es eine so wunderbar erhaltene Grabstätte. Doch mein Schutzengel lässt mich nicht im Stich und plötzlich flammen Scheinwerfer auf und setzen die Grabstätte ins Licht. Fürsorgliche Touristenmanager haben einen Automaten installiert, der um einen Euro der Fotosucht zu genügen sucht.

In die Krypta, wo Teresa oft zur Muttergottes gebetet hat, darf ich nicht hinunter – sie ist verschlossen. Trotzdem bin ich sehr dankbar, dass ich hier sein darf und versinke in der Betrachtung von Einzelheiten dieses mystisch-schönen Kirchenraumes.

Kathedrale von Avila

Die Kathedrale von Avila gilt als erste gotische Kathedrale Spaniens. Errichtet in der Pufferzone zwischen christlichem und arabischem Königreich, musste sie einerseits als Kultstätte dienen und andererseits eine befestigte Zufluchtstätte bieten. Und so schaut die Kathedrale auch aus. Sie entstand im wesentlichen vom 12. bis 14. Jh. und dokumentiert den Übergangsstil von der Romanik zur Gotik.

Das dem Erlöser geweihte Gotteshaus entstand auf den Resten einer älteren Kirche. Geplant wurde sie von einem französischen Architekten, namens Fruchel. Von ihm stammt auch der geniale Plan die Apsis in die Stadtmauer zu integrieren, um entsprechend Platz zu gewinnen. Die Kathedrale selbst plante er dreischiffig (ein höheres Mittelschiff und zwei Seitenschiffe). Dazu kam ein Sanktuarium und der Kreuzgang. Mit Ende des 14. Jh. war das Bauwerk im Wesentlichen vollendet. Die Fassade wurde allerdings im 18.Jh. überarbeitet, indem das Zwölf-Apostelportal an die Westseite verlagert und durch ein größeres Eingangsportal ersetzt wurde. Die Figuren im Frontispitz über dem Hauptportal stammen ebenfalls aus dem 18.Jh., wobei als oberste Figur ein Hl. Michael über die gesamte Szenerie gestellt wurde. Zu den beiden Giganten, die als Torwächter aus derselben Zeit stammen, möchte ich mich lieber nicht äußern.

                    

   

Der 42 Meter hohe linke Festungsturm macht seinem Namen alle Ehre, indem er von Zinnen bekrönt wird und nicht von abgestuften Türmchen, wie wir es sonst bei gotischen Türmen gewohnt sind. Dazu kommt eine glatte Mauerzone im unteren Turmdrittel und schießschartenähnliche Maueröffnungen dort, wo man sie zur Verteidigung zu brauchen schien. Der rechte Turm blieb unvollendet, vermutlich aus finanziellen Gründen.

Das Innere der Kathedrale überwältigt durch seine riesigen Ausmaße und den gewaltig und mächtig in den Raum ragenden Trascoro ( Raum hinter dem Chor). Dieser Trascoro ist mit wunderschönen und lebendigen Reliefs geschmückt, die in der Mitte des 16.Jh. entstanden und dem Renaissancebildhauer alle Ehre machen: Darstellung Christi im Tempel, die Anbetung der Magier und die Tötung der unschuldigen Kinder durch Herodes.

          

Die Vorderseite des Chores wird durch ein Meisterwerk der spanischen Renaissance geschmückt, einem Chorgestühl, das zwischen 1536-1546 entstanden ist. Leider erlaubten die Lichtverhältnisse kein genaues Bild dieser exzellenten Arbeit…

          

Der Hauptaltar ist ein wunderbares Beispiel für die spanische Malerei der Gotik. Auf 24 Tafeln werden Szenen aus dem Leben Jesu, der Apostel und Evangelisten dargestellt, die man mitteleuropäisch der Spätgotik zugeordnen würde. Doch sind in Spanien die Grenzen zwischen Gotik und Renaissance fließend. Als sicher ist hier nur anzumerken, dass es sehr lebendige und künstlerisch hochstehende Malereien sind, die in fein geschnitzten Goldrahmen gefasst, zu einem wunderschönen Hauptrentabel zusammengefügt wurden. Wenn man den Seitenschiffen entlang schreitet, öffnen sich immer wieder Kapellen mit Altären, die aus verschiedenen Epochen stammen. So z. B. eine von Michelangelo inspirierte Pieta-Kapelle. Mir gefällt auch der Tobias-Altar sehr gut, der aus Säulen und Elementen von unbemaltem Holz mit filigranen floralen Elementen aufgebaut ist. Danach öffnet sich der Chorumgang, der nach hinten in überraschender Weise mit einer Fülle von Marmorreliefs geschmückt ist. Zur Apsisrundung hin öffnen sich neun weitere Kapellen, die jeweils mit einem Altar geschmückt sind, die sich dem 14. und 15.Jh. zuordnen lassen.

                   
 

 

 

 Die aus Alabaster geschaffenen Reliefs sind am hinteren Chorumgang sind inhaltlich den Evangelisten gewidmet.

      Markus

Lukas Johannes

An den oktogonalen Kanten erheben sich wertvolle Grabstelen, wie die des Bischofs Alonso de Madrigal, der durch die Meisterschaft der Darstellung beeindruckt. Geschaffen wurde sie von Vasco de Zarza um 1518 nach zeitgenössischen Vorbildern.

Im Raum verteilt findet man immer wieder Grabstätten, die von Künstlern des 14.und 15. Jh. gestaltet sind. Besonders eindrucksvoll das Taufbecken, das Vasco de la Zarza aus Alabster herausgearbeitet hat. Nicht zu vergessen sind auch die kunstvollen Kirchenfenster, die teilweise noch original verglast sind.

        

    

Durch den Vorraum der Sakristei betritt man das Kathedralmuseum. In der Kapelle des Kardinals, sind in den Gewölbekonchen wertvolle Reliefs aus dem 16. Jh. zu sehen, die Szenen aus der Passion von Jesus darstellen. Diese werden ergänzt durch einen Altar, der Christus an der Geißelsäule als zentralen Bildinhalt zeigt, während der Auferstandene den Altar oben bekrönt. Im Museum gibt es zunächst eine üppig verzierte und riesige Monstranz, die von Juan de Arfe geschaffen wurde.

       

        

Es gibt Statuen von großer Schönheit, aufgeschlagene Evangeliare, mit reich geschmückten Inkunablen, Prozessionskreuze, Kelche, Reliquiare, Messgewänder.. Alles von feinster Arbeit und Qualität. Im gotischen Kreuzgang, der im Renaissanceelementen oben bekrönt wurde, finden sich viele Grabstätten, ehemals wichtiger Männer.

 San Tomas

Das Kloster San Tomas wurde vom Sekretär und Schatzmeister des Katholischen Königspaares errichtet. Durch Schenkungen, Freistellungen und Privilegien trugen Königin Isabel und König Ferdinand selbst dazu bei, um den Bau zur Vollendung zu bringen. Später wählten die Monarchen das Kloster sogar als Sommerresidenz und als Bestattungsort für ihren Sohn, den im Alter von 19 Jahren verstorbenen Johann, Infant von Asturien.

 Das Gebäude entstand zwischen 1482 und 1493 und wurde nach seiner Fertigstellung von den Dominikanern übernommen, die mit einer kurzen Unterbrechung, bis heute hier beheimatet sind. Vorübergehend diente das Kloster auch als Sitz des Inquisitionsgerichtes und als Universitätsgebäude. Als Tourist betrete ich das Gebäude zunächst durch den sog. Kreuzgang der Novizen, der klein und überschaubar, anheimelnd und beschaulich wirkt. Die rundbögige Galerie im Untergeschoß wird im ersten Stock durch eine zweite Galerie, deren Bögen flacher, aber in gleichen Abständen errichtet sind, nochmals überformt. Ich treibe mich hier ein bisschen herum – allein – und lasse das Ambiente einfach auf mich wirken. Lange versinke ich in die Betrachtung eines aufgemauerten Brunnenrandes, wo in unmittelbarer Nähe eine Zypresse aufragt.

              

Der zweite Kreuzgang der Stille ist den verstorbenen Mönchen geweiht, die hier begraben sind. Architektonisch ist das Ganze ein Wurf! Auf der einen Seite stimmen die Proportionen im Ganzen und im Einzelnen und darüber hinaus sind die rundbogigen Galerieöffnungen mit eindrucksvollen Fensterlaibungen ausgestattet, und zwar ebenso wie die vier Türöffnungen. Im Grunde sind es ganz kleine und schlichte Dekorationselemente, die den nach innen sich öffnenden Rahmen vorgelagert sind – kleine Säulen, z.B., die an den Kapitellen und den Basen bloß mit kleinen Wulsten verziert sind – doch ist der Gesamteindruck einfach überwältigend.

Der dritte Kreuzgang ist der größte und wurde inmitten der königlichen Gemächer errichtet, die heute einen Teil der Sammlungen des Stadtmuseums von Avila beherbergen. Gleichzeitig öffnen sich in diesen Kreuzgang die Räume der ehemaligen Universität.

Vom ersten Stock der Galerie des Kreuzganges, der aus sehr einfachen Elementen konstruiert ist, gelangt man auf den Chor der Klosterkirche, wo sich ein weiter Blick auf den Altar und das einschiffige gotische Gotteshaus eröffnet. Die Wände sind unverputzt und mit grauen Granitquadern errichtet. Die Bündelpfeiler, die das sternförmige Netzrippengewölbe tragen, münden direkt in die Seitenwände des Kirchenschiffes. Doch öffnen sich im Untergeschoß eine Reihe von Kapellen, die einzelnen Heiligen gewidmet sind.  Dass der Hochaltar nahezu auf derselben Ebene plaziert ist, wie der Chor, ist ein merkwürdige Besonderheit dieses Kirchenraumes.  

        

Auf dem Weg hinunter in den Kirche überschreite ich weit ausladende Treppenräume, wo manch Museumsgegenstand ausgestellt ist, wie z. B. ein wunderschön geschriebenes Missale.

Unterwegs erfahre ich auch, dass Teresa hierher zur Beichte gelaufen kam. Der Beichtstuhl, sicher nicht mehr der, den sie benützte, aber die Räume, die sie mit ihren jungen Füßen durcheilte, sind dieselben geblieben. Ich freu mich sehr an dieser Entdeckung und schlendere weiter Richtung Kirche.

              

 Beichtstuhl der Hl. Teresa

Ich betrete den Kirchenraum direkt unter dem Bogenelement, das den Altar trägt. Eine ältere Dame sitzt hier unter Bündeln von Blumen, die sie in Gestelle mit feuchten Schwämmen ordnet. Ein älterer Herr hilft ihr dabei – ein friedliches Bild und ich möchte sie auf keinen Fall stören. Unter dem Bogenelement, das den Hochaltar trägt, ist ein kleiner fast privat wirkender Flügelaltar aufgestellt.

         

Doch dann zieht mich das Grabmal des Infanten Johann in seinen Bann, das von Domenico Fancelli 1515 in Alabaster gehauen wurde. Eine wunderbare Arbeit!

       

Auch das Grabmal des Lehrers des Prinzen, Juan Davila und seiner Gattin, verdient Bewunderung und Ähnliches gilt auch für das Grabmal von Hernan Nunez, der für die Gründung des Klosterbaues verantwortlich zeichnet.

       

Einige Kapellen werden gerade restauriert – doch sind die Altäre der Hl. Teresa und des Hl. Johannes vom Kreuz schon fertig und ich kann sie gut fotografieren.

          

Schließlich steh ich wieder vor dem Portal der Klosterkiche, das wie zu erwarten als Stufenportal konzipiert ist. Es gibt auch einige Figuren, die rund um das Tor „wachen“. Doch fehlt dem Ganzen der Atem, der die Portale von San Vincente beseelt.

Es ist heiß, als ich schließlich von meinem Besichtigungsrundgang wieder in den Vorhof zurückkehre. Eine große Zeder spendet Schatten und ich raste ein wenig. Doch dann raffe ich mich wieder auf, und wandere den Weg zurück ins Zentrum, wo noch eine kleine romanische Kirche wartet, die dem Hl. Andreas geweiht ist. Unterwegs begegne ich noch einer romanischen Winzigkirche, die zugesperrt ist und auch dem Hl. Thomas geweiht ist. Durch ein Gitter und ein gläsernes Tor wird in der Vorhalle ein Monument aus der iberisch-keltischen Zeit sichtbar: Ein riesiges Granittier! Ist es ein Eber? Vermutlich! Und es gefällt mir, dass es in der Vorhelle einer Kirche seinen Platz gefunden hat – ein steinerner Zeuge für die kontinuierliche Entwicklung des religiösen Verständnisses, obwohl wir keine glaubhaften Hinweise dafür haben, was dieser Eber bedeutet habe mag – Fruchtbarkeitssymbol? Symbol für Kampfkraft und Stärke? Eigentlich stehen bei der Interpretion der archaischen Zeugen immer vor Rätsel, wenn schriftliche Überlieferungen fehlen. Doch denke ich, dass in diesem Fall die Odysee weiterhelfen könnte, wenn wir voraussetzen, dass Nachrichten von den Iberen auch die Heimat Homers berührt hätten…

Doch ich habe noch ein Stück Weges vor mir, wenn ich zu San Andres kommen will: hinauf nach San Vincente und dann wieder den Hügel hinunter, vorbei an Andenkenläden und Gruppen von Frauen, die sich im Schatten ihrer Häuser zum Plaudern zusammengefunden haben. Touristen gibt es hier nicht mehr.

San Andres

Der Vorplatz von San Andres empfängt mich mit kühlem Schatten. Er ist mit großen Zedern bewachsen, worunter einige Steinbänke aufgestellt sind.   Es ist später Sonntagnachmittag und das Tor ist, wie eigentlich zu erwarten, geschlossen. Damit wird mir der Anblick der uralten verzierten Säulen im Innenraum der Arbeiterkirche (sie steht im ehemaligen Viertel der Steinmetze, die sich diese Kirche für sich selber errichteten) verwehrt. Vielen Fachleuten gilt sie als kompletteste Sammlung der abulensichen Romanik. In ihren Darstellungen verwendeten die zeitgenössischen Künstler menschliche Figuren, einige davon mit tierischem Antlitz, Löwen Pferde, Wölfe Tauben und natürlich auch pflanzliche Motive. Ich bin traurig, aber was soll man machen? Ich setze mich nieder und genieße zunächst den Anblick des kleinen Gotteshauses. Dann erfreue ich mich an den beiden Stufenportalen der Kirche, deren Kapitelle mit Fabelwesen geschmückt sind --

 Duruelo

Am dritten Tag unseres Hierseins fahren wir mit dem Bus nach Duruelo, einem winzigen Nest, wo Teresa gemeinsam mit Johannes vom Kreuz und noch zwei anderen Patres, das erste Kloster der Unbeschuhten Karmeliten gegründet hat. Heute halten nur die Unbeschuhten Karmelitinnen hier die Stellung und sorgen auch für die kleine Kirche, die von dem ehemaligen Männerkloster übriggeblieben ist.

Wir durchqueren die spanische Meseta – abgeerntete Getreidefelder, wohin man schaut: keine Häuser, keine Dörfer, nur Strom- oder Telgrafenmasten begleiten die Autobahn. Daneben bilden einzelne Steineichen dunkelgrüne Markierungspunkte in der ausgedehnten gelben Fläche. Dazwischen einzelne Felsbuckel und Hügelzüge – ansonsten nur ein hellblau überspannter Horizont.

Schließlich erreichen wir den Schwesternkonvent von Duruelo, der inmitten einer zauberhaften Landschaft gelegen ist. Ein ausgedehnter Olivenhain mit gepflegten Bäumen umgibt die Gebäude, während sich rundum Hügel erheben, die mit struppigen Steineichenwäldern bewachsen  sind.  Es ist so still hier, dass man die Stille fast hören kann…

In der kleinen Kirche, wo der erste Konvent der Karmelitenbrüder bestand, liest uns Pater Ulrich aus der Gründungsgeschichte vor. Eine spannende und nahezu unglaubliche Geschichte, wenn man die äußeren Bedingungen bedenkt, die zu dieser Gründung geführt haben:

 Don Rafael Mexia, ein Edelmann aus Avila, bot Teresa ein Haus an, das in einem Dörfchen (Duruelo) gelegen wäre, das auf direktem Weg nach Medina de Campo zu finden wäre:

Es war ein mühseliger Tag; die Sonne brannte wie Feuer und wenn wir unser Ziel erreicht zu haben hofften, mussten wir umkehren und waren weit davon entfernt. Die Unbequemlichkeit und die Ermüdung jenes Tages sind mir unvergesslich. Endlich, kurz vor Einbruch der Nacht erreichten wir das Haus. Wir traten ein und fanden es in einem so unmäßig unsauberen Zustand und dermaßen mit Schnittern überfüllt, dass wir nicht darin zu übernachten wagten. Aber ich betrachtete mir das Gebäude, das unser Kloster werden sollte. Es bestand aus einem geräumigen Vorplatz, einem Zimmer, einer Bodenkammer und einer kleinen Küche und wie mir schien, dass sich aus dem Vorplatz die Kapelle, aus der Bodenkammer der Chor, aus dem Zimmer das Dormitorium machen  lasse ….Kaum in Medina angelangt sprach ich sogleich mit Pater Antonio de Heredia, erzählte ihm von dem Sachverhalt und fragte ihn, ob er den Mut habe, einige Zeit an diesem Ort auszuharren…“

Pater Antonio und Johannes vom Kreuz bezogen später dieses Haus und richteten es nach und nach zu einem bewohnbaren Ort und predigten in vielen benachbarten Ortschaften, wo jegliche religiöse Unterweisung fehlte. Nach der Predigt hörten sie Beichte und kamen erst spät abends zum Essen. An Lebensmitteln fehlte es ihnen nicht, weil sie von den Leuten der umliegenden Ortschaften damit versorgt wurden.

Als Teresa wenige Monate nach der Gründung wieder durch Duruelo kam, war sie überrascht und glücklich über die Einfachheit und .., die hier herrschte: ..“ Nie werde ich ein kleines Kreuz über dem Weihwasserbecken vergessen! Es war von geringem Holz und das Bild unseres Herrn war von Papier darauf geklebt; allein es stimmte mehr zur Andacht, als manches Kruzifix von kostbarem Material..“

Die kleinen Holzkreuze werden von den Schwestern auch noch heute hergestellt und uns als Andenken übergeben.

Alba de Tormes

Unsere Fahrt führt uns weiter, vorbei an Mancera, wo Johannes von Kreuz und seine Gefährten ihr zweites Kloster bezogen und schließlich treffen wir in Alba de Tormes ein, wo die sterblichen Überreste der Hl. Teresa von Jesus in einem Prunksarg über dem Altar der Klosterkirche aufbewahrt sind.

Doch zunächst schlendern wir durch die riesige Anlage eines Kirchenbaues aus dem 19.Jh., der nie vollendet wurde. Auch scheint die Aufforderung an das spanische Volk, dass die Fertigstellung dieses Gotteshauses ein Anliegen ALLER sein müsste, nicht wirklich ernst genommen zu werden. Allerdings kann man an diesem Bau sehr gut die Konstruktionsweise des 19.Jh. studieren, wobei sich zeigt, dass man die Grundmauern, die Säulenelemente und sogar die Fensterlaibungen völlig fertig stellte, bevor man das Kirchenschiff weiter in die Höhe zog. Es ist ein faszinierender und gleichzeitig trauriger Anblick – diese halb fertige Gotteshaus, das eigentlich keienr braucht.

             

Die Klosterkirche der Unbeschuhten Karmelitinnen wird durch einen riesigen Altaraufbau dominiert, der im oberen Drittel in einem Prunksarg die Gebeinen Teresas beherbergt. Im Grunde ist es ein kalter Raum, der die letzte Ruhestätte von Teresa umgibt und ich wünschte mir, dass sie diese in der Kirche von St. Jose, bei ihrem Bruder und dem Bischof Mendoza gefunden hätte, bei den Menschen, die sie liebten und einigermaßen verstanden und nicht hier, wo sie allein zur Ehren eines Herzogs die Ehre des Altares genießt.

Auch das Beten fällt hier schwerer als anderswo, weil der Raum so wenig Geborgenheit ausstrahlt – zumindest für mich ...

Später wandere ich durch die Räume des angeschlossenen Museums, das sehr liebevoll gestaltet, viel Andenken an die Heilige birgt. Daneben gibt es auch wunderschöne und künstlerisch hochwertige Gegenstände, die man gern betrachtet.

        

      

    

       

Reliquie des Armes von St. Teresa

Innerlich beruhigend und eindrucksvoll wird auch die Messe, die unsere Patres am Abend hier mit uns feiern und womit die Verbindung mit der Vergangenheit und der lebendigen Gegenwart wieder hergestellt wird.

Die Zwillingskirche, die Johannes Vom Kreuz gewidmet ist und sich vis a vis von dem Teresianischen Karmel befindet, wird gerade restauriert. Wir erleben entsetzlichen Baulärm und flüchten uns in das nahe gelegene Restaurant. Hier ist gut sein und auch das Essen schmeckt gut. Die Andenkenerfahrung machen wir in einem kleinen Geschäft, das auch ein kleines Museum beherbergt – das mit einigen Exponaten die Missionsgeschichte des Ordens bezeugt.

 

Segovia

Wieder geht es über die endlosen Weiten der Meseta, bevor wir in Segovia ankommen.

Segovia liegt auf einer tausend Meter hohen Felszunge, die sich von Osten nach Westen hin ausdehnt. Nördlich der historischen Altstadt fließt der Fluß Eresma, der sich mit dem Fluss Clamares am Fuss des Alcazar, der Befestigungsanlage von Segovia,  vereinigt. Nach Plinius  trat Segovia trat als Stadt in Erscheinung – wo vermutlich eine keltische Burg existierte- von der aus großer Widerstand gegen die Römer ausging. Dennoch wurde die Stadt von den Römern eingenommen und zu einem wichtigen Heeresstützpunkt ausgebaut, und zwar an der zentralen Route von Norden nach Süden. Im 1./2. Jh. n. Chr. wurde der römische Aquädukt von Segovia errichtet. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts wurde Segovia Teil des Westgotenreiches. Die bereits zur Römerzeit begonnene Christianisierung der Region kam damals zu ihrem Abschluss

In der Zeit von 714 bis ins 11. Jahrhundert war Segovia in maurischem Besitz. Im Jahr 1085 eroberte Alfons VI. die Stadt. Vom 13. bis zum 15. Jahrhundert war sie Königsresidenz; 1474 wurde hier Isabella zur Königin von Kastilien ausgerufen.

Ende des 16. Jahrhunderts war die Stadt auf 27.000 Einwohner angewachsen. Im 17. Jahrhundert folgte ein wirtschaftlicher Niedergang, am Ende des Jahrhunderts war die Bevölkerungszahl auf 8.000 Einwohner gesunken.

Während der Napoleonischen Kriege auf der iberischen Halbinsel wurde die Stadt im Jahr 1808 geplündert. Seit 1985 gehört Segovia zum UNESCO-Welterbe. Der römische Aquädukt im Osten der Altstadt ist 28 Meter hoch und 728 Meter lang. Er hat 118 Bögen und stammt aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr. Er versorgte bis in die 1970er Jahre die Stadt mit Wasser aus dem über 18 km weit entfernten Fluss Río Frío.

Wir betreten die Stadt an der Plaza del Azoguejo, wo wir den gigantischen Bau der römischen Wasserleitung vor uns sehen.

Der römische Aquädukt im Osten der Altstadt ist 28 Meter hoch und 728 Meter lang. Er hat 118 Bögen und stammt aus dem 1./2. Jahrhundert n. Chr. Er versorgte bis in die 1970er Jahre die Stadt mit Wasser aus dem über 18 km weit entfernten Fluss Río Frío.

           Foto: Leo Wagensommer

Dabei handelt es sich um keine geringe Leistung römischer Ingeneurkunst, wenn man bedenkt, dass nicht nur die Bogenkonstruktion so stabil und fest gefügt wurde, dass sie nunmehr fast zwei Jahrtausende überlebt hat, sondern auch das Gefälle der Leitungsrinnen genau berechnet und beachtet werden musste. Wir stehen bwundernd davor und wandern später über die Calle Cervantes, Juan Bravo und Isabelle la Catholica, zum Stadtzentrum, der Plaza Mayor. Hier laben wir uns an Kaffee und anderen Getränken und genießen den Anblick der Kathedrale, die vor unseren Blicken aufragt.    

       Foto: Leo Wagensommer

Die spätgotische Kathedrale im Zentrum der Altstadt wurde auf Anordnung Kaiser Karls V. von 1525 bis 1577 errichtet. Die 67 Meter überspannende Vierungskuppel und der 88  Meter hohe schlanke Turm stammen in ihrer heutigen Form aus dem 17. Jahrhundert.

Die Kathedrale empfängt uns mit mystischen Halbdunkel und deutlichen Zeichen der Restauration: herabhängende Plastikbahnen…

Der Trascoro (Raum hinter dem Chorgestühl) fehlt auch hier nicht. Doch ist er im Stil des Klassizismus gestaltet, d.h. dass in groß angelegten Flächen Nischen eingelassen sind, worin übergroße Heiligengestalten aufgestellt sind. Ein kurzer Blick genügt, um die „relative“ künstlerische Ausdruckskraft der Figuren zu erkennen und schon stehe ich bewundernd vor dem gotischen Eingangsportal zum Kreuzgang.

       

Der Kreuzgang hat es in sich! Gotik in höchster Vollendung! Da fehlt nichts!

Später schlendere ich wieder in das Gotteshaus zurück und ich besuche, soweit es die kurze Spanne Zeit, die uns zur Besichtigung zugestanden wurde, erlaubt, die einzelnen Kapellen, die sich an den Längseiten des Kirchenschiffes und vor allem im Chorumgang öffnen. Und hier gibt es wirklich schöne Sachen zu entdecken:

        
        
      

Innerhalb der Altstadt stehen mehrere romanische Kirchen, eine davon liegt auf unserem Weg: San Andres.

         

Daneben gibt es auch eine Reihe von Palästen zu bewundern und ein Haus, wo der erste Konvent der unbeschuhten Karmelitinnen von Teresa eingerichtet wurde.Später verlassen wir den Altstadthügel von Segovia und wandern hinunter zum Konvent der Unbeschuten Karmeliten, der bis heute existiert.

  Daneben gibt es aber noch ein achteckiges romanisches Kirchlein des Templerordens, das mein besonderes Interesse erweckt. Einsam liegt es da, igendwie vergessen --- doch lassen sich beim Näherkommen faszinierende Details ausmachen, die einfach zum romanischen Architekturkanon dazugehören: Rundbogenportal, nach innen abgestuft mit vorgelagerten einfachen Rundsäulen - mit Kapitellen geschmückt, die mit Tier - und Pflanzenmotive verziert sind.

Das Karmeliterkloster der Brüder von Segovia beherbergt die sterblichen Überreste von Johannes von Kreuz. Es ist ein Bau aus dem 19.Jh., zu dem wir auf einer steilen Streppe hinaufsteigen. Auch Johannes Paul II. schritt diese Treppe einst empor, zum Grab des Heiligen, den er besonders verehrte und schon als Theologiestudent seine Dissertation gewidmet hat. Oben angekommen, lesen wir auf einer Steintafel einen Text aus seine geistlichen Gesang, bevor wir das Kloster selbst betreten.

    

 Der Innenhof des Klosters ist mit einem Glasdach geschützt, wodurch ein großer freundlicher Begegnungsraum entstand. An der Seite ein Portraitbüste des Heiligen – in den Gängen einige Kunstwerke, die Beachtung verdienen.

   

 

Wir werden hier essen, inmitten einer Gruppe von Personen, die hier Exerzitien machen: vor allem alte Leute, die sich hier zusammen gefunden haben – und ich denke: überall das Gleiche. Doch die Schwestern, die uns das Essen servieren sind jünger und auch die Patres, die hier im Kloster leben – sympathische Gestalten, die der Hitze Tribut zahlen und in Shorts und T-Shirts  ihre Gäste aus Mitteleuropa empfangen.

 Danach besuchen wir die Kirche und beten in dem Raum, wo der Katafalk mit den Gebeinen von Johannes vom Kreuz aufbewahrt wird. Vermutlich hätte er, ähnlich wie Teresa, keine besondere Freude über die überdimensionierte Grabstätte, die hier seine kleine Gestalt umhüllt.

 Schon früher habe ich in einer Dokumentation über die Ikone des Johannes vom Kreuz gehört, die hier zusehenist: griechische Karmeliterinnen haben sie in der Tradition der Ikonenmaler gestaltet und den Inhalt des geistlichen Gesanges in Bilder übersetzt. Sie verwendeten die symbolischen Farben, die überliefert wurden und bewiesen auch viel malerisches und graphisches Geschick. Lange stehe ich der Ikone, vertieft in die Klarheit und Schönheit der Bilder, die durch Panzerglas geschützt sind. Ich fotografiere, aber es wird nicht wirklich etwas Ordentliches daraus.Später vertrolle ich mich in den Garten, der hinter dem Klostergebäude an einem Hang angelegt ist. Es ist heiß und still hier – und ich kann hier gut beten, zwischen abgeblühten Schwertlilien und grünen Hartlaubsträuchern: vor mir die wunderschöne Silhuette der Stadt, gekrönt von Kathedrale und Alkazar.

                 

Am Abend finden wir uns wieder zum Gottesdienst zusammen – danach im Museum, das einige persönliche Erinnerungen von Johannes vom Kreuz birgt, u.a. auch ein Ölgemälde vom kreuz tragenden Christus, der dem Heiligen im Kreuzgang des Klosters einmal begegnet ist.

 

 Toledo

Die erste dauerhafte Besiedlung im Stadtgebiet stellte eine Reihe von  Burgen aus der Zeit der Keltiberer dar. Im Jahre 192 v. Chr. unterwarfen die Römer die Siedlung gegen den heftigen Widerstand des Hirtenstamms der Carpetani und gründete den Vorposten Toletum. Durch seine Eisenerzvorkommen entwickelte sich Toledo zu einer bedeutenden Siedlung, die eigene Münzen prägte

411 eroberten die Alanen kurzzeitig die Stadt. Im späteren 5. Jahrhundert wurde sie von den Westgoten erobert. Toledo war von ca. 531 bis 711 Hauptstadt des Reiches der Westgoten, die die Stadt zum Sitz eines arianischen Erzbistums machten. 589 konvertierte ihr König zum Katholizismus.

Die Mauren eroberten die Hauptstadt des Westgotenreiches im Jahr 712. Seine Blütezeit erlebte Toledo während des  Kalifats von Cordoba bis zur Eroberung durch Alfons VI.  am 25. Mai 1085.. Toledo galt als Hochburg der Waffenschmiede (Toledostahl).

Von Toledo aus wurden schon die römischen Truppen mit Schwertern versorgt und auch Kaiser Karl V. (1500–1558) ließ dort seine Schwerter fertigen. Während der Maurenherrschaft entwickelten die Schmiede eine besondere Technik der Klingenverzierung, indem auf vorher aufgeraute Stahlflächen feine Golddrähte und ausgeschnittene Ornamentteile aus dünnem Stahlblech aufgehämmert und nachher mit feinen Punzen ziseliert wurden.

Bedingt durch die hier herrschende Mehrsprachigkeit (Ansiedlung von mozarabischen und jüdischen Bevölkerung) wurde Toledo im 12. und 13. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum für Übersetzungen arabischer Schriften ins Lateinische und Romanische und spielte dadurch eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung arabischer Philosophie und Wissenschaft und ihrer griechisch-antiken  Quellen in Europa.

                  Foto: Leo Wagensommer

 Nach der Eroberung durch die christlichen Truppen unter Alfonso VI. wurde Toledo 1087 Residenz des Königreichs Kastilien und blieb bis 1561 Hauptstadt Spaniens. Der Erzbischof von Toledo ist bis heute Primas der katholischen Kirche Spaniens, obwohl  Philipp II. seine Residenz nach Madrid verlegte, das geographisch ziemlich exakt im Zentrum der iberischen Halbinsel liegt. Im Spanischen Bürgerkrieg war Toledo Schauplatz der Belagerung des Alcazars.

 Unser Interesse gilt vor allem den Spuren von Teresa und Johannes vom Kreuz in Toledo. Die Gründungsgeschichte des Schwesternkarmels in Toledo, die uns Pater Ulrich im Bus vorliest, gibt ein sehr lebendiges und ungewöhnliches Zeugnis über die sozialen Verhältnisse, der damaligen Gesellschaft. Teresa wohnte anfangs im Haus von Dona Luisa de Cerda, wo sie  gastfreundlich empfangen wurden und sie und ihre Begleiterin einen eigenen Raum zur Verfügung hatten, wo sie ungestört wohnen konnten.

              

               Foto: Leo Wagensommer

 

 Von hier aus begab sich Teresa zu den Förderern ihrer Pläne und vor allem zu den kirchlich Verantwortlichen, um die Gründung ihres Klosters zu bewerkstelligen. Schließlich gelang es ihr das Kloster zu gründen, aber erst nach vielen Schwierigkeiten, die sie lebhaft schildert:  Machtinteressen, die sich kreuzten, Rückzieher von versprochenen Zugeständnissen, finanzielle Probleme, Unvereinbarkeit von weltlichen Interessen mit den Aufgaben eines Karmelitinnenkonventes, usw.

              

 Das zweite wichtige Ereignis, wo Toledo zum Austragungsort wurde, war die Gefangenschaft und Flucht von Johannes vom Kreuz.  In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1577 wurde er aus dem Kloster der Menschwerdung in Avila entführt und im Ordensgefängnis des Klosters von Toledo eingekerkert, wo er als „hartnäckiger Rebell“ misshandelt und gedemütigt wurde.

Diese Zeit wurde für ihn zur eigentlichen Mitte seiner Gotteserfahrung und der daraus entstammenden visionär-mystischen Dichtung. Sieben Monate später gelang ihm in der Nacht die Flucht aus dem Kloster, in den Konvent der Karmelitinnen, wo er aufgenommen und versteckt wurde. Und die Nonnen von Toledo waren es, denen er zu allererst aus seiner Dichtung vorlas. Später wurde er ins nahe gelegene Hospital gebracht, wo man ihn pflegte und er seine Gesundheit einigermaßen wieder erlangte.

Terasse und Stützmauer des ehemaligen Konventes der Beschuhten Karmeliten

  Wir besuchen den Ort, wo das ehemalige Kloster der beschuhten Karmeliten stand – heute abgetragen und eine Fläche mit Spielplatz und einigen Mauerresten. Dann folgen wir dem Weg, den Johannes damals vermutlich zurückgelegt hat und stehen vor dem Tor des Teresianischen Karmels, der heute auch nicht mehr existiert.

 Eingangstor des ehemaligen Konventes der Karmelitinnen                           Portal des Hospitals - heute Museum

Das Hospital ist heute ein Museum – doch fehlt uns die Zeit zum Anschauen.  

 

 Die Kathedrale ist das einzige Bauwerk, das wir näher besichtigen können – und es genügt für einen Tag - weil diese Kathedrale eigentlich eine Welt für sich repräsentiert.

  Sie gilt als Dives toledana und als autochtone und monumentalste gotische Kathedrale von Spanien. Allerdings verliert der äußere Bau ein wenig von seiner Großartigkeit, weil er zwischen Häusern etwas eingezwängt wirkt.  Drei Portale öffnen sich in den Kirchenraum. Eines davon ist das Löwentor, ein anderes die Puerta del Reloj und die Puerta Llana.

  Hochaltar                                                Foto:Wiki

   Der Innenraum reißt zunächst den Blick in die Höhe zu den Kreuzrippen gewölben, die in dichte Bündelpfeiler münden. In der Mitte des Langhauses ist wieder ein Trascoro errichtet, der ein faszinierendes und hochkünstlerisches Chorgestühl aus der Renaissance umschließt:

                        

   Das Tor zum Kreuzgang ist von zartester Steinmetzarbeit – doch liegt es in tiefer Dämmerung und entzieht sich der Kamera. Der Kreuzgang ist riesig angelegt, an den Seitenwänden mit gotischer Steinmetzarbeit geschmückt: dazwischen große Fresken aus dem 18.Jh. – Meisterwerke der Barockmalerei von Bayeu und Maella. Hier tummeln sich auf den Wänden Heilige und alttestamentarische Gestalten in dramatischen Gesten – sehr lebendig und naturnahe gemalt.

         

    Der Kapitelsaal ist zur Gänze mit spätgotischen Fresken zum Thema, Leben Jesu, geschmückt – rund umlaufend im Mittelbereich der Wände finden sich Portraits der Erzbischöfe von Toledo, vom Hl. Eugenius  bis heute. Fotoverbot!

  Die Sakristei ist der Raum, den ich mit großer Erwartung betrete. Das Altarbild der Sakristei,die überlebensgroße Darstellung von der Entkleidung Christi von El Greco ist es, wohin ich zuallererst strebe. Nur wenige Leute sind hier und so kann ich mich ungestört dem Eindruck des Bildes hingeben: dieser überwältigenden Farb- und Bewegungsstudie, die ein sehr ernstes unwiederufbares Ereignis in Szene setzt. Für mich hatte diese Szene schon immer den Charakter des Absoluten: ein Todgeweihter braucht keine Kleider mehr.

                 

An den Wänden hängen die anderen Grecobilder, die ich aus Büchern nahezu auswendig kenne: die zwölf Apostel, der Hl. Franziskus, Kreuzigung, Flucht nach Ägypten …Auch ein wunderbares Gemälde von Papst Paul III. von Tizian wird  hier aufbewahrt und noch ein paar andere Bilder der Malerelite. Hier fanden sie bewundernde Sammler, die verstanden, was künstlerische Ausdruckskraft bedeutet.

 Tizian:Papst Paul III.  Caravaggio: Johannes derTäufer

Später wandere ich noch durch die Kapellen der Kathedrale – immer wieder fasziniert von der Schönheit der Altäre und Statuen. Eine Kapelle trägt noch den Freskenschmuck der Hochgotik ---

               

Zum Abschluss sei hier auch noch das große Werk von El Greco in der Kirche Santo Tome, „Das Begräbnis des Grafen Orgaz“ erwähnt.

      Foto: wiki

Es gibt Zeugnis für ein legendäres Wunder, wo bei der Beerdigung des Edelmannes der Hl. Augustinus und der Hl. Stephanus erschienen, um den Körper des Verstorbenen ins Grab zu legen. Im Hintergrund tragen die Teilnehmer am Begräbnis, Portraits von Zeitgenossen El Grecos. Auch er selbst ist dabei und sein Sohn, der in der Person des fackeltragenden Pagens identifiziert werden konnte.


Fontiveros

Wieder geht es über abgeerntet Getreidefelder dahin, zum Geburtsort von Johannes vom Kreuz. Hier erblickte er das Licht der Welt und wurde in der Ortskirche getauft. Die Ortschaft selbst ist ein verschlafenes Nest, das heute von Landwirtschaft lebt und eine entsprechende Bevölkerungsstruktur aufweist: alte Leute, Kinder und Hausfrauen, die am Wochenende ihre Männer erwarten.

 

 Die Kirche selbst hat die Ausmaße einer kleinen Kathedrale. Die Decke des Hauptschiffes zieren verschlungene Netzrippen, während die niedrigen, glattbogigen  Seitenschiffe  von klobigen Rundsäulen gestützt werden. Dem Hochaltar – einer gelungenen barocker Architektur - ist in der Mitte die Gestalt des Hl. Nikolaus eingefügt. Auch der Orgelaufbau ist sehr schön gestaltet.

Doch uns zieht es zum Taufbecken, wo der kleine Johannes in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurde – die ihm bis heute so viel verdankt – ihm den größten aller Mystiker.

         

Später durchschlendern wir die Standl des Wochenmarktes und besuchen eine kleine Kapelle an anderen Ortsrand. Sie ist dem Heiligen selbst geweiht und enthält verschiedene Bilder und Reliquien von ihm…

         

 

Salamanca

Die alte iberische Siedlung wurde schon 219 v. Chr. von Hannibal besucht. Unter römischer und westgotischer Herrschaft (133 v. Chr. bis ca. 712 n. Chr.) wuchs die Stadt zu einem wichtigen Handelszentrum. Im 8. Jahrhundert wurde Salamanca von den Mauren eingenommen. Erst 1085 wurde sie von Alfons VI. von Leon zurückerobert. Während der Eroberungen und Rückeroberungen wurde die Stadt weitgehend zerstört und war längere Zeit unbewohnt. Unter Raimund von Burgund begann 1102 die Zeit der Wiederbevölkerung. Die christlichen Neusiedler erhoben sich 1162 gegen Kastilien-Leon und riefen 1163 Portugal zu Hilfe, das Salamanca bis 1165 besetzte.

Seine Blüte erlebte Salamanca im 16. Jahrhundert, als  1524 wurde der Bau von Kirche und Kloster San Esteban, das von den Dominikaner bewohnt wird.

Wir wandern in Salamanca auf den Spuren von Santa Teresa, die allerdings sehr dünn ausfallen, weil wir letztendlich auch nicht in den Schwesternkonvent hineindürfen, die heute im Gebäude der von Teresa gegründeten Karmelitinnen ihre Heimstätte haben. So wandern wir durch die schöne Stadt und betrachten zunächst den Palast Monterrey:

     

Der Palast wurde als großes Rechteck geplant, doch wurden nur ein Flügel mit zwei Türmen ausgeführt. Erdgeschoß und erster Stock sind glatt und mit wenigen Fenstern errichtet – der zweite Stock und die Türme schmücken Galerien mit offenen Rundbogen. Darüber erheben sich Gesimse, die überreich mit plateresken Verzierungen geschmückt sind. Das Ganze wurde 1539 entworfen und gebaut – im Grunde nur großartig, doch unausgewogen. Die Kirche, die zum Kloster der Augustinerinnen gehört, ist dem italienischen Stil verpflichtet, mit Kuppel und barocker Fassade- darin wurde gerade Hochzeit gehalten und wir wandern weiter Richtung La Clerecia (Colegio Real de la Compania de Jesus).

 

Dieses Gebäude ist Sitz der Katholischen Universität. Es wurde 1617 begonnen und ist eine gewaltige architektonische Anlage, bestehend aus einer Kirche, zwei großen Pavillons, die ursprünglich zur Beherbergung von Geistlichen und Studenten dienten, einen Innenhof und Nebengebäude. Die Kirche wird von gerippten dorischen Pilastern, Blumenrosetten in den Metopen des Fries verziert. Über die Vierung des Längsschiffes ist eine Kuppel errichtet. Kuppel und Zwillingstürme an der Fassade sind mit barocken Stilelementen gestaltet; in der Mitte der Fassade das Frontispiz mit einem Relief im üppigen Rahmen.

Insgesamt ein beeindruckender Bau, der ganz dazu geeignet ist Macht und Überlegenheit in Stein auszudrücken…

Direkt gegen über der eindrucksvollen Fassade erhebt sich die Casa de las Conchas (Haus der Muschel), ein im Platersco-Stil erbauter Stadtpalast, dessen Fassade mit mehr als 300 Jakobsmuscheln aus goldgelbem Sandstein geschmückt ist, dem Symbol der Pilgerschaft nach Santiago de Compostella.

Später wandern wir weiter in Richtung Plaza Mayor. Die Plaza Mayor, auf der früher u. a. auch Stierkämpfe abgehalten wurden, gilt als der schönste Platz Spaniens. Philipp V., erster spanischer König aus dem französischen Haus Bourbon, machte ihn den Einwohnern 1729 für ihre Loyalität im Erbfolgekrieg zum Geschenk. Und es ist wahrhaftig ein wunderschöner Platz.

 

 

Die Stadt besitzt zwei Kathedralen, die alte Kathedrale aus dem 12. und die neue Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert, die aber einen gemeinsamen Gebäudekomplex bilden.

               

             

 Entsprechend meiner persönlichen Vorliebe, laufe ich zuerst in die alte Kathedrale: Zunächst lande ich in der Kapelle von San Martin, wo sich ein farbig überaus lebendiges Weltgerichtsfresco befindet. Daneben das Grab von Bischof Rodrigo Diaz mit Freskenumrahmung von hoher Qualität. Über der bemalten liegenden Gestalt die Szene: „Der Besuch der Magier“. Der Sarkophag selbst, zeigt in Reliefbildern trauernden Hinterbliebenen in verschiedenen Gruppen. An einer Seitenwand zerschneidet der Hl. Martin gerade seinen Mantel. Alles in allem sehr gut erhaltene gotische Fresken und Reliefs. In der Apsis des Langhauses befindet sich ein wunderschöner Altaraufsatz, bestehend aus 53 Tafeln, die aus dem Leben Christi und der Hl. Maria erzählen. In elf vertikalen Reihen und fünf Querreihen wird im typisch gotischen Stil erzählt und dargestellt: charakterisiert durch längliche Figuren, leuchtende Farben und symbolisch architektonische Elemente, die Tiefe suggerieren. 

                          

Meine besondere Liebe gilt dabei der Weltgerichtsszene, die sich künstlerisch vom gotischen Idealtypus weit entfernt und den Christus, als Weltenherrscher in „action“ zeigt, während er sonst unberührt und gelassen in seiner Mandorla thront und das Ganze Geschehen aus Distanz betrachtet. Im Übrigen finden sich noch viele andere gotische Fresken und Reliefs, bunt bemalt und herzerfreund in dieser alten Kathedrale.

 Daneben gibt es reichverzierte Säulenkapitelle, erhebende Durchblicke und darüber hinaus Nebenkapellen mit reichverzierten Gräbern und Museumsstücke – alles aus gotischer Zeit.

               

Der Innenraum der neuen Kathedrale ist in Form eines lateinischen Kreuzes gestaltet, das in fünf Schiffe unterteilt ist. Die Gewölbe sind mit fein ziselierten Netzrippen bedeckt und über der Vierung mit einer großartigen Kuppel überwölbt. Der Chorumgang ist mit künstlerisch beeindruckenden Altären ausgestattet, aber ich schaffe das Ganze nicht mehr wirklich – so bleiben einige Details haften, wie z. B. das  hochkünstlerisches geschnitztes Chorgestühl, das von Albert Churriguera, einem bekannten Architekten von damals entworfen wurde.

Die Universität von Salamanca ist die älteste bis heute bestehende Universität Spaniens. Sie wurde im Jahr 1218 gegründet. Schon im 16. Jahrhundert, als hier in der so genannte  Schule von Salamanca der Grundstein für die neuzeitliche humanistische Naturrechtslehre gelegt wurde, zählte sie 8000 Studenten. Die Universidad de Salamanca wurde zu einer der wichtigsten Bildungsstätten Europas. Unter den bekanntesten Dozenten befinden sich Fray Luis de Leon und Miguel de Unamuno, Lope de Vega, Calderon de la Barca und Miguel de Cervantes holten sich in Salamanca das geistige Rüstzeug für ihre dichterische Arbeit.

Im Jahr 1492, wenige Monate vor seiner Seereise nach Amerika, musste Kolumbus in Salamanca den versammelten, skeptischen Professoren und Kardinälen seine Theorien bezüglich des Erdumfangs und des Abstands von Europa zu Asien erläutern und die Pläne behandeln, den Osten über den Westen zu erreichen.

Der Dominikanerpater Francisco de Vitoria formulierte hier 1540 die Grundlagen des Völkerrechts. Der berühmteste Rektor der Universität war der spanische Schriftsteller Miguel de Uamuno.

 

Das Hauptportal der Universität ist mit zahlreichen Skulpturen und dichtem Dekor im Stil der spanischen Frührenaissance, dem so genannten Platereskenstil geschmückt. Im Inneren besuchen wir einige der historischen Hörsäle, die Namen bekannter Persönlichkeiten tragen.

In der Universitätskirche findet sich eine gerahmte Kopie des Dekretes, womit Santa Teresa am 4. Februar 1922 zum Doktor h.c. promoviert wurde.

 

 

         
Im Folgenden werden die Kurz-Biographien von Teresa de Jesu und Johannes vom Kreuz  nach wikipedia zitiert, die von Ulrich Dobhan ins Netz gestellt wurden.

 

Teresa von Jesus  

 

Teresa de Ahumada wurde 1515 in Avila geboren, so die Meinung der meisten Biographen; nur eine Minderheit nennt  Gotarrendure (Provinz Avila)) als Geburtsort, ohne überzeugende Beweise anzuführen und gegen eine Jahrhunderte alte Tradition. Ihr Großvater väterlicherseits war ein sephardischer Jude aus Toledo. 1485, als Teresas Vater Alonso Sánchez de Cepeda fünf Jahre alt war, trat der Großvater mit seiner Familie zum Christentum über, erwarb einen Adelsbrief, womit er dem niedrigen Adel angehörte, und zog nach Ávila, um dort ein neues Leben zu beginnen. Aus einer ersten Ehe von Alonso Sánchez de Cepeda stammten zwei Kinder, aus der zweiten, die er 1508 mit Doña Beatriz de Ahumada schloss, zehn, von denen Teresa das dritte war. Sie schrieb: „Wir waren drei Schwestern und neun Brüder“.

Nach dem Tod ihrer Mutter (1528) vertiefte sich Teresa in die Lektüre der damals üblichen Ritterromane, die schon ihre Mutter eifrig gelesen hatte, wurde sich ihrer natürlichen Vorzüge bewusst, pflegte erste Freundschaften und geriet in eine religiöse Krise. Als 1531 ihre (Halb)-Schwester heiratete, brachte der Vater die Sechzehnjährige zur weiteren Erziehung in das KLoster der Augustinerinnen Santa María de la Gracia in Ávila, das sie aus gesundheitlichen Gründen nach 18 Monaten wieder verlassen musste. Auf dem Weg zur Genesung bei ihrer Schwester fielen ihr bei ihrem Onkel väterlicherseits Pedro Sánchez de Cepeda einige Bücher in die Hand, darunter auch die Briefe des Kirchenvater Hieronymus, die für ihre Berufswahl wichtig wurden. Bei der Entscheidung für das Kloster spielte zwar eine echte Christusbeziehung, zugleich aber auch die damalige ungünstige Situation der verheirateten Frau und Höllenangst eine Rolle.

Am 2. November 1535 trat Teresa gegen den Willen ihres Vaters in den Karmel von der Menschwerdung (Santa María de la Encarnación) in Ávila ein. Im Konvent lebten zu dieser Zeit knapp 40 Schwestern, doch wuchs die Anzahl wegen des immensen Frauenüberschusses in Spanien in nur 15 Jahren auf 190, mit all den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen, sozialen und spirituellen Folgen. Am 2. November 1536 wurde sie eingekleidet und am 3. November 1537 legte sie ihre Ordensprofess ab.

Im Jahr darauf wurde Teresa ernsthaft krank. Eine retrospektive Diagnose ist nicht möglich, obwohl es viele Spekulationen gegeben hat; genannt wurden und werden unter anderem  Epilepsie, depressive Veranlagung und Brucellose. Auf dem Weg zu einer „Heilerin“ in Becedas fiel ihr bei ihrem Onkel Pedro das Tercer Abecedario Espiritual („Drittes geistliches ABC“) des Franziskaners Francisco de Osuna in die Hände, durch das sie in dem von ihr schon lange geübten „inneren Beten“ bestärkt wurde. Im Juli 1539 kehrte sie todkrank in ihr Kloster zurück, wo sie im August in eine dreitägige todesähnliche Starre fiel; man hielt sie für tot, betete die Totengebete für sie und hob bereits das Grab aus. Drei Jahre war sie mehr oder weniger gelähmt. Ab 1542 ging es ihr gesundheitlich besser, doch geriet sie in eine religiöse Krise; sie gab das innere Beten auf, das für sie „Verweilen bei einem Freund“ war, weil sie sich zu schlecht dafür hielt, wurde aber von Pater Vicente Barrón OP, den sie beim Tod ihres Vaters (26. Dezember 1543) kennenlernte, von diesem Irrtum befreit.

Nach der teilweisen Wiederherstellung ihrer Gesundheit nahm sie wieder am regen Umgang mit den Besuchern des Klosters in den Sprechzimmern teil, meistens auf Anordnung ihrer Oberen, litt aber sehr darunter, weil sie sich zwischen oberflächlicheren Interessen und dem Wunsch, sich ganz auf Gott einzulassen, hin und her gerissen fühlte. In der Not, dieses Dilemma aus eigener Kraft nicht lösen zu können, wurde ihr in der Fastenzeit 1554 vor einer kleinen Statue des Schmerzensmannes eine tiefe Erfahrung seiner Liebe zuteil, die eine völlige innere Umkehr und Befreiung bewirkte (ihre sogenannte „Zweite Bekehrung“). Teresa sprach in diesem Zusammenhang von einem „neuen Leben“. In den folgenden Jahren erlebte sie erste tiefe Gebetserfahrungen und Visionen, die sie, verunsichert durch unfähige Beichtväter, in Angst und Schrecken versetzen, doch erhielt sie von kundigen Dominikanern und Jesuiten, unter anderen Francisco de Borja, Aufklärung und Hilfe. In diese Zeit fielen die ersten Aufzeichnungen für ihre Selbstbiographie.

Eine weitere Vertiefung ihrer spirituellen Erfahrung war die sogenannte „Höllenvision“ (1560), die sie nach den damaligen Vorstellungen beschrieb, deren Kern aber ein vertieftes Bewusstsein für das umsonst geschenkte Erbarmen Gottes war. Die Auswirkungen auf Teresa waren der Wunsch nach einem konsequenteren Leben und apostolische Begeisterung. In diesem Zustand erlebte sie zusammen mit einigen Freundinnen und Verwandten im September 1560 die sogenannte „Gründungssitzung“ in ihrer Klosterzelle, bei der der Wunsch ausgesprochen wurde, eine Gemeinschaft nach Art der sogenannten Descalzos („Unbeschuhten“) zu gründen, wie damals die Anhänger von Reformbewegungen innerhalb ihrer jeweiligen Orden genannt wurden. Mit Hilfe des Bischofs von Ávila, Álvaro de Mendoza, erhielt Teresa von Papst Pius IV. die Erlaubnis, in Ávila ein Kloster zu gründen, in dem wieder die ursprüngliche Ordensregel des heiligen Albert von Jesrusalem befolgt werden sollte. So konnte sie am 24. August 1562 ihre erste Gründung, den Konvent vom hl. Josef (Convento de San José) in Ávila, errichten. Dem Brauch entsprechend wurden sie „Unbeschuhte Karmelitinnen“ genannt. Die ersten Klöster der Unbeschuhten wurden mit der kleinen Anzahl von 13 Schwestern gegründet, die später auf nicht mehr als 21 Schwestern erhöht wurde.

Der ersten folgten noch 16 weitere Gründungen für Schwestern, und in Zusammenarbeit mit Johannes vom Kreuz wurde Teresa auch zur Gründerin des männlichen Zweigs des Teresianischen Karmels. Im August/September 1568 führte sie in Valladolid Johannes vom Kreuz sorgfältig in ihre neuen Ziele ein, deren Kennzeichen ein geschwisterlicher Lebensstil, Einübung ins Ich-Sterben (Freiwerden vom Ego) und vor allem Pflege einer intensiven Freundschaft mit Gott waren; dem Ganzen sollte Demut – verstanden als ständiges Bemühen um Selbsterkenntnis – zugrunde liegen. Damit hob Teresa sich klar vom damals gängigen Reformideal der Descalzos in Kastilien ab, das auf  Rigorismus setzte, dessen Kennzeichen aufsehenerregende Bußübungen (Selbstgeißelung, extremes Fatsen und totales Abstinenzgebot) waren, womit man sich Gottes Gunst zu erwerben und zu erhalten hoffte.

Am 6. Oktober 1571 wurde Teresa vom Apostolischen Visitator Pedro Fernández OP gegen ihren und den Willen der Schwestern zur Priorin des Karmels von der Menschwerdung, in den sie ursprünglich eingetreten war, ernannt. Im Sommer des folgenden Jahres holte sie Johannes vom Kreuz als Spiritual und Beichtvater in diesen inzwischen auf etwa 200 Schwestern angewachsenen Konvent. Mit ihrer auf suavidad (Sanftheit) und nicht auf dem damals üblichen Rigorismus beruhenden geistlichen Führung gelang es ihnen, dort eine wirkliche Erneuerung durchzuführen.

Im Zuge der sich zuspitzenden Auseinandersetzungen in der Reformpolitik zwischen der päpstlichen Kurie in Rom (Konzil von Treient, abgeschlossen 1563) und dem Hof Philipps II., der entsprechende Einflüsse aus dem Ausland zurückzudrängen suchte (Regalismus), entstand zwischen Teresas Neugründung und dem Stammorden ein heftiger Streit, der erst durch die Errichtung einer unabhängigen Provinz durch Papst Gregor XII. mit dem Breve Pia consideratione vom 22. Juni 1580 beigelegt wurde; die Folge war die Errichtung einer selbstständigen Ordensprovinz des entstehenden Teresianischen Karmels am 7. März 1581.

Als sie von ihrer letzten Gründung in Burgeos auf dem Heimweg in den Karmel vom hl. Josef in Avila war, wurde Teresa von Provinzvikar Antonio de Jesús (Heredia) nach Alba de Tormes abgeordnet, wo sie der jungen Herzogin von Alba bei der Niederkunft beistehen sollte. Sie kam dort am 20. September 1582 todkrank an und starb im dortigen Karmelitinnenkloster am 4. Oktober 1582 gegen 9 Uhr abends. Aufgrund der Gregorianischen Kalenderreform folgte auf den 4. sofort der 15. Oktober, an dem Teresa beerdigt wurde.

 ad Verehrung

Teresa gilt als große Mystikerin. 1614 wurde sie selig gesprochen, 1617 zur Schutzpatronin von Spanien ernannt und 1622 heilig gesprochen. 1944 wurde sie von Papst Pius XII: zur Schutzpatronin der Schachspieler erklärt. Am 18. September 1965 ernannte Paul VI. Teresa zur Patronin der hispanischen Schriftsteller und am 27. September 1970 als erste Frau in der Geschichte der Kirche zur Kirchenlehrerin. Weitere Ehrungen sind ihre Ernennungen zur Mitpatronin Spaniens 1627 (neben Santiago, dem heiligen Jakobus, ein Titel, der ihr von Jakobusrittern streitig gemacht wurde) und zum Ehrendoktor der Universität Salamanca am 4. März 1922.

Da der Sterbetag der hl. Teresa in der katholischen Kirche bereits der Gedenktag des heiligen Franz von Assisi war, wurde ihr Gedenktag um einen Tag verlegt. Wegen dergreborianischen Kalenderreform war dies der 15. Oktober, daher ist dieser Tag der Gedenktag. Die hl. Teresa von Avila starb also in den damaligen katholischen Gebieten am letzten Tag der Gültigkeit des Julianischen Kalenders. Gelegentlich taucht entsprechend diesem Kalender auch der 5. Oktober als Gedenktag auf.

  • Katholisch: 15. Oktober   
  • Anglikanisch:  15. Oktober
  • Evangelisch: 15. Oktober (Gedenktag im Evangelischen Namenkalender)

Eine dem Gedenktag entsprechende Bauernregel lautet: Zu Theres' beginnt die Weinles'.

In der christlichen Ikonographie wird Teresa von Ávila im braunen Habit der unbeschuhten Karmelitinnen mit weißem Chormantel und schwarzem Schleier, mit den Attributen Buch und Feder, mit einem Herzen mit dem Christusmonogramm, mit Geißel, Dornen und Pfeil, mit der Taube des Heiligen Geistes dargestellt.

Eine der berühmtesten Darstellungen ist die Marmorstatue Gian Lorenzo Berninis in der römischen Kirche Santa Maris della Vittoria. Sie zeigt Teresa in der mystischen Verzückung bei der Transverberation

 

 

ad geistliche Erfahrung

Teresas Lehre zentriert sich auf das innere Beten (oración), das sie bereits vor ihrem Eintritt ins Kloster geübt hatte Seinen Ursprung dürfte es in ihrer natürlichen Veranlagung zu Freundschaft und Kommunikation haben: „Gott hat mir die Gnade gegeben, dass ich überall, wo ich hinkam, Sympathie hervorrief, und so war ich sehr beliebt“ Diese Zuneigung zu den Menschen dehnte sie auch vor allem auf den verlassenen und verratenen Menschen Jesus von Nazreth aus, und daraus entwickelte sie ihr „Beten“ als Pflege der Freundschaft mit Gott bzw. Jesus, vor allem nachdem sie im Herbst 1538 durch das Buch „Tercer Abecedario espiritual“ (Drittes Spirituelles ABC) des Franziskaners Francisco de Osuna auf diesem „Weg“ bestärkt wurde. Es bestand darin, „mir Christus in meinem Inneren vorzustellen“; später bezeichnete sie ihr Beten als „Verweilen bei einem Freund“. Das bedeutet, dass der Mensch sich immer wieder von neuem als der, der er ist, Gott zuwenden soll, ohne dabei etwas zu verdrängen oder abzuwerten, im Bewusstsein, so vom menschgewordenen Gott geliebt zu sein, „der sich über die Schwächen der Menschen nicht entsetzt, sondern Verständnis hat für unsere armselige Lage“. Bei diesen Bemühungen, lesend, schauend, nachsinnend ihm nahe zu sein, „widerfuhr es mir, dass mich ganz unverhofft ein Gefühl der Gegenwart Gottes überkam, so dass ich in keiner Weise bezweifeln konnte, dass Er in meinem Innern weilte oder ich ganz in Ihm versenkt war“.

Dabei machte Teresa im Lauf der Zeit auch mystische Erfahrungen (innere Ansprachen, Visionen,Verzückungen, bis zu dem als „intellektuelle Vision“ bezeichneten intuitiven Erahnen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit). Doch relativiert Teresa diese Erfahrungen selbst. Sie sind nicht das Wesen der mystischen ERfahrung, denn im erhabensten Zustand, der sog. „mystischen Vermählung“, verschwinden sie. Der Kern bleibt jedoch der personale Bezug, die „Freundschaft mit dem menschgewordenen Gott“, die sich in der gelebten Nächstenliebe bewährt: „Ob wir Gott lieben, kann man nie wissen; die Liebe zum Nächsten erkennt man aber sehr wohl.“

Ihre bekannteste Vision war die sogenannte Transverberation, die Durchbohrung ihres Herzens. „Ich sah einen Engel neben mir, an meiner linken Seite, und zwar in leiblicher Gestalt, was ich sonst kaum einmal sehe. [...] Er war nicht groß, eher klein, sehr schön, mit einem so leuchtenden Antlitz, daß er allem Anschein nach zu den ganz erhabenen Engeln gehörte, die so aussehen, als stünden sie ganz in Flammen. [...] Ich sah in seinen Händen einen langen goldenen Pfeil, und an der Spitze dieses Eisens schien ein wenig Feuer zu züngeln. Mir war, als stieße er es mir einige Male ins Herz, und als würde es mir bis in die Eingeweide vordringen. Als er es herauszog, war mir, als würde er sie mit herausreißen und mich ganz und gar brennend vor starker Gottesliebe zurücklassen. Der Schmerz war so stark, daß er mich [...] Klagen ausstoßen ließ, aber zugleich ist die Zärtlichkeit, die dieser ungemein große Schmerz bei mir auslöst, so überwältigend, daß noch nicht einmal der Wunsch hochkommt, er möge vergehen, noch daß sich die Seele mit weniger als Gott begnügt. Es ist dies kein leiblicher, sondern ein geistiger Schmerz, auch wenn der Leib durchaus Anteil daran hat, und sogar ziemlich viel.“ Im teresianischen Karmel wird der 26. August als Gedenktag der Transverberation gefeiert.

Am Ende ihres Hauptwerkes, den 1577 entstandenen Wohnungen der inneren Burg schreibt sie: „Letztendlich, meine Schwestern, das, womit ich schließe, ist, dass wir keine Türme ohne Fundament bauen sollen, denn der Herr schaut nicht so sehr auf die Größe der Werke, als vielmehr auf die Liebe, mit der sie getan werden. Und wenn wir tun, was wir können, wird Seine Majestät dazutun, dass wir jeden Tag mehr und mehr vermögen, sofern wir nicht gleich müde werden, sondern für die kurze Dauer dieses Lebens – und vielleicht ist es kürzer als die einzelne denkt – innerlich und äußerlich dem Herrn das Opfer anbieten, das wir fertig bringen. Seine Majestät wird es mit dem verbinden, was er am Kreuz für uns dem Vater darbrachte, damit es den Wert erhält, den unser Wollen verdient hätte, seien die Werke auch klein.“

 

 

Johannes vom Kreuz

(spanisch Juan de la Cruz, eigentlich Juan de Yepes Álvarez) (  24. Juni 1542 in Fontiveros bei Avila bis 14. Dezember 1591 Ubeda) war  Unbeschuhter Karmelit,Mystiker,  Heilger und Kirchenlehrer; sein Grab befindet sich in der Karmelitenkirche in Segovia in Spanien.

Juan de Yepes war der dritte Sohn armer Weber, kam mit seiner Mutter Catalina Álvarez und seinem um etwa zehn Jahre älteren Bruder um 1555 nach Medina del Campo (Spanien), wo er in der Armenschule Colegio de los Doctrinos und ab 1559 im neu gegründeten Kolleg der Jesuiten eine gediegene Ausbildung genoss. Eine Ausbildung in praktischen Berufen war nicht sehr erfolgreich, doch erwies er sich als tüchtiger Pfleger und Almosensammler für das Hospital de las bubas, in dem  Syphiliskranke gepflegt wurden. 1563 trat er in den Orden der Karmeliten ein, und nahm den Ordensnamen mit dem Namen Juan de San Matía an. Von 1564 an studierte er an der Universität Salamanca Theologie und Philosophie und  lernte 1567 kurz nach seiner Priesterweihe Teresa von Avila kennen, für deren Reform innerhalb des Karmelitenordens er sich begeisterte, so dass er von seiner Idee abkam, zu den Kartäusern überzutreten.

Nach Beendigung seiner Studien in Salamanca begann Johannes am 28. November 1568 unter dem Ordensnamen Juan de la Cruz (Johannes vom Kreuz) in Duruelo mit Antonio de Jesús de Heredia und einem weiteren Mitbruder nach den Vorstellungen Teresas zu leben, die sie bereits seit 1562 in ihrem ersten Kloster San José zu Avila verwirklicht hatte. Ihre Anhänger wurden entsprechend den damals in Kastilien üblichen Reformbewegungen Descalzos, die Unbeschuhten, genannt.

Im sich rasch ausbreitenden Orden der Unbeschuhten Karmeliten, auch  Teresianischer Karmel genannt, wurde Johannes vom Kreuz zunächst Novizenmeister, dann Rektor des Studienkollegs in Alcala de Henares und ab Frühjahr 1572  Beichtvater im Karmel von der Menschwerdung in Avila. Dorthin hatte Teresa ihn gerufen, die dort seit 6. Oktober 1571 aufgrund der Ernennung durch den Apostolischen Visitator als Priorin eingesetzt war. Wegen der unterschiedlichen Reformvorstellungen zwischen der Päpstlichen Kurie in Rom (Konzil von Trient) und dem Hof Philipps II., worin der Karmelitenorden in Spanien hineingezogen wurde, kam es zwischen den Unbeschuhten und dem Stammorden zu heftigen Auseinandersetzungen, deren Opfer Johannes vom Kreuz wurde. In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1577 wurde er entführt und im Ordensgefängnis des Klosters von Toledo eingekerkert, wo er als „hartnäckiger Rebell“ misshandelt und gedemütigt wurde. Diese Zeit wurde für ihn zur eigentlichen Mitte seiner Gotteserfahrung und der daraus entstammenden visionär-mystischen Dichtung.

Der römisch-katholische Priester und Orientalist Miguel Asin Palacios (1871–1944) wies als erster auf die Verbindung von Johannes' mystischer Dichtung zu den Schriften des  Sufi-Predigers Ibn Abbād (1332–1390) hin. Ibn Abbād hatte sich einige Jahre zur Meditation und Askese in die marokkanische Stadt  Sale zurückgezogen. Er hinterließ das Werk Sharḥ al-ḥikam und eine Sammlung von 54 Briefen, in denen er sich bescheiden als Sklaven vor Gott beschrieb. Palacios nahm den Begriff der „Dunklen Nacht der Seele“ als wesentliche Gemeinsamkeit, in diesem passiven Zustand des Menschen offenbare sich Gott am deutlichsten.

Im Gefängnis entstanden unter anderem sein Cántico espiritual, in dem die Menschenseele ihre Sehnsucht nach dem entschwundenen Geliebten besingt, während sein bekanntestes Gedicht Die dunkle Nacht danach entstand. Seine Gedichte in der Form einer Lira gehören zum Besten, was je in kastilischer (spanischer) Sprache gedichtet wurde. Reinhold Schneider schrieb über diese Zeit die Erzählung Die dunkle Nacht des Johannes vom Kreuz, wobei er sich allerdings mehr auf die Hagiographie als auf die heute zur Verfügung stehenden historischen Kenntnisse stützte.

In den Tagen nach dem 15. August 1578 konnte Johannes vom Kreuz fliehen und gelangte nach mehreren kurzen Aufenthalten im November 1578 in das abgelegene Kloster Calvario, von wo aus er die Karmelitinnen in Beas de Segura geistlich betreute. Bereits am 13. Juni 1579 gründete er in Baeza das erste Studienkolleg für die andalusischen Studenten der Unbeschuhten; 1582 wurde er Prior des Klosters in Granada, 1585 Provinzdefinitor und dann Provinzvikar von Andalusien, als welcher er im Schnitt täglich 15 km zu Fuß zurücklegte. In dieser Zeit verfasste er seine Schriften, Kommentare zu seinen Gedichten: Aufstieg auf den Berg Karmel, Die Dunkle Nacht, Geistlicher Gesang und Lebendige Liebesflamme. Darüber hinaus wirkte er in verschiedenen Klöstern der Unbeschuhten Karmelitinnen und auch außerhalb des Ordens als  Beichtvater und Seelsorger. 1588 wurde er Prior des Klosters der Unbeschuhten Karmeliten in Segovia und Mitglied der Leitung (Generalconciliar).

Beim Generalkapitel des Ordens 1591 in Madrid wurde er ein Opfer von Richtungsstreitigkeiten im jungen Orden, weil er die Reformen Teresas gegen den Rigorismus des Generalvikars Nicolás Doria verteidigte. Von der Ordensleitung verfemt, zog er sich nach Ubeda (Jaén) zurück, wo er in den ersten Minuten des 14. Dezember 1591 starb. Seine Reliquien befinden sich in San Juan de la Cruz in Segovia in einem Schrein von 1926 auf dem Hauptaltar. Viele Mitbrüder und Menschen außerhalb des Ordens verehrten ihn schon bald. Die Chronik des Ordens entstellte seine Vita jedoch, so dass er bis in die jüngste Zeit hinein als Rigorist und maestro de la nada (Lehrer des Nichts) galt, während er viel eher ein „Sänger der Liebe“ war. Das Nada te turbe, das man nach dem Tod der hl. Teresa in ihrem Stundenbuch fand, hielt man lange Zeit für ihr eigenes Werk, da es in Teresas Handschrift geschrieben war. Mittlerweile wird es aber dem hl. Johannes vom Kreuz zugeschrieben.

Am 25. Januar 1675 wurde Johannes vom Kreuz von Papst Clemens X seliggesprochen, am 27. Dezember 1726 erfolgte durch Benedikt XIII. die Heiligsprechung. Am 24. August 1926 erhob ihn Papst Pius XI. zum  Kirchenlehrer. Im März 1993 bestimmte ihn Johannes Paul II: zum Schutzpatron der spanischsprachigen Dichter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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