Irene Kohlbergers SALVETE

Madrid

Madrid

26. Dezember bis 31. Dezember 2013

Geschichte

Madrid wirkt auf den Besucher überaus großstädtisch - in vielerlei Hinsicht - in Bezug auf Planung, Verkehr, Gebäude usw. Während mehrerer Jahrhunderten versuchten die Könige aus dem Hause Habsburg und später aus dem Haus Bourbon der Stadt ihren Stempel aufzudrücken und es ist ihnen zweifellos gelungen.

Obwohl archäologische Befunde nahelegen, dass am Ufer des Manzanares, wo heute Madrid liegt, schon in der Bronzezeit Nomaden lebten, lassen sich weder römische noch westgotische Siedlungsspuren nachweisen. Erst unter den Arabern, die 711 in Spanien einfielen, gab es eine erste Siedlung am Hügel, wo heute der Palacio Real liegt.

Es war Emir Mohammed I. von Cordoba, der die Grenzfestung Mayrit oder Magerit gründete. Im Schutze der Festung und dank ihrer Lage an einem wichtigen Handelsweg, entwickelte sich die Siedlung. Zwischen 1085 und 1095 eroberte Alfons IV. der Tapfere mit seinen Truppen Toledo und auch das arabische Mayrit.

Zu Beginn des 12. Jh. hatte sich der Marktflecken so weit vergrößert, dass er eine neue Stadtmauer erhielt. Volles Stadtrecht erhielt Madrid unter Alfons X. dem Weisen (1252-1284). Die hier ansässigen Mauren lebten in einem eigenen Quartier außerhalb des südlichen Stadttores, an das heute noch die Puerta del Moro erinnert.

1469 heirateten Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien. Diese Hochzeit der „katholischen Könige“ führte zur Vereinigung der beiden rivalisierenden Reiche. Mit der Reconquista, die 1492 durch die Kapitulation von Granada, der letzten Bastion der Mauren, ihren Abschluss fand und mit dem Einsatz der Inquisition endete das bislang überwiegend friedliche Zusammenleben von Muslimen, Christen und Juden. Die beiden Könige hielten sich zwar nur vorübergehend in Madrid auf, doch entstanden in ihrem Auftrag, im Osten der Stadt, die Kirche und das Kloster von San Jeronimo el Real.

Ein reisender Arzt, Geograf und Astronom, Hieronymus Münzer beschrieb 1494 Madrid sei eine Stadt „so groß wie Biberach“, „sie habe viele Brunnen, billige Lebensmittel und zwei Maurenviertel, bewohnt von zahlreichen Sarazenen.“

Nach dem Tode der „Katholischen Könige“ ging die Krone nicht auf die Thronfolgerin Juana über. Sie wurde für verrückt erklärt und für den Rest ihres Lebens in ein Kloster gesperrt. Den Thron bestieg 1516 ihr Sohn Karl I., ein Enkel Kaiser Maximilians von Österreich. Mit ihm begann die Herrschaft der Habsburger in Spanien. Noch im selben Jahr wurde er, nach dem Tode seines Großvaters, in Frankfurt zum Kaiser des Hl. Römischen Reiches deutscher Nation gewählt. Als Karl V. regierte er über Spanien, die Niederlande, Sardinien, Neapel, Sizilien, Mailand, die Franche comte sowie über zahlreiche amerikanische Kolonien. Dieses ausgedehnte Reich ließ ihn kaum die Hälfte seiner Regierungszeit auf spanischen Boden zubringen. Aber wenn er in Spanien weilte, war er gerne in Madrid. 1537 ließ er den Alkazar vergrößern und mit einer repräsentativen Fassade versehen. 1544 begann er nördlich der Stadt mit dem Schlossbau „El Pardo“ und verlieh der Stadt den Titel „imperial y coronada villa“. Während seiner Regierungszeit wuchs Madrid von 3000 auf 25 000 Einwohner.

Sein Sohn und Nachfolger Philipp II. (1556-1598) bestimmte Madrid 1561 zur Hauptstadt des Reiches, „in dem die Sonne nicht untergeht“. Die alte Festung, der Alcazar, wurde zum Mittelpunkt des spanisch politischen Lebens. Als zweiten Herrschersitz gab Philipp den damals weit außerhalb der Stadt im Osten gelegenen Buen Retiro beim Kloster San Jeronimo el Real in Auftrag. Der Status einer Hauptstadt zog auch Adel und Hofstaat an, der zumeist im Alcazar residierte. Außer dem Palacio de Uceda entstanden damals keine Paläste, da das Bauinteresse vornehmlich religiösen Bauten galt und vor allem dem Escorial, der Unsummen von Staatsgeldern verschlang. Insgesamt entstanden während seiner Regierungszeit 18 Kirchen und sieben Klöster. Obwohl Madrid inzwischen 60 000 Einwohner hatte, gab es kaum Geld für den dringenden Ausbau der Stadt. „Die Häuser sind arm und hässlich, fast alle sind aus Lehm hergestellt. Es fehlt an Bürgersteigen und Aborten; für die Bedürfnisse werden Nachtöpfe benützt, deren Inhalt nachts zum Fenster hinausgeworfen wird“, schrieb der päpstliche Nuntius Camillo Borghese, der spätere Paul V.

Obwohl das 17.Jh. den Niedergang der wirtschaftlichen und politischen Macht Spaniens bedeutete und die Bevölkerung in bitterster Armut lebte - erlebte das Land einen kulturellen Höhenflug: das Siglo de Oro. Auch die Stadt profitierte davon. Sie war inzwischen auf 100 000 Einwohner angewachsen und gründete ihren Ruhm auf das Wirken der hier ansässigen Künstler, wie der Dichter Cervantes, Calderon, Lope de Vega und Quevedo, sowie der Hofmalern Diego de Velasquez (seit 1623) und Francisco Zurbaran (seit 1634).

Am 1. November 1700 starb der letzte spanische Habsburger, Karl II., ohne einen Erben zu hinterlassen. Um den verwaisten Thron brach zwischen den österreichischen Habsburgern und den französischen Bourbonen ein zwölf Jahre dauernder Krieg aus. Im Frieden von Utrecht konnte sich schließlich Philipp von Anjou, ein Enkel Ludwigs XIV. gegen seinen Rivalen Karl von Habsburg durchsetzen. Als Philpp V. begründete er die spanische Bourbonen Dynastie. Nach französischen Vorbild wurde das heruntergewirtschaftete Spanien ein zentralistischer Staat - doch hatte das Land seine Stellung als europäische Großmacht verloren.

Die Hauptstadt Madrid wurde im Stil des französischen Absolutismus verschönert. Das „klösterliche Madrid“ wandelte sich. Die ersten wichtigen Architekten bauten und schmückten die Fassaden mit einer Überfülle von Ornamenten. Als typische Bauwerke dieser Epoche gelten u.a. die Toledo Brücke, die Kirche Monserrat, Santa Barbara und San Andres, sowie die Paläste Miraflores, Ugena und Perales. Für weitere Bauvorhaben zeichnen französische und italienische Architekten verantwortlich. 1734 war der Alcazar abgebrannt, wodurch der Weg für einen repräsentativen Neubau im Sinn des 18.Jhs. frei wurde, dem Palacio Real. Unter dem Einfluss der Aufklärung wurden in den 1730er Jahren Königliche Akademien für Pharmazie, Sprache und Geschichte gegründet. Auch der Wohnungsbau erlebte einen Aufschwung, der Anteil an vier-und fünfstöckigen Häusern nahm deutlich zu. Ferdinand VI. (1746- 1759), Sohn und Nachfolger Philipps V., sorgte für den Ausbau des Verkehrsnetzes. Er gründete große Spitäler und die nach ihm benannte Akademie der Schönen Künste.

Der aufgeklärte Monarch Karl III. (1759-1788) prägte Madrid während seiner 29jährigen Regierungszeit, wie kein anderer Herrscher. Daher wurde ihm der Beiname „Madrids erster und bester Bürgermeister“ verliehen. Unter seiner Regierung entstanden die bis heute bestehenden Straßenachsen, Boulevards, Brunnen und Alleen. Er sorgte für die längst überfällig gewordenen Kanalisation, für Straßenpflaster und Beleuchtung. In seinem Auftrag entstand die Puerta de Alcala und die gleichnamige Einzugstrasse nach Osten. Auch entstand der Postpalast unter seiner Regierung und das Gebäude des heutigen Prados, das ursprünglich als naturwissenschaftliches Museum konzipiert war. Der botanische Garten, neben dem Prado, geht auch auf ihn zurück.

1762 holte Karl III. den italienischen Maler Tiepolo nach Madrid, das zum letzten Zentrum spätbarocker Malerei wurde. Zeitgleich mit Tiepolo kam der junge Deutsche Anton Raphael Mengs an den spanischen Hof. Der klassizistische Maler wurde eine der einflußreichen Persönlichkeiten im Kunstbetrieb und öffnete u.a. Francisco Bayeu und Goya den Zugang zu königlichen Ämtern.

1788 übernahm Karl IV. den Thron seines Vater, der allerdings aufgrund eines Aufstandes bald zur Abdankung zugunsten seines Sohnes Ferdinand gezwungen wurde. 1808 drangen französische Truppen in Spanien ein. Napoleon zwang die in sich zerstrittene Königsfamilie zur Abdankung und ernannte seinen Bruder Joseph Bonaparte zum neuen König. Am 2. Mai 1808 erhob sich die Madrider Bevölkerung gegen die französischen Eindringlinge, mussten aber nach stundenlangen blutigen Straßenkämpfen, bei denen 1500 Menschen den Tod fanden, aufgeben. Die anschließenden Erschießungen dokumentiert Goya in einem seiner Meistergemälde. In der kurzen Regierungszeit von Joseph Bonaparte wurden Kirchen, Klöster und ganze Häuserblocks abgerissen, um Raum für große Plätze zu schaffen.

Mit der Rückkehr Ferdinands VII. im Jahr 1814 fanden alle liberalen Strömungen, die sich unter französischer Herrschaft entwickeln konnten, ihr Ende. Mit Hilfe von französischen Truppen stellte er die alte absolutistische Ordnung wieder her. Er schloss Universitäten, setzte auf Pressezensur und  Inquisition. 1819 wurde der Prado als Königliche Gemäldegalerie eröffnet.

Mit dem Tod Ferdinands 1833 setzten wieder Thronstreitigkeiten ein, und zwar zwischen seiner Tochter Isabella und seinem Bruder Karl, aus denen Isabella zunächst als Siegerin hervorging. Der Canal de Isabel II. sicherte die Wasserversorgung der Stadt, die gleichzeitig auch eine Gasbeleuchtung erhielt.

1843 entstand der Palacio de las Cortes (heute Parlament) und 1850 das Theater Real und die Nationalbibliothek. Der 1860 vorgelegte Bebauungsplan (Plan Castro) sah vor, die Stadt nach Nordosten und Süden zu erweitern. Damals entstanden auf streng rechtwinkeligen Grundrissen die Viertel Chamberi und Salamanca als Fortsetzung der bereits unter Karl III. angelegten Wohnviertel um den Retiro Park.

Die Septemberrevolution von 1868 stürzte Isabella II. und mündete in die erste Spanische Republik. 1873 wurde die erste Republik durch den liberalen Politiker und Schriftsteller Emilio Castelar ausgerufen, doch kam Isabellas Sohn Alfons XII. mithilfe des Militärs 1874 wieder an die Macht. Alfons sorgte für das erste Telefonnetz der Stadt, für elektrische Beleuchtung und für Straßenbahnen. Unter seiner Regierung wurde das erste Wahlrecht für Männer konstituiert und das noch heute gültige Bürgerliche Gesetzbuch erstellt. Unter ihm begann man mit dem Bau der Almudena Kathedrale im neugotischen Stil, die erst nach hundertjähriger Bauzeit vollendet wurde. Unter Alfons XIII. der ab 1886 die Staatsgeschäfte leitete, gingen die letzten Kolonien, wie Kuba, Puerto Rico und die Philipinnen verloren.

Architektonisch neigte man sich dem Historismus zu, der sich mit modernistischen Details zu einem eigenen spanischen Stil entwickelte. (circulo de Bellas Arte und Banco Central). Am 14. April 1913 wurde die Zweite Spanische Republik ausgerufen. Alfons XIII. ging ins Exil. Die „nina bonita“, das hübsche Mädchen, wie die Zweite Republik genannt wird, stand vor schier unlösbaren Problemen, die sich in gewaltsamen Auseinandersetzungen Luft machten. Am 18. Juli 1936 putschte sich das Militär unter General Francisco Franco an die Macht. Madrid wehrte sich gemäß der Parole „No pasaran!“ (Sie werden nicht durchkommen) Doch beendete am 1. April 1939 der Einmarsch des siegreichen Generals nicht nur den dreijährigen Kampf um Madrid, sondern besiegelte auch die Niederlage der Republik. Die nun folgende Diktatur sollte erst mit dem Tod Francos enden. Im Spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939 (500 000 Tote) war Madrid bis zuletzt, und zwar bis zum 28. März, republikanisch und erlitt durch deutsche und italienische Bombardements schwere Zerstörungen (Belagerung von Madrid). Nachdem sich die Nationalisten um den General Francisco Franco durchgesetzt hatten, prägte dessen Diktatur bis 1975 die Stadt. 1965 bis 1973 fanden zahlreiche Streiks und Studentenproteste statt.

Die kurze republikanische Epoche hinterließ wenige Gebäude. Die Universität, die Casa de las Flores und das Kino Barcelo machen deutlich, dass nun dem funktionalen Anspruch Rechnung getragen wurde. Am Ende des Bürgerkrieges stand der Wiederaufbau der zerstörten Stadt im Vordergrund. Historistisch zunächst, aber doch bald im funktionalen Stil, dem amerikanischen Vorbild verpflichtet.

Francisco Francos Regierungszeit ging als längste Diktatur in die spanische Geschichte ein: Sie währte fast 40 Jahre von 1939 bis 1975. Linke Widerstandskämpfer wurden in den ersten Jahren größtenteils verfolgt und die Zensur als Unterdrückungsmethode wurde zum Alltag. Als Franco in den 60er Jahren das Land für den Tourismus öffnete, verzeichnete Madrid einen weiteren Konstruktions-und Bevölkerungsboom. Dieses Mal war die urbane Infrastruktur der Stadt jedoch darauf vorbereitet und konnte die neuen Ansprüche bewältigen - Die Hauptstadt wuchs zu einer wahren Metropole heran. Die allgemeine Bewegung der spanischen Bevölkerung im 20. Jahrhundert ging vom Land in die Stadt, vor allem auch nach Madrid.

Nach dem Tod Francos im Jahre 1975 gab es in Madrid eine Kulturbewegung, die Movida madrilena, welche die Freiheit in allen Facetten auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Juan Carlos I. wurde König und leitete die Demokratisierung (Transicion) ein, die jedoch am 23. Februar 1981 durch einen Putschversuch einiger Offiziere der Guarda Civil und des Militärs noch einmal gefährdet wurde. 1992 war Madrid  "Kulturstadt Europas". Erst 1993 wurde die Kathedrale des Erzbistums Madrid Santa Maria la Real de La Almudena fertiggestellt. Am 11. März 2004 wurden bei islamistisch motivierten Terroranschlägen auf vier voll besetzte Nahverkehrszüge 191 Menschen getötet.

Die Geschichte Madrids zeigt, das die Stadt von vielen Imigranten bevölkert war, ist, und wahrscheinlich immer sein wird.

Reiseeindrücke

Das Hotel Arturo de Norte, wo wir untergebracht sind, liegt am nördlichen Rand der Außenbezirke in San Sebastian de los Reyes. Es ist ein sehr schönes Hotel mit gediegener Einrichtung, einem großen Bad und freundlicher Atmosphäre.

Gegenüber dem Hotel erhebt sich das  Einkaufszentrum Plaza del Norte, das ich stilistisch in die dreißiger Jahre des 20.Jh. einordnen würde: die Glaskuppel und die Glasdächer würden dazu passen. Wahrscheinlich ist es erst in den 70ern errichtet worden, wobei man auf frühere architektonische Details zurückgriff. Auf der home-page des Einkaufszentrum war nicht zu erfahren, wann es gebaut wurde.

 Um in das Zentrum von Madrid zu kommen muss man zuerst eine halbe Stunde mit dem Bus mitfahren, der sich durch die Vorstädte seinen Weg sucht, bis er die Endstation erreicht, die Plaza de Castillo, wo ein Busbahnhof versenkt wurde und auf drei Niveaus die Busse in alle Richtungen starten. Gleichzeitig kreuzen den Bahnhof zwei Metrolinien, Nummer1 und Nummer9. Mit der Nummer1 geht es dann ins Zentrum zur berühmten Puerta del Sol. Die Puerta del Sol ist das geographische Herz Spaniens mit dem Kilometer Null, wo alle spanischen Nationalstraßen beginnen. Und hier begann auch aller politischer Widerstand, auch schon am 2. Mai 1808 gegen die französische Besatzungsmacht. In den zahlreichen umliegenden Cafes wurden und werden vermutlich noch immer politische Debatten geführt und Umstürze vorbereitet. Z. B. wurde 1931 vom Balkon des Postgebäudes, das zum Innenministerium umfunktioniert wurde, die Zweite Republik ausgerufen. Die Movimiente 15-M, die sich infolge der schweren Wirtschaftskrise 2011 rasch über das ganze Land verbreitete, hatte ihren Anfang auf der Puerta del Sol. Immer wieder fanden sich damals Gruppen von jungen Leuten und Rentner zusammen, um ihren Unmut auszudrücken.

Das eindrucksvollste Gebäude, die Casa de Correos mit einem hohen Uhrturm, begleitet den Jahreswechsel mit 12 Schlägen, wie bei uns die Pummerin, während die Madrilenen bei jedem Glockenschalag eine Weintraubenperle in sich hineinstopfen. (Es soll Glück bringen!) Das Gebäude wurde unter Karl III. errichtet, auf einem Bauplatz, wo zwei Häuserblocks mit mehr als 20 Häusern weichen mussten. Die Hauptfassade zeichnet sich durch klassizistische Linienführung aus. Über dem Haupteingang verläuft ein Balkon, der von einem Giebel mit königlichen Wappen geschmückt ist. Unter Franco war hier die gefürchtete „politisch-soziale Brigade“ untergebracht, die man die „Grauen“ nannten. Die Keller, wo unliebsame Oppositionelle gefangen gehalten und gefoltert wurden, verschwanden erst bei der 1998 abgeschlossenen Renovierung des Gebäudes. Heute ist hier die Regierung der Region untergebracht.



Am Nordrand der Plaza steht auch der hoch aufgereckte Bär, der an einem Erdbeerbaum knabbert, das Wahrzeichen Madrids. Jetzt zur Weihnachtszeit erhebt sich eine hohe aus vergoldetem Draht errichtete Pyramide, die den an sich großen Platz ein schmückendes Zentrum verleiht.

             

Ich wandere weiter die Calle San Jeronimo hinunter und gelange zur Plaza Canovas de Castillo, wo sich inmitten des Kreisverkehrs der Neptunbrunnen ( 1780) erhebt. Ich überquere den Paseo del Prado, der die Plaza de la Cibeles mit der im Süden gelegenen Plaza del Emperador Karl V. verbindet. Der Weg hinunter führt durch eine verkehrsarme Zone, wo nur leere Taxis unterwegs sind. Auf den Gehsteigen ist es eng und ich versuche von einer Seite zur anderen zu wechseln, doch ist es überall das Gleiche.

Die Geschäfte auf de Calle Jeronimo wirken schon durch ihre Holzumrahmung sehr würdig und traditionell. Und würdig ist auch das Angebot: ein Kleidergeschäft mit überdimensionierten Kämmen, worüber der weibliche Kopfschleier geschlungen wird. Ob heute noch irgendjemand diese weibliche Kopfbedeckung trägt? Ich wage es zu bezweifeln. Im Süßwarengeschäft ist reger Betrieb. Vor einer bestimmten Bäckereiabteilung stehen einige Personen an. Da es über Weihnachten und Neujahr eine zusätzliche Lottoziehung gibt, warten Schlangen vor der Lottoannahmestelle. Nicht unbedingt ein Zeichen prosperierenden Wohlstandes! Im unteren Drittel der Jeronimo erhebt sich der Palacio de las Cortes heute das Parlamentsgebäude. Ein historistischer Bau, den zwei Löwen flankieren. Irgendwie ähnelt er dem Wiener Parlament, aber klarer in den Linien. Der moderne Erweiterungsbau, der Richtung Plaza de Sol errichtet wurde, kann mehr: hier stimmen Funktion und Gestaltung maßvoll zusammen.

 

Rund herum erheben sich die neoklassizistischen Bauten, geschmückt mit reichem Ornament. Im Vergleich zu Wien sind die Häuser im Durchschnitt ein Stockwerk höher, wodurch sie wesentlich imposanter wirken und den Betrachter mit Ehrfurcht erfüllen. Mitten drinnen in dem architektonischen Imponiergehabe erhebt sich Cervantes, als Ritter gekleidet, auf einem Sockel, der mit Szenen aus Don Quichote geschmückt ist. Ich fotografiere ihn vor dem hohen blauen Himmel, was ihn noch zusätzlich als Gestalt verkürzt, aber das nehme ich hin. Die protzige Fensterreihe im Hintergrund passt einfach nicht zu ihm.

            

Gegenüber vom Parlament ist ein Polizeiwagen mit einigen Polizisten postiert, die das zugesperrte Gebäude bewachen. Neben dem Denkmal tummeln sich kleine Buben mit Skateboards - das würde Cervantes sicher gefallen.

An dem Paseo de Prado liegt der Palacio Villahermosa (1806), wo das Museum Thyssen-Bornemisza untergebracht ist, der Museumsbau des Prado und der Botanische Garten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Palacio Villahermosa erhebt sich der Dos-Mayo-Obelisk, der 1839 zur Erinnerung an die Opfer des 2. Mai 1808 errichtet wurde. Eindrucksvoll erhebt sich das mächtige Standbild, wo eine immerwährende Flamme brennt.

           

Nun will ich nur weiter, endlich den Prado erblicken, wo so viele Gemälde auf mich warten, die ich nur aus Kunstbüchern kenne. Doch als ich vor der Westfassade des Pradogebäude ankomme, stehen die Leute schon Schlange, um zu den Tickets zu kommen. Noch ahne ich nicht, dass die Schlange noch drei Mal so lang werden kann. Ich wende mich daher zur Kirche des San Jeronimo, die am Hügel vor mir aufragt. Sie wirkt neugotisch auf mich und ich habe Recht. Wenn ich später lesen werde, dass San Jeronimo schon von den Katholischen Königen im 16.Jh. in Auftrag gegeben wurde, bin ich kurz verunsichert. Doch wenige Zeilen später lese ich, dass die Kirche völlig zerstört wurde und der jetzige Bau tatsächlich ein gotischer Neubau ist.

 San Jeronimo      Sakramentsaltar

 Drinnen ist es sehr dunkel und ich taste mich fast nach vorne, wo in der linken Seitenkapelle ein goldener Kreuzaltar zum Sakramentsaltar bestimmt wurde. Ich knie nieder und kann hier gut beten. Mein Versuch zur Hl. Messe in der angebauten Kapelle zu kommen scheitert, weil ich die Kapelle nicht finde, doch beschließe ich am folgenden Tag rechtzeitig zur Hl. Messe hier zu sein.

Vor der Kirche spielt ein Gitarrist hingebungsvoll Serenaden und Stücke aus dem reichen Repertoire der spanischen Gitarrenmusik. Ich setze mich in die Sonne, obwohl sie nur illusionär durch ihr Licht wärmt, und höre ihm zu.

            

Im Thyssen - Bonemisza Museum gibt es eine Sonderausstellung zum Thema „Träume und Surrelismus" und diese Ausstellung wird mein erstes Betrachtungsziel.

While Freud’s thinking, in particular his great work The Interpretation of Dreams (1900), was crucial for the Surrealists’ own approach to the world of dreams, they were more than mere followers of his ideas. For them, the dream was a field of experience different to that of conscious life, and knowledge of it was essential for the enrichment and expansion of the psyche.(Info aus der home-page)

Dazu gibt es auf der home-page des Museums einen vollständigen Rundgang, der auch in Zukunft gespeichert bleibt. Ich kann mir daher hier eine genaue Beschreibung sparen.

Besonders erfreut habe ich mich hier an den verspielten und gekonnten Bildern von Salvator DALI. In der Ausstellung ging es um Traum und seine Bilder und Inhalte stimmen inhaltlich völlig überein mit dem Thema und darüber hinaus ist er ein Könner. Seine Bilder heben sich überdeutlich vom Umfeld der anderen Malereien ab und das versöhnt mich mit ihm. In Figueras, wo sich Dali, der Malerkönig von eigenen Gnaden, eine Residenz gestiftet hat, wo nur seine eignen Werke geduldet werden, wird man seiner mächtige Präsenz nicht recht froh, weil es einer geistigen und seelischen Diktatur gleichkommt, wenn man hier überdimensionierten Lippen - grellen Farbkombinationen - und einer Überfülle von verformten Gestalten, neukonstruierten Landschaften und entmaterialisierten Gegenständen, gleichsam ungeschützt, begegnet. Dort triumphiert der Meister in seinem eigenen Kosmos und lässt dem Betrachter keinen Raum zur Rücksprache mit dem eigenen Ich.

Doch hier ist es anders. Hier eröffnet er eine neue Weise der Weltbetrachtung, die der Fantasie des Betrachters Raum und Nahrung gibt.

 

 

Lange stehe ich davor und freue mich an diesem Meisterwerk.

Das Bild mit den fliegenden Löwen besticht durch meisterhafte Zeichnung und der Originalität des Einfalls.

Nach der aktuellen Ausstellung besuche ich zunächst den Trakt, wo die Werke der Avantgarde ausgestellt sind: einige Beispiele der hier versammelten „Modernen“ sollen hier eingefügt werden.

Picasso: Harlekin sich im Spiegel betrachtend

Picasso:Stierkampf

Franz Marc Träume

Franz Marc: PferdeAndre Derrain: Waterloo Brücke

Picasso: Mann mit Klarinette

 

Duffy: Der kleine Palmbaum

                      Yurii Annenkow: Kathedrale von Amiens

                         Emil Nolde: Sommerblumen                

Ernst Kirchner: Fränzi vor einem geschnitzten Stuhl

                             Ilya Chaschnik: Komposition   Kadinsky: Helles Oval
                              Max Beckmann: Stilleben

Max Chagall: Der Hahn

            Max Ernst: Ohne Titel         

                        Mondrian

     Chagall:Haus in Grau

        Max Beckmann: Quappi im rosa Pulli

Im ersten Stock des Museums finden sich die Meister der frühen Moderne, wovon ich Einige hier vorstellen will. Im übrigen eine grandiose Sammlung, die in dieser Villa Hermosa ihre Heimat gefunden hat. Da auf der home-page des Bornemiszia Museums die Werke aller ausgestellten Meister alphabetisch gereiht, in Abbildungen aufzufinden sind, begnüge ich mich hier der Vorstellung meiner besonderen Lieblingen.

               Henri Toulouse Lautrec: Jockeys

  Edgar Degas: Tänzerinnen                              

                Caspar David Friedrich: Ostermorgen                   Vincent van Gogh: Abendlandschaft                          

                            

     Vincent van Gogh: Les Vessenots

Paul Gougin: Garten unter der Kirche

                        Claude Monet: Brücke

                                       Renoir: Frau mit Sonnenschirm im Garten
  Paul Cezanne: Sitzender Bauer Paul Cezanne:Bei der Hutmacherin

        Manet: Reiterin                         

Schiele: Häuser am FlussFeininger :Architektur

Am zweiten Tag meines Madridbesuches wandere ich wieder hinunter zum magischen, d.h. zum Museumsdreieck. Heute möchte ich ins Zentrum der Malerei, in den

PRADO.

Die Geschichte dieses großartigen Museums beginnt mit den Katholischen Königen, die schon im 15. Jh. Werke flämischer Meister sammelten. Karl V. fügte dieser Sammlung Werke von Rogier van der Weyden, Jan van Eyck und Athonis Mor hinzu. Tizian wurde sein Portraitmaler, den auch sein Nachfolger Philipp II. bewunderte. Philip II. war der erste Impulsgeber für ein großangelegte königliche Gemäldesammlung. Dank dieser beiden Monarchen und Maria von Ungarn, der Schwester Karl V. und Herrscherin über die Niederlande, besitzt der Prado die hervorragendste Sammlung zu Tizian, der nicht nur auf die Sammlung, sondern auf die Entwicklung der spanischen Malerei, großen Einfluss hatte. Auch Philip II. begeisterte sich für flämische Kunst und kaufte Werke von van Weyden, Bouts, Patinir, Campin, Gossaert, David und insbesondere von Hieronimus Bosch, von dem der Prado die weltweit größte Sammlung bewahrt. Zu den höfischen Portraitisten gehörten noch Anthonis Mor und Sanchez Coello, die ein charakteristisches Bildmodell des ofiziellen Hofportraits schufen, das bis ins 18.Jh. gültig blieb. Dazu kommen die zahlreichen italienischen Künstler, die an der Ausschmückung des Escorial beteiligt waren.

Philipp IV. war nicht nur ein Förderer des großen Diego Velazquez, sondern auch ein unermüdlicher Sammler. An der Ausschmückung der Sommerresidenz Palacio del Buen Retiro und des Jagdschlosses Torre de la Parada arbeiteten Velazquez und Rubens. Als die Sammlung des unglücklichen Karls I. von England verkauft wurde, erwarb Philipp IV. Bilder von Mantegna („Tod einer Jungfrau“), Tintorettos „Fußwaschung“, Dürers „Selbstbildnis“, Raffaels „Die Hl. Familie“, Veroneses „Errettung des Mose“.

Die ab 1700 herrschenden Bourbonen brachten Werke der italienisch klassischen Kunst nach Spanien. Er erwarb die Sammlung von Carlo Maratta mit Bildern von Carraccis, von Sacchi und Poussin. Seine zweite Frau, Isabel de Farnesio, bereicherte die königliche Kollektion nicht nur mit Werken flämischer und holländischer Maler des 17.Jh. sondern auch mit denen von Domenichino, Guercino, Guido Reni oder Cerano. Ihre bedeutenste Anschaffung war eine großen Zahl von Murillo Werken, die sie in Sevilla erstand, als sich der Hof von 1729-1733 dort aufhielt.

1724 erwarb Philip V. und seine Gattin ein Skulpturenensemble, das Christina von Schweden vereint hatte. Dazu kamen Werke, die Velazquez in Rom für die königlichen Sammlung ausgewählt hatte. Mit den Bourbonen kamen Meister des Spätbarocks nach Spanien, wie Corrada Giaquinto und Giovanni Battista Tiepolo. Letzterer traf hier mit Anton Raphael Mengs zusammen, der den klassischen Akademismus im Land begründete. Die königliche Pinakothek erweiterte der Monarch mit Gemälden von Barocci, Andrea de Sarto und Raffael, sowie den spanischen Künstlern, Ribera, Ribalta und Juan de Juanes.

Als das Museum seine Türen öffnete, wurden 311 Werke spanischer Künstler ausgestellt. Dank Ferdinands VII., dem Sohn Karls IV. vergrößerte sich diese Zahl beharrlich, da er Kunstobjekte von den königlichen Residenzen einforderte. 1827 umfasste das Inventar bereits mehr als 4000 Gemälde. Die Kosten des Museums trug die königliche Privatschatulle und in Überstimmung mit dem königlichen Charakter des Museums, waren die ersten Direktoren Mitglieder des alten Adels, die sich in künstlerischen Fragen auf den Rat der königlichen Hofmaler stützen. Nach langen Besitzstreitigkeiten, die den Bestand des Museums ernstlich gefährdeten, wurde 1865 wurde das Museum endgültig als Besitz der Krone definiert und die Sammlung der privaten Verfügung der Herrscher entzogen. Als Isabella II. entthront wurde, ging das Museum 1872 in staatlichen Besitz über. Im selben Jahr wurde die Sammlung der kirchlichen Kunstwerke aus dem Dreifaltigkeitsmuseum, die aus aufgelösten und säkularisierten Klöstern stammten, mit der Pradosammlung zusammengeführt.

Naturgemäß verschärften die Neuzugänge das Platzproblem erheblich, das bis in die frühen Jahre des 21.Jhs. ein ständig virulentes Problem blieb.

Das Gebäude des Prado (übersetzt “Wiese”) wurde 1785 als naturwissenschaftliches Kabinett durch den Architekten Juan de Villanueva im Auftrag König Karls III. begonnen, doch erst Jahre später, unter Fernando VII. als Pinakothek fertig gestellt. Unter dem Namen Museo Real de Pintura y Escultura (Königliches Museum für Malerei und Bildhauerei) wurde der Prado am 19. November 1819 eingeweiht. Später wird der Museumsbau noch nach den Plänen einer eigens dafür eingesetzten Kommission »dekoriert«. Dekorativstes Element, das hinzugefügt wurde, ist der große Fries am westlichen Eingang, vor dem eine Statue des Künstlers Velazquez steht. Auch die Fassade wurde noch vervollständigt: sinnbildliche Frauenskulpturen in Nischen und Büsten der wichtigsten spanischen Künstler – sechs Maler, fünf Bildhauer und fünf Architekten – finden sich an den beiden Fronten der Galerie.

          Mehrfach ist das Gebäude erweitert worden: erstmals 1918, und weitere Male zu Beginn der 50er und der 60er Jahre. Die wichtigsten Erweiterungen des Prado-Museums erfolgten durch Einbeziehung benachbarter Gebäude: das Cason del Buen Retiro 1971 und den Palacio de Villahermosa (heute Thyssen-Bornemisza-Museum)1985 bis 1989. Ab dem Jahr 1971 wurden die Werke des 19. und 20. Jahrhunderts in das Museo Reina Sofia ausgegliedert.

Die letzte Erweiterung hat das berühmte Museum erst vor ein paar Jahren erfahren: Im Jahr 2007 wurde die Ausstellungsfläche durch den vom spanischen Architekten Rafael Moneo entworfenen Anbau um mehr als die Hälfte vergrößert. Zu den neu geschaffenen Räumen gehören vier Säle für temporäre Ausstellungen, der restaurierte Kreuzgang der Kirche Los Jerónimos, eine große Eingangshalle für Besucher, sowie ein Auditorium.

Archivierung neuEingangsbereich neu

 Kreuzgang San Hieronimo

 Die Schlange vorm Museumseingang ist sehr lang, länger als gestern und ich ärgere mich, dass ich gestern nicht im Prado meine Museumsbesuche begonnen habe. Doch schließlich geht es schneller, als ich erwartet habe und nach knapp einer halben Stunde betrete ich die ersehnten Ausstellungsräume. In gelinder Hast bewege ich mich über die Stufen, die zum ersten Stock führen. Gegen alle gutmeinenden Empfehlungen stolpere ich ohne Plan und Audioguide in den großen Saal des ersten Stockes. Große Gemälde von Veronese (1528-1588) begrüßen mich und dann erblicke ich Werke von Tizian(1489-1576), Tizian und wieder Tizian. Vierzig Jahre lang war er als Maler der Lokalmatador der mächtigsten Habsburger, Karl V. und Philipp II. Die wenigen sehr intimen Bilder, die in Wien hängen, werden hier von einer eindrucksvollen Tiziangalerie mehr als übertroffen.

Adam und Eva

 

                                Ecce Homo

                                        

 Baccanal Venus und Adonis

Danae den Zeus, als Goldregen erwartend

                    Karl V. Privat   

                 

  Karl V. nach der Schlacht am Mühlberg

Zum einen entstanden eine Reihe Portraits der Majestäten, die ihrem Selbstbild Rechnung trugen, zum andern malte TIZIAN Andachtsbilder, wie Adam und Eva oder Jesus als Leidensmann. Freier in der Gestaltung wurde er nur, wenn er mythologische Szenen „unter den Pinsel nahm“: Die nackte Danae, die hingegeben auf die Berührung mit dem Goldregen wartet oder Venus, die nackt und statuenhaft gemalt, mit einer leidenschaftlichen Gebärde Adonis zurückzuhalten versucht, um ihn von der Jagd abzuhalten, die ihm durch einen Eber den Tod bringen wird.

Doch lange hält es mich nicht bei den großen Renaissance - und Barockmalern, die im Großen Saal hängen, weil die großformatigen Szenen viel Platz brauchen. Mit großer Freude laufe ich in die Räume, wo SEINE Bilder hängen, die der Meister gemalt hat, der die Tradition der byzantinischen Malweise aus seiner Heimat mitgebracht und mit dem italienischen Spiel mit Licht und Schatten zu einer völlig neuen Malweise entwickelt hat. Dazu kommt, das El Greco in magischer Weise die transzendente Inhalte nahezu mühelos für den Betrachter ins Bild übersetzt.

Das Bild der Entkleidung Christi, wo Jesus im roten Kleid im Zentrum des Bildes steht und auf seine Kreuzigung wartet, besitzt eine so große Kraft, dass ich es am liebsten kniend betrachten möchte. Aber das geht nicht! Nicht hier, wo die Leute herumgehen. Diesem Gemälde werden Abbildungen und Drucke niemals gerecht - weil der leuchtende Farbauftrag eine nahezu unwiderstehliche Wirkung auf den Betrachter ausübt. Lange betrachte ich dieses wunderbare Gemälde und kann mich kaum lösen, um mich den anderen Werken Grecos, die ähnlich kostbar und schön sind, zuzuwenden.

                   

         El Greco - Domenikos Theotokopuolos -(1541-1614) wurde in Kreta geboren und bildet mit Velasquez und Goya die große Triade der Spanischen Schule. In der Tradition byzantinischer Ikonenmaler geschult, reiste er nach Venedig und später durch ganz Italien, um sich den westlichen Stil bis zur Perfektion anzueignen. In der Hoffnung in Spanien als Hofmaler arbeiten zu können, schuf er für Philipp II. zwei Werke (Martyrium des Hl. Mauritius und Allegorie der hl. Liga), die jener aber als Altarbild ablehnte. El Greco hatte sechs Jahre an dem Matyrium des Hl. Mauritius gearbeitet und den Augenblick festgehalten, wo der Hl. Mauritius seine Kameraden ermahnt, dem christlichen Glauben treu zu bleiben. Doch Philipp hatte andere Vorstellungen von Heiligen, um deren Fürsprache man bitten konnte, und die Personen auf Grecos Bild gehörten zweifellos nicht dazu.

         

           

Erst in Toledo gelang es ihm Fuß zu fassen und mit Porträts und Andachtsbilder Anerkennung zu finden. Meiner Meinung nach verlässt er niemals den Boden der byzantinischen Tradition, die den Geist der Transzendenz in Ikonen zu fassen sucht. Daher ist es die Göttlichkeit Jesu, die in der Gestalt des rot gekleideten Christus oder des kreuztragenden Jesus, dem Betrachter entgegentritt, ähnlich den Christusbildern, die aus den Kuppeln der griechischen Kirchen herabblicken. Und doch so anders, so künstlerisch erhöht, in seiner freien subjektiven und manieristischen Malweise, die seine Zeitgenossen und auch noch nachfolgende Betrachter zutiefst verstörte.

Kreuztragender Christus
  Dreifaltigkeit 

                                          Maria der Verkündigung

           Pfingsten

Der segnende Christus folgt streng der Formensprache der byzantinischen Kunst, und zwar dem Ikonentypus des Segnenden Christus: die strenge Frontalität des Körpers und des Gesichtes, die segnende Geste der rechten Hand und die direkt blickenden Augen sind traditionelle Formelemente der byzantinischen Ikonenmalerei. Und dennoch trägt das Werk unverwechselbar Züge des Meisters: So spiegeln sich im Antlitz des Herrn männlicher Ernst und weibliche Zartheit wider, was mich als Betrachterin magisch anzieht, während aus den Ikonen zumeist ein sehr distanzierter und streng blickender Christus herausschaut. Dazu kommt der Antagonismus zwischen rechter und linker Hand, und zwar zwischen der segnenden aktive Hand und der eher weiblich wirkende linken Hand, die passiv auf der Weltkugel aufruht. Damit gelingt ihm die Aufhebung der menschlichen Polaritäten in der Person des mensch gewordenen Gottessohnes in unnachahmlicher Weise.

 Esteban Murillo (1617- 1682) kenne ich vor allem aus Kunstbüchern und Dias. Die Muttergottes mit dem Kind, das in Wien hängt, schrammt meiner Meinung nach in sein Süße schon haarscharf am Kitsch vorbei. Doch hier werde ich eines Besseren belehrt. Die Rosenkranzmadonna, die hier hängt, hat Persönlichkeit und blickt ernst aus dem Rahmen. Auch der kleine Jesus ist weitab von kindlicher Süße dargestellt, obwohl im Ganzen betrachtet, seine kindlichen Züge nicht verleugnet werden - er ist auch kein junger Mann in Kindergestalt. Er kann malen dieser Sevillaner und rührt den Betrachter, nicht zuletzt durch Ernst und Würde.

             

Die häusliche Szene mit einer wollewickelnden Maria und einem starken, im besten Mannesalter stehenden hl.Joseph besticht durch die lebendige Komposition. Und als Detail am Rande betrachte ich die Hand des kleinen Jesus, der den Vogel mit seiner kleinen Hand fast erwürgt, während der Vogel offenbar ungerührt seinen Kopf fröhlich hervorstreckt - Wunder das, hat ihn doch der Knabe vor der Schnauze des Hundes errettet.

             

Esteban Murillo (1617-1682) war lange Zeit der am meisten geschätzte spanische Künstler in Europa. Seine Bilder wurden schon zu seinen Lebzeiten exportiert. Im 19.Jh. geriet er wegen der Lieblichkeit und des andächtigen Charakters seiner Werke, die jetzt als übertrieben bewertet wurden, in Verruf. Bis Mitte des 20.Jh. blieb er eher unbeachtet; erst die Aufarbeitung seines OEuvres rückte ihn erneut als einen der raffiniertesten, größten und neben Velazquez vielleicht modernsten spanischen Malers des 17.Jhs. in den Blick. Trotz seines guten Rufes gelangte unter den Habsburgern kein Bild in die königliche Sammlung. Als der bourbonische Hof (1729 bis 1733) in Sevilla weilte, erwarb Isabel de Farnesio, die Gattin Philipps V, den Großteil der Gemälde, die sich heute im Prado befinden.

Schon 1645 arbeitete Murillo als selbständiger Maler in Sevilla, wo er alle wichtigen Aufträge für sich entscheiden konnte. Murillo, der immer seinen persönlichen Stil beibehielt, zeigt sich am Beginn seines Schaffens naturalistisch ausgerichtet, in der Nachfolge von Juan de Roela, Herrera d. Älteren und Zubaran. 1658 war er kurze Zeit am königlichen Hof, wo er sich vermutlich die Gemäldesammlung genauer ansah. Dazu kam, dass Herrera in Sevilla durch die Malauffassung von Rubens und van Dycks beeindruckt, diese in Sevilla propagierte. Murillo folgte dieser Entwicklung, aber auf seine Art. In seinem sanften, sicheren und monumentalen Stil schuf er glaubwürdige und unpathetische religiöse Szenen, die uns bis heute berühren. Seine letzten Werke malte er in leichtem, transparenten Stil mit hellen Farbtönen und flüssig bewegtem Pinselstrich, von französischen und englischen Maler des 18.Jhs. sehr bewundert.

Murillo gestaltet Kinderthemen mit großer Zärtlichkeit und großer Realitätsnähe, egal ob es sich um Straßenkinder handelt oder um religiöse Szenen.

Knabe mit Vogel

 Jesus mit dem Johannesknaben spielend

 Das Bild, wo Jesus dem Johannesknaben in einer Muschel Wasser reicht, werden die beiden Knaben nicht nur in ihrem kindlichen Körper realistisch und in großer Formtreue abgebildet, sondern darüber hinaus mit aller Symbolik ausgestattet, die ihre biblische Laufbahn kennzeichnet. So malt Murillo die Haut des Johannesknaben als zukünftigem Eremiten in der Wüste, deutlich dunkler, als jene von Jesus. Auch trägt der Johannesknabe schon sein Fellgewand und den Stab mit den Worten, „Seht das Lamm Gottes!“ in der Hand, als Hinweis darauf, dass er eines Tages vor allen Leuten Jesus als Lamm Gottes bezeichnen wird. Als bestärkendes Element dieser religiös christlichen Vorausbedeutung seiner Worte kommt das Lamm ins Bild, das aus der linken Ecke heraus an der Szene wesentlichen Anteil hat. Der Jesusknabe selbst bildet das stehende Element der Dreiecksgruppe, die über seinem Kopf von Engeln in den Horizont hinein „aufgehoben“ wird. Die Muschel, die Jesus dem halb knienden Johannesknaben hinreicht, ist unschwer als Hinweis auf seine zukünftige Taufe zu interpretieren.

Murillo schuf etwa zwanzig Versionen von Maria Immaculata.

Der Prado hütet vier von ihnen - diese ist wahrscheinlichste die berühmteste. Obwohl er nicht der erste war, der dieses Thema gestaltete, schuf er den Typus mit dem größten Prestige: seine Jungfrauen sind glanzvoll, wunderschön und erheben sich in einer barocken Aufwärtsbewegung zum Himmel empor.

Dieses Bild wurde von einem französischen Marschall entwende, der es in seinem Haus aufbewahrte und 1852 vom Louvre angekauft. 1941 gelangte das Bild, dank eines Austausches mit dem Louvre wieder in den Besitz des Prado.

 

             Hl. Bernhard und Christus

Kreuztragender Jesus begegnet seiner Mutter

                                                                                                                  

Anbetung der Könige


Rückkehr des verlorenen Sohnes

Einer der größten und zweifellos auch der bekanntesten spanischen Maler ist zweifellos Diego Velazquez (1599-1660)

Velázquez wurde im  andalusischen Sevilla wahrscheinlich in den ersten Tagen des Juni 1599 geboren. Neben seiner Ausbildung in Sprachen und in Philosophie, begann er aufgrund seiner künstlerischen Begabung bereits mit knapp zehn Jahren eine Lehre bei dem Maler Francisco Herrera. Ab Dezember 1610 setzte er seine Lehre in der Werkstatt von Francisco Pacheco fort. Bei ihm lernte vor allem den Einsatz von Proportionen und Perspektiven. Wesentlich beeinflusst wurde Velázquez' Ausbildung von den Werken Caravaggios, den Pacheco als hervorragenden Maler schätzte und von dessen Schaffen Velázquez bereits während seiner Lehre mehrere Gemälde im Original beziehungsweise als Kopie studierte.

1618 heiratete Velázquez mit Pachecos Zustimmung dessen Tochter Juana und begann als eigenständiger Künstler zu arbeiten. Das große Vorbild des  jungen Künstles war die Natur. Er malte nach dem lebenden Modell und entwickelte sich so zum größten Naturalisten der spanischen Schule. Einer der Schwerpunkte seines Schaffens wurde die Bildnismalerei. Unter seinen frühesten Werken finden sich Porträts von einzelnen Personen und Gruppen aus dem Volksleben: z. B. Wasserverkäufer von Sevilla.

Die starken Kontraste heller und dunkler Farben weisen unverkennbar auf Anregungen durch das Werk Caravaggios hin. In diese Zeit fällt das naturalistisch aufgefasste religiöse Bild:

       Die Anbetung der Könige

     

Im Dezember 1622 wurde Velázquez auf Veranlassung von Olivares nach Madrid berufen. Juan de Fonseca quartierte den jungen Maler bei sich ein und saß ihm Porträt. Die Bewunderung, die dieses Porträt bei Hofe erregte, verschuf Velázquez jetzt endlich auch die Gelegenheit, Philipp IV. zu malen.

Porträts Philipp IV.

Am 6. Oktober 1623 trat Velázquez als Hofmaler in den Dienst des spanischen Königs. Philipp IV. hatte rasch das außergewöhnliche Talent von Velázquez erkannt und erklärt, dass kein anderer Maler mehr seine Porträts ausführen sollte – eine Aussage, die allerdings nicht lange Bestand hatte, denn Peter Paul Rubens malte mehrere Porträts des spanischen Königs über Velázquez' Stil hinaus.

1627 veranlasste der spanische König einen Malwettbewerb unter seinen vier Hofmalern.Velázquez Wettbewerbsbeitrag war ein Gemälde, das Philipp III. zeigte, der mit seinem Marschallstab einer Gruppe von Menschen den Weg aus Spanien weist. Beide Jurymitglieder erklärten Velázquez zum eindeutigen Sieger des Wettbewerbs und Philipp IV. bestätigte ihre Entscheidung. Als Lohn für seinen Sieg wurde Velázquez zum Kammerherrn ernannt. Für Velázquez bedeutete dies eine mietfreie Wohnung im Palast, kostenlose ärztliche Behandlung sowie kostenfreie Medikamente. Unter den vier Hofmalern hatte Velázquez damit eine eindeutige Vorrangstellung e 1628 war Peter Paul Rubens für neun Monate in Madrid zu Gast und der spanische König beauftragte Velázquez damit, ihn mit der Kunst Spaniens vertraut zu machen.

1629 gewährte Philipp IV. Velázquez bezahlten Urlaub und ermöglichte ihm damit, Italien zu besuchen. In Italien, wo er bis Anfang 1631 blieb, entstanden unter anderem die zwei  Historienbilder: Die Söhne Jakobs bringen diesem Josephs blutigen Rock (El Escorial, Madrid) und Apollo in der Schmiede des Vulkans. In beiden Gemälden zeigt sich der Einfluss der italienischen Meister.

    

In dem Gemälde Apollo in der Schmiede des Vulkans fängt Velázquez den Moment ein, als der jugendlich strahlende Apollo die Schmiede betritt und dem Gott Vulkan den Seitensprung seiner Gattin Venus mit dem Kriegsgott Mars verkündet. Vom Eintritt Apollos überrascht, verharren die Gehilfen des Vulkans in Posen, die deutlich den Einfluss der italienischen Maler zeigen. Auch die Form der Pinselführung und der Rotton der Tunika Apollos verweist auf den Einfluss von Tintoretto und Tizian.  Über Neapel, wo er 1631 mit seinem Landsmann, dem Maler Jusepe de Ribera zusammentraf, kehrte er wieder nach Spanien zurück.

In Madrid wurde er von Philipp IV. wieder mit der Schaffung zahlloser Porträtgemälde der Mitglieder des spanischen Königsfamilie sowie des Spanischen Hofes beauftragt. In den zwanzig Jahren, die bis zu seiner zweiten Italienreise vergingen, festigte sich sein Ruf am königlichen Hof. Ihm wurde die künstlerische Ausgestaltung zahlreicher Bauten des spanischen Königs übertragen.

Porträts des Prinzen Baltasar Carlos

Zu den von ihm Porträtierten zählte unter anderem der Thronerbe,  Prinz Baltasar Carlos. Die Gemälde, die Velázquez schuf, gehören zu den schönsten Kinderporträts des Barocks.

           

Prinz Baltasar Carlos und sein Zwerg, welches unmittelbar nach Velázquez Rückkehr aus Italien entstand, zeigt im Zentrum des Bildes ein knapp zweijähriges Kleinkind in einem prächtigen Zeremonialkleid, das mit seinem fein modellierten Kopf bereits königliche Würde ausstrahlt. Degen, Kommandostab und der im Hintergrund geraffte weinrote Vorhang weisen darauf hin, dass hier der lang ersehnte Nachfolger Philipps IV. dargestellt ist. Der Kopf der Zwergin ist dagegen wesentlich gröber gearbeitet und mit silberner Kinderklapper und einem Apfel wie mit Zepter und Reichsapfel ausgestattet als spiele sie den skurrilen Zeremonienmeister für das Kleinkind.

Fünf Jahre später stellte Velázquez den Thronerben auf einem sich aufbäumenden Pferd dar.

              

Wieder verlieh Velázquez dem nun in der Uniform eines Feldmarschalls dargestellten Kind Würde und Ernsthaftigkeit. Während der Hintergrund des Bildes nur angedeutet ist, ist das Gesicht des Thronerbens in Licht getaucht. Selbst der Schatten, den die Hutkrempe des Thronerben wirft, ist transparent. Mit müder Noblesse, die im Widerspruch zu der Kindlichkeit des Dargestellten steht, blickt der junge Prinz auf seinen Betrachter herab. Die meisten Porträts, die Velázquez von dem 1646 vermutlich an einer Blinddarmentzündung gestorbenen jungen Prinzen schuf, zeigen ihn als ein Kind, das von den Rollenzwängen seiner Stellung beherrscht ist.

                       

Eine Ausnahme stellt das 1635/1636 entstandene Bild Prinz Baltasar Carlos als Jäger dar, das als Gegenstück des Bildes Philipp IV. als Jäger entstand. Dargestellt ist ein aufmerksam dem Betrachter entgegenblickendes Kind, dem zu Füßen ein Hühnerhund döst, während das im bläulichen Grün dargestellte Gras noch vom Tau feucht zu sein scheint. Hier weist nur die reiche Kleidung des Sechsjährigen auf die ihm vorbestimmte Rolle hin.

     Die Porträts der Hofzwerge und –narren

 Würde und Ernsthaftigkeit strahlen auch die Porträts der Hofzwerge und -narren des königlichen Hofes aus, die Velázquez in den zwanzig Jahren bis zu seiner zweiten Italienreise malte..

          Die Reiterporträts

Conde Duque de Olivares zu Pferde, 1634, Öl auf Leinwand; Prado, Madrid

       

Der mächtige Minister war der frühe und langjährige Patron des Malers und sein unbewegtes Gesicht ist uns von vielen Gemälden Velázquez' bekannt. Velázquez hatte diesem Mann auch die Treue gehalten, nachdem er am königlichen Hof in Ungnade gefallen war. Es ist eine Darstellungsweise, die normalerweise nur regierenden Herrschern zugebilligt wurde.

       

Mit dem Gemälde Philipp IV. zu Pferde schuf Velázquez das Bild, das aufgrund des Ranges des Dargestellten das wichtigste Werk in diesem Zyklus darstellt. Es zeigt den König und sein Pferd in Profilstellung ohne jegliches allegorisches Beiwerk vor einer in Grau- und Blautönen gemalten, sanft abfallenden und weit ausgedehnten Ideallandschaft, während Pferd und Reiter die Kurbette ausführen, eine reiterliche Figur, bei der das Pferd steigt und die dem Reiter höchste Konzentration abfordert. In dieser reduzierten Bildrhetorik unterscheidet sich Velázquez erneut deutlich von seinem Zeitgenossen Rubens, der die Bedeutung der von ihm Dargestellten regelmäßig dadurch unterstrich, dass er sie entweder übertrieben groß vor einem tiefen Horizont darstellte oder seine Bilder stärker durch Schlachtszenen oder allegorischen Figuren inszenierte. Von den zahlreichen Reiterporträts, die Velázequez von Philipp IV. schuf, diente eines dem Bildhauer Montafles als Vorbild für eine Bronzestatue, die sich heute auf der Plaza del Oriente in Madrid befindet.

Königin Isabella von Bourbon zu Pferde             Philipp III. zu Pferde

Ende 1648 ging Velázquez zum zweiten Mal nach Italien, um im Auftrag des Königs Kunstwerke als Vorbilder für eine in Madrid zu gründende Kunstakademie anzukaufen. Er blieb bis Juni 1651 in Italien, wo er unter anderem ein Bildnis des Papstes Innozenz X. schuf, das zu den besten Papstporträts zählt, die je gemalt wurden.

        

Nach Madrid zurückgekehrt, sah sich Velázquez wegen der zweiten Heirat des spanischen Königs mit  Maria Anna von Österreich genötigt, seine Aktivitäten als Hofmaler noch zu verstärken. Ferner wurde er zum Hofmarschall ernannt.

                              Antonius besucht Paulus in der Wüste Die Spinnerinnen
Versuchung des Hl. Thomas von Aquin

                   Bacchus und seine Freunde

                     Maria Krönung

 Daneben fand er aber auch noch Zeit, ein religiöses Bild wie den Besuch des heiligen Abtes Antonius bei dem heiligen Einsiedler Paulus in der Wüste und drei Meisterwerke ersten Ranges zu malen: Die Teppichwirkerinnen, ein Bild, das die Fabel der Arachne darstellt, die Venus vor dem Spiegel, seinen einzigen Akt und das unter dem Titel Las Meninas (Die Hofdamen) bekannte Gemälde, das Velázquez selbst zeigt, wie er die königliche Familie malt.

LAS MENINAS

Vor diesem Bild stauen sich die Besucher und ich erhasche kaum einen Blick darauf.

Zweifellos ist das Bild ein künstlerischer Meilenstein, mit seiner geheimnisvollen Komposition, wo aller Augen aus dem Bild heraus auf das eintretende Königspaar gerichtet sind, doch seine anderen Werk stehen diesem Bild nicht nach.

 

Seine aufreibende Tätigkeit im Dienste des Königs blieb nicht ohne Auswirkungen auf seine Gesundheit. Er zog sich ein „hitziges Fieber“ zu, an welchem er am 6. August 1660 in Madrid starb.

Merkmale von Velázquez' Malerei

Velázquez ist einer der größten Bildnismaler aller Zeiten, der neben der seinerzeit vorherrschenden idealistischen Kunstauffassung auch den Naturalismus zu einem gleichberechtigten Stil erhoben hat. Sein höchstes Ziel war die streng objektive Nachahmung der Natur bei geistreicher und individueller Auffassung.

Velázquez' Malweise hat verschiedene Wandlungen durchgemacht: Von einer kräftig-pastosen, warmen Farbgebung mit bräunlichen Schatten ausgehend, lernte er allmählich die Einwirkung des natürlichen Tageslichtes auf die Farbigkeit der Figuren und Gegenstände kennen. Schließlich hüllte er alle Lokalfarben in einen kühlen, grauen Ton, durch den seine reifsten Schöpfungen gekennzeichnet sind. In seinen letzten Arbeiten löste er die dargestellten Motive in lauter einzelne, leicht hingesetzte Pinselstriche auf, die erst bei der Betrachtung aus größerer Entfernung zu einem einheitlichen Ganzen von geschlossener Harmonie zusammenwachsen. Er kam in seinem Spätwerk daher der Auffassung sehr nahe, die im Impressionismus vorherrschend wurde..

Alleine hängt das Kreuzigungsbild von Velazquez an einer Längswand des Raumes. Mächtig, vor völlig unstrukturieten schwarz-braunen Hintergrund hängt ER am Kreuz. Sein Körper ist unverletzt! Es gibt keine Geißelspuren! Doch ist ER zweifellos tot. ES IST VOLLBRACHT!

Minutenlang stehe ich vor dem Bild und bliebe am liebsten hier für immer stehen .. nichts fühlend als SEINE Gegenwart im Bild…

Dieses Bild der Kreuzigung bedeutet für mich persönlich die ausdruckstärkste Wiedergabe des Geschehens auf Golgotha. Der Kampf ist zu Ende und der Auftrag für die Erlösung der Welt erfüllt. Einsam hängt Christus zwischen Himmel und Erde. Das Sterben des menschgewordenen Gottes reißt im Augenblick alles in Dunkelheit. Nichts umgibt ihn, als das dunkle Nichts. Ich sehe das Bild das erste Mal im Original und erlebe die unglaubliche Faszination dieses Gemäldes, das aus Leinen, Farben und Firnis gestaltet, den Blick in das Zentrum des Christentums eröffnet.

Wer war diese Maler, der so tief in die Menschwerdung des LOGOS eingetaucht ist, dass er die furchtbare Konsequenz SEINES Sterbens spüren und in der monochromatischen Dunkelheit des Leinwandhintergrundes für uns festhalten konnte? Unendlich begabt! Unendlich mutig!

 

Jusepe de Ribera  (1591-1652)

ist ein Spanier, der vor allem in Neapel tätig war. Die großen malenden Vorbilder im 16.Jh. waren die Renaissancemaler Italiens

 Michelangelo, Raffael und Leonardo.

 Sie waren die Wegbereiter einer Malweise, die von den antiken Traditionen ausgehend, gewandelt durch ihre eigene Auffassung und Begabung, völlig neue Wege beschritt. Noch heute faszinieren uns die Werke des Giganten Michelangelo, der nicht nur die Antike in seine Formensprache übersetzte, sondern darüber hinaus den Beginn einer neue künstlerischen Auffassung markierte, die wenig später von vielen begabten Malern und Bildhauern aufgeriffen und auf ihre persönliche Weise weiterentwickelt wurden. Und einer von diesen Nachfolgern auf dem neuen Weg, war der Spanier Jusepe de Ribera. Wegen seiner Herkunft wurde er italienisch „lo Spagnoletto“ (der kleine Spanier) genannt. Ribera lernte zunächst bei Frances Ribalta in Valencia, ging dann nach Italien, studierte in Rom die Werke Raffaels und der Carraccis und zu Parma und Modena die von Antonio de Correggio. In Neapel bildete er sich nach Caravaggios Werken. 

 Das Gemälde Marter des heiligen Bartholomäus erwarb ihm die Stelle eines Hofmalers beim Herzog von Osuna des Vizekönigs zu Neapel. 

     

Sein naturalistischer Stil beeinflusste wesentlich die Entwicklung eines erneuerten Malstils in Neapel, dessen Vertreter zur Neapolitanischen Schule zusammengefasst werden. Ribera ist neben Caravaggio der bedeutendste Naturalist der neapolitanischen Malerschule; doch ist er noch energischer als dieser, und sein Helldunkel ist von höchster Kraft. Wegen seiner dunklen Schattengebung haben viele seiner Bilder jedoch den ursprünglichen koloristischen Reiz eingebüßt. Es zog ihn besonders zur Darstellung des Entsetzlichen und Grauenerregenden, am wirksamsten sind seine Marterbilder und ähnliche Stoffe; mit Vorliebe malte er Brustbilder von alten, knochigen Einsiedlern, Heiligen etc., worin er durch anatomische Genauigkeit glänzte.

    Jusepe RIBERA: Mater dolorosa

       Jusepe RIBERA: Hl. Christophoros

                           Hl. Hieronymus

 

            Hl. Dreifaltigkeit

                                                 Hl. Sebastian                                 

                              Hl. Franziskus

Ein besonderes Bild, das von Philipp II. nach Madrid gebracht wurde, soll hier noch Platz finden. Es ist ein Meisterwerk, dessen Kraft und Bedeutung den Betrachter so fasziniert, dass man alles Andere rundherum vergisst. Ich war todmüde von meinem Muesumsbesuch, aber dieses Bild habe ich gesucht und auch gefunden. Die Kreuzabnahme ist eines der Hauptwerke des Malers Rogier van der Weyden. Es entstand um 1435 bis 1440 als Mittelteil eines Tryptichons. Rogiers Figuren agieren in einem flachen Kastenraum mit Goldgrund. Wie in den Evangelien beschrieben ist der Leichnam Christi auf ein weißes Leintuch gebettet. Josef von Arimathäa hält ihn umfangen. Am rechten Bildrand ist Maria Magdalena zu sehen, die den Tod Christi mit gefalteten Händen und nach vorne gebeugter Gestalt betrauert. Ihre Körperbewegung wiederholt sich in einer rotgekleideten Figur am linken Bildrand, die den Jünger Johannes darstellt. Er beugt sich nach vorne, um die zu Boden sinkende Maria aufzufangen. Marias Armhaltung wiederholt sich in der Armhaltung des toten Christus. In der Armhaltung Christi und Marias sind die Grundrichtungen der Tafel unmittelbar anschaulich.

             

In der Löwener Kirche Onze-Lieve-Vrouw-van-Ginderbuiten befand sich die Kreuzabnahme etwas mehr als 100 Jahre. Die kunstsammelnde Maria von Kastilien tauschte es gegen eine Orgel und eine von dem Hofmaler Michael Coxcie geschaffene Kopie ein. Während einer Rundreise durch die Niederlande sah der spanische Kronprinz Philipp, der spätere Philipp II., das Werk im Schloss Binche, wo es damals untergebracht war und erwarb es von seiner Tante. Aus späteren Anweisungen an die spanischen Hofmaler anlässlich einer Restaurierung des Gemäldes weiß man, dass Philipp II. von dem schmerzvollen Gesichtsausdruck der Figuren besonders berührt war, weil seine Maler nur die Gewänder und den Hintergrund restaurieren durften.

Zunächst wurde das Gemälde in der Kapelle des königlichen Jagdschlosses El Pardo untergebracht, um später die Klosterkirche El Escorial zu schmücken. Während der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges befand sich das Gemälde in Genf. Als es 1939 zurückkam, wurde es in die Sammlung des Prado aufgenommen, wo es sich noch heute befindet. Die letzte Restaurierung wurde in den Jahren 1992 und 1993 durchgeführt.

Francisco de Goya (1746-1828) kam 1746 in Fuentetodos in Aragon als Sohn eines Handwerkers zur Welt. Nachdem er sich vergeblich um die Aufnahme in die Königliche Akademie bemüht hatte, erwarb er sich die handwerklichen Fähigkeiten zum Malen in der Werkstatt des Malers Bayeu in Madrid. Als 24-Jähriger besuchte er Italien. Nach seiner Rückkehr bekam er einige Aufträge und ab 1775 gehörte er zu einer Gruppe von Künstlern, die Kartons (Vorlagen) für die Wandteppiche der Real Fabrica de Tapices, der Teppichmanufaktur in Madrid lieferten.

   Kartons für die Real Fabrica de TapicesDer Topfverkäufer

In Öl malte er zunächst ländliche Szenen im beschwingten Stil des Rokokko. 1792 erkrankte Goya an einer Menengitis, in deren Folge er sein Gehör verlor. Dank seines guten Rufes als Porträtist wurde er 1799 zum ersten Königlichen Hofmaler, obwohl gerade seine Porträts von schonungsloser, oft karikierender Offenheit waren, wie es besonders am Bild der Familie König Karls IV. deutlich wird.

        

Goya malt Adelige: Die Herzöge von Osuna und ihre Kinder.

        

Die Herzöge von Osuna waren die ersten und konstanten Förderer von Goya. Es zeigt eine sehr sorgfältige pyramidale Komposition und es fällt auf, wie er mit Sanftheit und Sympathie die Kinder porträtiert und eine sehr subtile Farbpalette einsetzt.

Die Frauenporträts, von denen ich einige Beispiele gefunden habe, bestechen durch ihre subtile Wahrhaftigkeit. Die abgebildeten Frauen sind nicht nur schön, sondern verkörpern auch anziehende Persönlichkeiten. Dazu kommt, dass sein malerisches Können gerade in den Frauenbildern am deutlichsten zum Ausdruck kommt, wie z.B. beim nackten Körper der Maya, die er mit seinem Pinsel gleichsam "lebendig" gemalt hat. Wer ihm zu diesem überragendem Bildnis als Modell gedient hat, darüber rätseln die Experten allerdings bis heute.

Maya,bekleidet und nackt

Die Marquise von Santa Cruz


Gaspar Melchior de Jovellanos

          Condesa de Chinchon

           Zwei Majas am Fenster

 Zu seiner persönlichen gesundheitlichen Tragödie kam die politische Katastrophe der französischen Machtübernahme, die am 2. Mai 1806 zu einem Aufstand der Madrilenen gegen die Besatzungsmacht führte. In wenigen Stunden starben damals 1500 Menschen, die Rädelsführer wurden gefangen genommen und standrechtlich erschossen. Dieses Ereignis inspirierte den großen Maler zu einem Bild, dass seinesgleichen sucht, was Intensität und Eindruckskraft betrifft.

Die Werke seiner späteren Schaffensphase sind oft düster und von einer erschreckenden, fantastischen Grauenhaftigkeit. Besonders die Pinturas negras, womit er sein Haus und letzte Wohnstätte in Bordeaux freskiert hatte. Auch aus seinen Radierungen kann man erahnen, dass die Beschäftigung mit Tod und dem gewaltsamen Sterben ein Lebensthema von ihm geworden war.

Der Riese

                                Kronos frisst seine Kinder                                                                                

   Kampf auf Leben und Tod         Die beiden Alten

Goya emigrierte als 78Jähriger 1824 nach Frankreich, wo er vier Jahre später starb.  

In der Akademie finde ich später noch ein Gemälde von Goya, das durch die Dramatik seines Inhalts besticht: Das Fest der Sardine, das jedes Jahr am Ufer des Mazaranes gefeiert wurde. Zwei weißgekleidete Mädchen drehen sich im Kreis - begafft von den Umstehenden. Wie lange werden sie noch die Kleider der Unschuld tragen können? Es wäre besser gewesen, sie hätten auf dieses Fest verzichtet - so denkt man bei der Betrachtung der fratzenhaften Gesichter der Umstehenden.

Der Bildaufbau gefällt mir, doch das riesige Gesicht des Momo auf der Fahne über der Menge - stört das Gleichgewicht- aber wahrscheinlich war das so geplant.

 

 

Eine sehr lichtvolle Zeit muss es im Leben des Großen Malers Francisco Goya gewesen sein, als er die Kuppel und die Wände der Eremita de San Antonio ausgemalt hatte. Oder anders herum angenommen: Hat er sich vielleicht mit der Freskierung der Kapelle aus seinen Depressionen  herausgerissen, die ihn, durch seine Taubheit bedingt, immer wieder heimsuchten? Sicher ist nur, dass er den Raum 1798 mit den lichtvollsten und bewegtesten Geschöpfen bevölkerte und das Werk nur mit Hilfe eines Asisstenten, in sechs Monaten vollendete. 

Eremita de San Antonio de la Florida: Aussenansicht

   Goya: Kuppelfresco mit Hl. Antonius  

Eremita de San Antonio de la Florida: Innenansicht
              Details aus dem Kuppelfresco

Die Kapelle, Eremita de San Antonio wurde 1792 als Wallfahrtsziel zur Verehrung des Hl. Antonius von Padua errichtet, wo sich alljährlich am 13. Juni Prozessionen von Pilgern trafen.

Antonius wurde in Lissabon im Jahre 1195 geboren und entstammte einer portugiesischen Adelsfamilie. Mit fünfzehn Jahren wurde er Augustiner -Chorherr, studierte in Lissabon und   Coimbra, wo nach seinem Studium die Priesterweihe empfing. 1220 trat er zu de Franziskanern über und nahm den Namen des spätantiken Wüstenvaters Antonius Eremita an, des Patrons der Kirche, an der die Franziskanergemeinschaft in Coimbra tätig war. Nach dem Vorbild der Anfang 1220 in Marrakesch hingerichteten Brüder des Franziskanerordens zog Antonius als Missionar na Marokko, um ebenfalls das Martyrium zu finden. Wegen einer Krankheit musste er Afrika aber wieder verlassen und wurde durch einen Sturm nach Sizilien verschlagen. Eine zeitlang lebte er als Einsiedler bei Assisi und nahm 1221 am Generalkapitel der Franziskaner teil, wo er den Ordensgründer Franz von Assisi kennen lernte.

Antonius fiel durch seine außergewöhnliche Redebegabung auf. Daher wurde er im Herbst 1223 beauftragt, in der Romagna zu predigen, die zu dieser Zeit von politischen Unruhen erschüttert wurde. Durch seine hohe theologische Bildung war er auch befähigt den sich ausbreitenden Glaubensauffassungen der Katharer und Waldenser lehrend und predigend entgegenzuwirken.In einem an Antonius gerichteten Schriftstück, dessen Text überliefert ist und das wahrscheinlich um die Jahreswende 1223/1224 entstand, nannte Franziskus ihn anerkennend „meinen Bischof“ (episcopo meo) und erlaubte ihm, den Brüdern theologische Vorlesungen zu halten, „wenn du nur nicht durch dieses Studium den Geist des Gebetes und der Hingabe auslöschest“Etwa ein Jahr lang hielt sich Antonius an der  Universität  Bologna auf, wo er als Lektor der Theologie für die Franziskaner tätig war, bevor er 1225 nach  Südfrankreich zog, um auch dort den  Albigensern zu predigen. Wohl um das Jahr 1227 kehrte er nach Oberitalien zurück, wo er als Ordensoberer, Studienleiter und Busprediger wirkte.  Schon zu seinen Lebzeiten galt Antonius als bedeutendster Prediger seiner Zeit.

Von seinen zahlreichen Aufgaben und Reisen erschöpft, zog er sich 1230 von seinen Ämtern zurück. Nach Ostern 1231 unternahm er noch einmal eine Predigtreise nach Padua und verbrachte die letzten Wochen seines Lebens in der Einsiedelei Camposanpiero. Er starb am 13. Juni 1231 auf dem Rückweg in das nahe gelegene Padua.

Der Grundriss der Kapelle entspricht einem griechischem Kreuz, über dessen Mittelteil (Vierungsquadrat) sich eine Kuppel erhebt. Als Goya 1798 den Auftrag erhielt das Innere der Kapelle mit Fresken auszumalen, war er 52 Jahre alt und litt erbärmlich unter seiner zunehmenden Taubheit. Gemeinsam mit seinem Assistenten Asensio Julia vollendete er den Freskenschmuck der Kapelle in sechs Monaten. In die Kuppel placierte er den Hl. Antonius, der einen ermordeten jungen Mann zum Leben erweckt, um dessen Vater von der Anschuldigung des Mordes an seinem Sohn zu befreien. Sehr lebendig und eindrucksvoll fasste er die Szenen, die von vielen Leuten beobachtet und bestaunt wird. In leuchtenden Farben und breiten Pinselstrichen malte er die Gesichter und Gewänder der Protagonisten und man wird nicht müde diese Schönheit und Harmonie des künstlerischen Ausdrucks zu betrachten.

Dazu kommen eine Vielzahl von Engel, die an den Gurtbögen schweben und in den Gewölbezwickeln herabwehende Stoffbahnen zusammenhalten und raffen. Ihre Gestalten sind meisterhaft an ihr Tun angepasst und unvergleichlich, wie der Bewegungsduktus, der aus allen Winkel herabschwebenden Geistwesen von dem großen Meister anatomisch erfasst und ins Bild gebannt wurde. 

Um die Schönheit der Kapelle zu retten, erbaute man 1928 eine Kopie des Gebäudes und erklärte den älteren, von Goya bemalten Bau, zum National Monument und Museum. Das Innere des Raumes wurde immer wieder restauriert, das letzte Mal im Jahr 2005.

Noch heute leuchten die Fresken auf den Betrachter herab und auf das Grab von F. Goya, dessen Gebeine 1919 hierher überführt wurden. Vier große Spiegel ergänzen das Ambiente, und erlauben eine sehr intensive Beschäftigung mit den Details.

Nach dem Besuch dieses eindrucksvollen Bauwerkes, wende ich mich in Richtung des Fluss, der eingekeilt in senkrechte Uferbauten, hier nahe vorbeifließt. Der Manzanares ist 92 km lang, entspringt in der Sierra de Guardarrama und mündet in den Jamara. Es ist ein schmutzigtrübes Wasser, was sich hier in großräumigen Bögen durch die Stadt bewegt, und dennoch schafft der Fluss ein Ambiente, worin sich Freizeitanlagen offensichtlich nahtlos einfügen: Angefangen von den Parkanlagen bis hin zu den Radfahrwegen.

   

Am Rückweg zur Stadt berühre ich die Gartenanlagen des Palacio Real und später die öffentlichen Jardines de Sabatini, die einen wunderschönen Blick auf die Rückseite des Palacios freigeben.   

Am dritten Tag wähle ich die Calle Mayor in Richtung Plaza Major. Der rechteckige und große Patz ist im Zentrum von vielen Buden bedeckt, die „Weihnachtssachen“ anbieten. Es ist ein Christkindlmarkt, aber ohne „Punschstandl“ und andere Essensbuden. Die angebotenen Sachen reichen von Krippenfiguren, Spielzeug bis hin zu den Sonnenbrillen und Taschen, die fliegende illegale Händler los werden wollen. Dazwischen finden sich immer wieder Männer, die offensichtlich Seifenblasen anbieten. Es sind riesige Seifenblasen, die sie produzieren und die Kinder patschen begeistert in die bunte Pracht.

In den Galerien rund um den Platz fügen sich Geschäfte und Cafes ein - zum Teil heillos überfüllt, weil auch die Madrilenen während der Feiertage ihren Hauptplatz besuchen. Die Galerien sind aus quadratischen Pfeilern gebildet, die architektonisch nicht wirklich begeistern. Doch schenken sie im Sommer zweifellos angenehmen Schatten.

           

Philipp II. beauftrage 1581 Juan de Herrera mit der Gestaltung des Platzes, der schon damals eine wichtige Rolle im Stadtleben spielte. Die Plaza Major war nicht nur Handelsmittelpunkt und Zentrum des Lebens, sondern auch Schauplatz für Staatsakte, wie Königsproklamationen, Heiligsprechungen und Hinrichtungen. Auch zu Veranstaltungen, wie Stierkämpfe, Theateraufführungen und Rittertunieren strömten die Madrilenen auf die Plaza. Nach schweren Zerstörungen durch einen Brand, übernahm Juan de Villanova 1790 den Wiederaufbau des Platzes. Dabei wurden die Häuser, die den Platz umrahmen alle auf die Höhe der Casa Panaderia gebracht. Die ehemals acht offen mündende Straßen wurden überbaut und der Platz erhielt seine heutige Geschlossenheit.

Die Casa Panaderia (1590) diente als Unterkunft für Beamte, die Brot an die Bevölkerung verteilten. Am Balkon der Casa nahm die Königsfamilie Platz, wenn sie an den Attraktionen der Plaza Mayor teilnehmen wollte. Die Fensterfront der Casa empfinde ich sehr rhythmisch und die gesamte Fassade als sehr gelungen. 

Im Süden des Platzes gelangt man sehr bald zu dem berühmten Gourmettempel San Miguel. In den frühen Jahren des 21.Jhs. fanden sich private Investoren, die den verrosteten und verkommenen Jugendstilbau von San Miguel zu renovieren bereit waren. Und ihr Einsatz hat sich gelohnt! In der Markthalle tummeln sich so viele Menschen, dass man den Mut verliert, sich irgendwie um etwas Essbares zu kümmern - so bleiben nur einige Fotos von den Herrlichkeiten.

 San Miguel  

Später besuche ich die Barockkirche von San Miguel, die 1739 nach Plänen des Italieners Santiago Bonavia begonnen wurde. Die Außenfassade ist schmal und zurückhaltend mit Statuen geschmückt. Der Innenraum fasziniert durch eine mächtigen Kuppelraum, der sich über dem schmalen Langhaus erhebt. Es müssen faszinierende Fresken sein, die den Raum schmücken - doch ist es zu dunkel, um irgendetwas Genaues wahrzunehmen. Querschiff und Kuppel wurden von den Brüdern Velazquez ausgemalt. Ich hatte Glück, da eine Taufe die Kirche für mich geöffnet hielt - die sehr bald wieder geschlossen wurde. Ich trete wieder in den Sonnenschein und wandere Richtung Palacio Real.

          

Palacio Real

Wieder gibt es eine Warteschlange. Das ödet mich an, aber was will ich machen? Nach einer halben Stunde bin ich schließlich am Schalter, wo nur ein einziger Mann Dienst macht. Ich zahle mein Eintrittsticket und finde mich wieder in einem unübersichtlichen „Glumpert-Shop“, Marke Museumszubehör, den ich fluchtartig verlasse. Aber wohin soll ich gehen? Es ist nicht klar, wo der Rundgang zu den königlichen Gemächern beginnt.

Palacio Real FassadenansichtAusblick Richtung Manzanares

 Schließlich finde ich einen schwächlichen Hinweis in Richtung Hof. Und tatsächlich musste ich den licht durchflossenen Hof überqueren, um zur gegenwärtigen Ausstellung und zu den Königsgemächern zu kommen. Die Ausstellung zeigte einige Besonderheiten aus dem Escorial: Reliquienbüsten und Kassetten - riesige Lektorale mit ungewöhnlich großen Initialen und riesigen Notenbildern. Ganz anders als die Buchmalereien bei uns - die nicht zart genug sein können. Die Initialen messen 20 cm mal 20 cm und sind richtige Gemälde, in realistischem Stil und der Aufbau durchkomponiert - fremd und faszinierend zugleich.

Eine Dornenkrönung von Hieronymus Bosch ist der Aufhänger der Ausstellung. Kein Wunder, wenn man die bizarren Gestalten genauer betrachtet, die um Christus herum gruppiert sind.

  

Schwer beeindruckt mich das Gemälde von Tizian zum Thema Martyrium des Hl. Laurentius. Zweifellos besticht das Bild vordergründig durch die Lichtführung und Energie der Bewegung - doch gibt es auch einen transzendenten Bezug, der im Hintergrund und erst beim genauem Hinschauen wahrnehmbar wird. Der Heilige liegt halb aufgerichtet auf dem Rost, der vom Feuer glühend heiß geworden ist und wendet sich mit dem ganzen Oberkörper nach oben, wo der „Himmel offen“ ist. Tizian hält sich hier offenbar an das Vorbild des ersten Diakons, Stephanus, der den Himmel offen sah, während er im Steinehagel starb. (Apg7,56)

            

Die Legende erzählt: Als Erzdiakon von Rom war Laurentius in Vertretung des Papstes für die Verwaltung des örtlichen Kirchenvermögens und seine Verwendung zu sozialen Zwecken zuständig. Nachdem der römische Kaiser Valerian Papst Sixtus hatte enthaupten lassen, wurde Laurentius aufgefordert, alles Eigentum der Kirche innerhalb von drei Tagen herauszugeben. Daraufhin verteilte Laurentius das Vermögen an die Mitglieder der Gemeinde, versammelte alle Armen und Kranken und präsentierte sie als den wahren Reichtum der Kirche dem Kaiser. Dieser ließ Laurentius deswegen mehrfach foltern und dann durch Grillen auf einem eisernen Gitterrost qualvoll hinrichten. Daher rührt sein weiterer Name: Laurentius mit dem Roste. Der Überlieferung nach waren seine an den Kaiser gerichteten letzten Worte: „Du armer Mensch, mir ist dieses Feuer eine Kühle, dir aber bringt es ewige Pein.“ (wiki)

Die Präsentation der königlichen Gemächer mit der königlichen Treppe, die in zwei Armen nach oben führt, wird am Treppenabsatz von zwei Löwen flankiert.

 

Spanien als Hüterin der Religion

Gerillte Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen schmücken die Seitenwände, die durch riesige Rundbogenfenster gegliedert werden. Die Lünetten an den Verbindungsfeldern zur gewölbten Decke schmücken Bilder mit allegorischen Themen. Das Deckengemälde erzählt die Geschichte Spaniens, als Hüterin der Religion. Von der Treppe geht es in den Salon der Leibgarde, mit einem überwältigenden Tiepologemälde an der Decke: Venus den Vulkan beauftragend, Waffen für Äneas zu schmieden. Können und Fantasie bestimmen dieses Werk, angetan, um eines Königs Palast würdig zu schmücken.

       

An einer Seitenwand des Raumes hat man eine weitausladende Krippe errichtet, die sehr deutlich macht, wie klein und unbedeutend die Geburt von Christus der Welt von damals und auch heute erscheint. Viele Handwerker, Händler und andere Personen beherrschen den Raum und man muss angestrengt suchen, um die Hl. Familie oben auf einem kleinen Hügel zu entdecken. Auch sind ihre Gestalten kleiner geschnitzt als die Figuren im Vordergrund. Gute Symbolik!

Dann führt mich mein Weg in den Säulensaal, der von einem Deckengemälde geschmückt ist, worin die Sonne das Zentrum bildet, angesichts deren Erscheinen sich alle Kräfte der Natur erfreuen und beleben. Apoll, der in seinem Wagen den Ring des Tierkreises durchquert, wird von den Horen begleitet, während ihm Aurora und Zephir vorauseilen. Die Sonne ist zweifellos als Anspielung auf den König gedacht, der auch die Freude seiner Untertanen sein möchte. Ein beeindruckendes Gemälde von C.Giaquinto, einem spätbarocken italienischen Meister.

     

Der Thronsaal enthält noch die gesamte Dekoration, wie sie unter Karl III. geplant und 1772 fertiggestellt wurde. Tiepolos Gemälde, Größe und Macht der spanischen Monarchie überwölbt den Saal.  

 Details aus dem Deckenfresko:Spaniens Triumph in der Geschichte

Die zentrale Figurengruppe bildet der Thron der Spanischen Monarchie, der auf einer große Kugel ruht, umgeben von der Weisheit der Regierung, von Frieden und Gerechtigkeit, in deren Nähe die Tugend schwebt, sowie von der Üppigkeit der Gnade. Ein Ring aus Wolken, umgeben von Genien, von denen eine genau im Zentrum die Königliche Krone hält, bildet den Baldachin für den Thron. Ein Obelisk dient zur Ehre Karls III. In dessen Nähe befinden sich die Personifizierungen des Edelmutes, des Ruhmes, der Freundlichkeit und des Guten Rates. Dazu kommen die göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. In einem Winkel des Gewölbes breiten sich die Schönen Künste aus. In einem anderen sind die Götter des griechischen Olymp versammelt. Merkur verkündet im Auftrag Jupiters den Frieden. Apoll schwebt genau über dem Königsthron. Mars jagt die Furien davon. Poseidon hebt segnend die Hand…

Im untersten Breich des Gewölbes symbolisieren verschiedene Gestalten die Königreiche der iberischen Halbinsel und die dienstbaren und unterworfenen Nationen. Tiepolo setzt dabei mehr auf seine Phantasie und den künstlerischen Anspruch, als auf realistische Details, wodurch das gesamte Gemälde von einer künstlerischen Kühnheit getragen ist, die dem Spätbarock durch Witz und bizarre Einfälle alle Ehre macht.

Die erlesene Exotik Tiepolos, die vagen Anspielungen auf die enorme Ausbreitung des spanischen Königreiches, steht im perfekten Einklang mit den Themen der Dekorationselemente, die Natale in das Roncaille (Muschelwerk) der zwölf, Paare bildenden Spiegel und Wandnischen einfließen ließ.

Eine geistige Fortsetzung der Gemäldeidee findet sich auch noch in der Saleta oficial, der ursprünglich als Vorzimmer zu den Königsgemächern gedient hat: Apotheose der spanischen Monarchie.

             

An den Säulensaal und den Thronsaal reihen sich kleinere Gemächer, die üppig ausgestattet, für verschiedene private Bedürfnisse der Majestäten  eingerichtet wurden.

Vorzimmer Karls III. Gelber Saal
                           Sala interna mit Detailansicht

Speisesaal Gasparini Saal

 Im Vorzimmer des Königs pflegte er zu speisen, während die Hofgesellschaft wartend herumstand. Das Essen wurde vom diensttuenden Kammerherrn serviert. Ein anderer Kammerherr servierte kniend Wein und Wasser. „Der Patriarch ist zugegen, um ihm den Segen zu spenden, etwas weiter entfernt befinden sich Generalgroßinquisitor auf der einen Seite und der Hauptmann der Wachen auf der anderen Seite. Darum herum bilden die Botschafter einen Halbkreis, sie sich dann eine Weile mit dem König unterhalten, wenn sie sich mit ihm in den angrenzenden Raum zurückziehen. .. Der Rest des Gefolges bildet einen weiteren äußeren Halbkreis. Sobald sich der König erhebt, werden ihm die anwesenden Gäste vorgestellt… Der König verlässt den Palast alle Tage des Jahres um sich körperlich zu betätigen - auf seinen Landsitzen geht er am Morgen und am Abend in die frische Luft." (William Darylperle 1774) Im Vorzimmer hängen die wertvollsten Gemälde des Palastes: Goyas Maria Luisa von Parma in stilisierter Mayakleidung und ein Porträt von Karl IV. selbst, als Jäger. Ein drittes Porträt zeigt die beiden in festlicher Hoftracht.

Im Ankleideraum, dem sogenannten Gasparinisaal, gab der König private Audienzen. Der Marmorboden die Stuckdecke, die Wandverkleidung aus gold - und silberdurchwirkter Seide, die Möbel aus Edelhölzer mit Bronzearbeiten, all das wurde nach Entwürfen Gasparinis gefertigt, der diese Glanzleistung des Hochbarock bis zu seinem Tode selbst leitete. In höchstem Glanz erblühen hier asymmetrische Blattornamente im Rokokogeschmack, überschäumend von exotischen Phantasien.

Die Dekoration ist vollständig erhalten, sogar vollständiger als der beauftragende Monarch es selbst erlebt hat, weil erst 14 Jahre nach dem Tode von Karl III. die bestickte Seidentapete aufgezogen werden konnte. Die prachtvollen Stühle aus Edelholz mit Bronzebeschlägen stammen noch aus der originalen Einrichtung. Die Uhr des guten Hirten auf dem Kaminsims wurde von Ferdinand VI. der Einrichtung hinzugefügt, der Kronleuchter von Ferdinand VII. erworben, ein hehres Meisterwerk der Gürtlerkunst.

Der Galaspeisesaal überrascht durch seine Länge. Ursprünglich wurden hier die Gemächer der Gemahlin Karls III. errichtet, die aber vor der Fertigstellung des Palastes starb. Danach wurden sie von den Gemahlinen der späteren Könige tatsächlich bewohnt. Erst 1879 wurde von Alfons XII. der Auftrag erteilt, die drei Salons zusammenzulegen, um einen repräsentativen Speisesaal zu erhalten. Die Struktur, wie auch die Gewölbedekoration sollte dabei erhalten bleiben. Und es gelang den Architekten tatsächlich eine Einheit in dem neu entstandenen Raum zu schaffen, indem die herausgenommenen Wände durch hohe Bögen ersetzt und an den Seiten mit Marmorsäulen abgestützt wurden. So ist ein annehmbar großer Saal entstanden, der noch Deckenmalereien aus dem 18.Jh. trägt, während an den Wänden neubarocker Stil vorherrscht. Der größte Teil der Bronzen und Wandleuchter wurde Ende des 19.Jh. in Paris hergestellt und ebenfalls die 144 Stühle. Der Tisch ist als Möbel ein wertloses Gestell, dass man schnell abbauen kann, um den Speisesaal in einen Ballsaal zu verwandeln.

Zur Ausschmückung der Wände wählte man die zeitbedingte typische Lösung, indem man die freien Stellen mit Wandteppichen behängte. Im Grunde ein wunderbarer Einfall, weil die Schönheit der gegen Ende des 16.Jhs gefertigten Tapisserien sich hier in edlem Wettstreit mit den Deckengemälden befinden. Um die Gestaltung des Raum zu vervollständigen, wurden in Paris übergroße Vasen bestellt, die üppig dekoriert und mit geschichtlichen Motiven bemalt, vor den Wände und Fenstern des Raumes auf Konsolen aufgestellt sind.

Die Königsgemächer wirken insgesamt wärmer und bewohnt als Paläste anderswo, wo der museale Charakter die Räume abkühlt und Spuren von vergangenem Leben im Laufe der Zeit immer mehr verschwinden. Es sind nicht rein museale Räume, die man hier durchwandert. Überall sind Vorhänge angebracht, auch über die Türrahmen, was die warme Atmosphäre zusätzlich erhöht. Die Klimaanlagen sind in der Zimmerfarbe mit Stoff umkleidet, was sich in Museumsräumen auch niemand antut. Dazu kommt, dass die Größe der Räume schon von Haus aus dem menschlichen Maß angepasst wurde und nur im Rahmen der Ausstattung mit keinem Luxus gespart wurde. Auch der lange Speisesaal wirkt nicht monumental, wie er leer wirken könnte, weil hier tatsächlich ein gedeckter Tisch steht, der bei Staatsbanketten noch in Verwendung ist.

Wie sich das Gaspari - Zimmer für einen modernen Betrachter anfühlt, wo jeder Quadratzentimeter des Raumes mit Stilwillen geschmückt und verziert ist, dazu möchte ich mich nicht äußern: Im Grunde möchte man aus der erdrückenden  Überfülle ganz schnell entkommen!

        

Die Kapelle ist so großartig und glänzend, dass ihre architektonische Gestaltung fast blendet. Hier wurde an nichts gespart - obwohl die ursprünglichen Pläne des Architekten Sacchetti nicht ganz verwirklicht wurden.

Wenn man den Raum betritt, reißt die Kuppel mit einem Fresko der Marienkrönung durch die Dreifaltigkeit, den Blick des Betrachters einmal nach oben. Danach fällt der Thronbaldachin mit den Sessel für die Majestäten in den Blick, um sich später über den teppichbelegten Boden zur Nische des Hauptaltares fortzubewegen. Dort fängt sich der Betrachter, aber nicht am Altarbild, das vergleichsweise schwach ausgefallen ist, sondern an riesigen Engelsgestalten, die Luster in ihren Händen halten.

Riesige Engelsgestalten flankieren auch Kelch und Hostienrelief am Gurtbogen über dem Altarraum und die abschließende Gesimse, die das Deckenfresko vom Kuppelrand trennen. Diese Stuckengel sind ernster gestaltet als in hochbarocker Zeit und erwecken durch ihre bewegten Körperformen den Eindruck, dass sie vom Himmel direkt hereingeweht wurden. Das Kuppelgemälde mit der Aufnahme Mariens in den Himmel kann auch jeden Wettstreit mit einheimischen Barockmalern aufnehmen. Alles in allem elegantester Prunk! Und der italienische Meister, der alle Gesimse an den Gurtbögen der Gewölbeansätze alle Fresken im Obergeschoß der Kapelle erdacht hat, heißt Corrado Giaquinto.

Der Detailreichtum und die Großartigkeit der königlichen Kapelle beeindruckt mich zutiefst und ich beschließe mit meiner Besichtigung Schluss zu machen. Doch ich werde meinen Vorsatz bald revidieren. In die Galerie hinein öffnen sich noch einige schlichter gestaltete Privaträume, ein holzvertäfelter Billardraum, ein Rauchzimmer und das Arbeitszimmer der Königin. Das Arbeitszimmer der Königin ist mit intarsierten Empiremöbel ausgestattet, die auf einem wunderschönen Marmorboden ruhen, während die Wände mit fein gezeichneten Blumenornamenten geschmückt sind. Hier wäre gut arbeiten, denke ich noch, bevor ich mich aufraffe, um doch noch einen kurzen Spaziergang durch die Königliche Apotheke zu machen, wo wunderschöne Standgefäße zu sehen sind und ein altes Laboratorium.

        

Im Shop erstehe ich einen Museumsführer und bemerke ein Foto von der königlichen Waffensammlung. Da ich schon viele Waffensammlungen gesehen habe und keineswegs besondere Freude an Sälen voller Gewehre oder Säbeln habe, meinte ich, diese Waffensammlung entbehren zu können. Doch das Foto belehrt mich eines Besseren und so stapfe ich hinüber zu den Räumen, wo die königlichen Rüstungen untergebracht sind.

Schon der erste Blick in den Raum überzeugt mich. Am Rande sind so viele Ritterrüstungen aufgereiht, wie ich noch nie zu Gesicht bekommen habe und in der Mitte paradieren Holzpferde, wo Puppen die echten Rüstungen der Könige tragen. Voller Ehrfurcht stehe ich dann vor einer Rüstung, die Karl V. wirklich getragen hat. Und nicht nur eine Rüstung gibt es hier von ihm, sondern mehrere, auch jene die er auf den Bildern trägt, die man von ihm gemalt hat. Ähnliches findet sich auch für Philipp II. Und die Rüstungen tragen eigene Namen, nach der Verzierung oder nach dem Schmied der sie gefertigt hat. Auch gibt es noch Kinderrüstungen zu sehen, die deutlich machen, wie streng die Königssöhne damals erzogen wurden, wenn man bedenkt wie bewegungshunrig Kinder sind und wie sie durch diese Eisenkleidung diszipliniert wurden.

Philipp II (1527-1598)

        

Die Begegnung mit den Porträts der großen Habsburger und die indirekten Erfahrungen, die sich hier auch mit Philipp II., als Mäzen und Bauherren machen lassen, veränderten mein Schillerbild von Philipp II. (nach dem Drama Don Carlos) maßgeblich. Philipp II. war auch jung und verrückt nach Ritterturnieren - nicht nur ein alter Mann, der seine bewährte Ansicht vom Leben gegenüber seinem Sohn und Untergebenen durchsetzen wollte.

Wenn man in Betracht zieht, wer seine bevorzugten Maler waren und erfährt, dass er mit den Gemälden von El Greco nicht viel anfangen konnte, sondern eher glattere Maler für die Ausgestaltung des Escorial beschäftigte, dann muss man über seine Art Frömmigkeit zum Nachdenken kommen. Fest steht, dass unter seiner Regierungszeit achtzehn Kirchen und sieben Klöster in Madrid erbaut wurden und dass auch der Escorial grundsätzlich als Kloster angelegt war. Doch konnte er der mystisch transzendenten Malweise El Grecos sichtlich nichts abgewinnen, was auf eine praktische Frömmigkeit schließen lässt - nicht zuletzt auch ein Erbteil der späteren Habsburger in Österreich. Allerdings muss Philipp II. ein sehr differenziertes Kunstverständis zugebilligt werden, wenn man bedenkt, dass er Tizian als ersten Hofmaler hoch in Ehren hielt, obwohl dessen Gemälde mit höherem christlichen Bezug nicht gerade zu seinen Meisterwerken zählen (z.B Aufnahme Mariens in den Himmel, wo die blau gekleideten göttlichen Personen etwas gewöhnungsbedürftig aus dem Himmel herabschauen). Anders verhält es sich bei den Szenen, wo Jesus Christus im Mittelpunkt steht: Den Menschen Jesus begriff Tizian - wovon die Grablegung Christi und das Gemälde:Jesus und die Ehebrecherin (Kunsthistorisches Museum Wien)ein beredtes Zeugnis ablegen.

         

 

Als auffälligste Vorliebe, die zweifellos im Dunklen der Persönlichkeit Philipps II. verborgen bleibt, ist die, zu dem Oevre von Hieronymus Bosch (1450-1516). Von diesem Maler der skurrilen Phantasien und Komposition hat er in Madrid die größte Sammlung zusammengetragen. Im Prado befinden sich das große Tryptichon vom Garten der Lüste ebenso, wie die sieben Todsünden und eine Anbetung der Könige. Bekanntlich kann man vor diesen Gemälden stehen und schauen und wird kaum jemals zu Rande damit kommen.

 

Der Garten der Lüste werden mit moralisierender Absicht der Ursprung der Sünde und der Sünder gezeigt und analysiert. Im inneren linken Flügel erscheint der Garten Eden. Von oben nach unten werden die ersten Tiere, in der Mitte der Lebensbrunnen und schließlich Gott dargestellt, der Adam seine letzte Schöpfung anvertraut: Eva.

Die zentrale Tafel versetzt den Betrachter auf die Erde: Die Fleischeslust, repräsentiert von nackten Frauen und symbolisiert durch zahlreiche rote Früchte wird zur treibenden Kraft der Menschheit. In symbolischer, wie in konkreter Form werden die irdischen Genüsse dargestellt, denen sich die Menschheit instinktiv hingibt. Auf der rechten Seite wartet schließlich die Konsequenz dieses Tuns - die Hölle. Der obere Teil wird von einer brennenden Stadt eingenommen, in die eine Gruppe Verurteilter einzieht. Im Vordergrund schildert Bosch die konkreten Qualen von Spielern, Alchemisten und gottlosen Klerikern.

        

Die Folgen der sieben Todsünden (Zorn, Hochmut, Wollust, Trägheit, Völlerei, Geiz und Neid), die im Kreis dargestellt sind, werden durch die vier Letzten Dinge in den Ecken des Gemäldes beantwortet. Durch die Todesstunde, das Jüngste Gericht, die Hölle und das Himmelreich.

       

Das Triptychon der Anbetung der Könige ist eines der raffiniertesten Werke, die Bosch je gemalt hatte. In einer einzigen, auch die Seitenflügel übergreifende Landschaft, von verblüffenden Originalität und Detailreichtum, sieht man die Anbetungsszene gestellt, während die Stifter in den Seitenflügel knien, insgesamt dazugehören und auf alle Generationen danach hinwiesen. Der goldene Figur zu Mariens Füßen, die Isaaks Opferung darstellt, deutet auf die Opferung von Christus voraus. Der Besuch der Königin von Saba, der auf den Mantelkragen des mittleren Königs gestickt ist, bezieht sich auf den Besuch der Könige selbst voraus. Die halbnackte Figur im Türrahmen ist schwer zu deuten - Adam? Herodes? Antichrist?

In geschlossenem Zustand zeigt das Triptychon Anbetung der Magier das eucharistische Wunder der Messe des Hl. Gregor. Durch die doppelte Anbetungsthematik - der Corpus Christi während der Messe und das Jesuskind der Epiphanie - verbinden sich Außen und Innenseite.  

  Der Heuwagen von Hieronymus Bosch bleibt ein gültiges Symbol für alle Zeiten: Hier verewigte der niederländische Meister die ewige Sehnsucht des Menschen, sich mit den wertlosen Dingen des Lebens abzulenken - sich mit Heu zu begnügen, während die wirklich wichtigen Dinge vernachlässigt werden.

Im geöffneten Zustand wird links der Ursprung der Sünden beschrieben - vom Sturz der rebellierenden Engel bis zur Vertreibung aus dem Paradies. Die mittlere Tafel zeigt die Welt der Menschen in einer allegorischen Darstellung, die auf dem flämischen Sprichwort basiert: „Die Welt ist ein Heuhaufen, und ein jeder pflückt davon, soviel er kann“. Heu symbolisiert das Streben nach irdischen Gütern. Die Mächtigen folgen dem Karren in einer Prozession, während das Volk auf den Karren hinaufzuklettern versucht. Die einzelnen Laster werden in der mittleren Tafel detailreich dargestellt, während nur ein Engel zu Christus betet, der alles von oben betrachtet und die Wundmale der Erlösung trägt. Das Gespann, das den Karren zieht - fratzenhafte Gestalten - führen die Prozession direkt in die Hölle, die wieder recht detailreich gestaltet ist.

Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofià

Dieses Museum beherbergt die zeitgenössische Kunst, die letztlich auch den Großteil des 20.Jh. umfasst. Das berühmteste Werk der Ausstellung bildet Picassos „Guernica“. Picasso schuf das Werk unter dem Eindruck des Luftangriffs der deutschen Legion Condor auf das baskische Städtchen „Guernica“, womit wurde von deutscher Seite zu Gunsten Francos eingegriffen wurde.

Das Gemälde befindet sich im ersten Stock des Gebäudes und wurde von Picasso dem spanischen Staat mit der Auflage geschenkt, dass das Bild erst nach Madrid gebracht und ausgestellt werden dürfe, wenn Franco nicht mehr an der Macht sei. Bis 1981 war das Gemälde im New Yorker Museum of Modern Art aufbewahrt.

Vor dem Gemälde stehen die Besucher in mehreren Reihen und ich begnüge mich vorerst mit den 10 Werkfotografien, die einen lebendigen Überblick zur Entstehung des Werkes vermitteln. Auffallend ist, dass bei den Vorzeichnungen die handelnden Figuren noch „ganz“, d.h mit allen Gliedmaßen gezeichnet sind - zwar auch liegend und kniend und zusammengebrochen, wie das Pferd am unteren Bildrand, aber doch noch ganz - während sie im Laufe der Bemalung immer mehr zerstückelt werden, so als würden sie durch die Arbeit des Pinsel erst ergriffen, verletzt und getötet. Alle Figuren, die jetzt im Zentrum des Bildes gleichsam einem negativen Vulkanausbruch zum Opfer fallen und nur noch in bizarren Resten sichtbar sind, waren ursprünglich ausgeformt. Eine eindrucksvolle Dokumentation, die völlig mir gehört, weil sich kaum ein Mensch dafür interessiert.

  

In anderer aber ebenso interessanter Weise setzt sich die Werkdokumentation im angrenzenden Raum fort. Es gibt Skizzen von einem Pferdekopf mit verschobenem Kiefer und einer spitz zulaufenden Zunge, die wie ein Dreikant aus Metall wirkt - dazu weitaufgerissene Augen. Eindrucksvoll und sehr deutlich das Bild von einer Mutter, die ihr Kind mit dem Kopf nach unten in ihren Armen hält. Beeindruckende Beweise, wie fleißig Picasso gearbeitet hatte - nichts wurde dem Zufall überlassen, sondern alles geistig und handwerklich „erarbeitet“. Zweifellos unter der Voraussetzung einer großen Begabung übertrug er Farbpigmente auf die Leinwand, die ein Bild entstehen ließen, wodurch der Betrachter von einer ungewöhnlich suggestiven Kraft berührt, in das Geschehen gleichsam „hineingezogen“ wird.

Vorarbeiten zu Guernica

Zwei kleine Tuschezeichnungen machen deutlich, dass Picasso auch über eine eigenwillige symbolische Bildsprache verfügte. In Comicstreifen erzählt der große Künstler von Francos Traum, worin Macht, Gewalt und Ignoranz das Sagen haben. Mit der Lanze seiner künstlerischen Kraft torpediert er hier den egoistischen Blickwinkel des Machtmenschen schlechthin - wert, genau betrachtet und gedeutet zu werden. Unter anderem sieht sich Franco als Frauenheld, Stierkämpfer, siegreicher Feldherr zu Pferd, Seiltänzer ….

Träume und Lügen General Francos

In den Räumen danach begegne ich wieder Joan Miro und seinen überaus sparsamen Gestaltungen, seinen leeren Flächen. Doch sind sie überhaupt leer, seine Flächen, sondern nicht eher die lebendigen Kontrapunkte zu seiner sparsamen Linienführung? Schön und beruhigend sind seine Bilder …

     

 

In der Reina Sofia finden sich auch Lithographien von Goya , die sich mit Themen des Krieges und der Gewalt beschäftigen.

Das riesige Museum beherbergt eine Fülle von Gegenwartskunst, aus denen ich Einige ausgewählt und fotografiert habe.

Im  Folgenden werden einige Spanier vorgestellt, die im Zuge des Bürgerkrieges nach Amerika ausgewandert sind und teils zurück gekommen sind oder heute noch im Ausland arbeiten. Ihre Biografien sind spannend und eindrucksvoll. Doch soll hier nur eine kleine Werkauswahl Platz finden. Es sind Bilder, die mir persönlich Eindruck machten und auch gut zu fotografieren waren.

Insgesamt beeindruckend war die Hängung und Präsentation der zeitgenössischen Werke im 4. Stock des Gebäudes. Es ist noch viel Platz hier und die großen Oeuvres bekommen manchmal ganze Wände zur Präsentation. Auch fehlt dem Ganzen der Charakter eines Museums. Irgendwie hat man das Gefühl bei Freunden eingeladen zu sein, die momentan etwas Besseres zu tun haben und uns mit dem Hinweis alleingelassen haben, dass wir uns einfach bei ihnen umschauen sollen. Und es ist eine schöne und angenehme Entdeckungsreise, die dem Besucher hier angeboten wird. Vieles ist einfach nur schön, anderes interessant, manche Bilder wirken magnetisch, manche freuen nur das Auge. Manches bringt zum Nachdenken, manches zum Lachen.

 

Jose GUERRERO(1963):Alpujarra

Manuel ANGELEZ ORTIZ (1926): Stilleben

Luis GORDILLO(1962):Postabstrakte Zeichnungen

    Godofredo ORTEGA MUNOZ (1962): Kastanienbäume

Antoni TAPIES (1961): Blau mit vier roten Streifen

               Juan M. DIAZ CANEJA(1957) : Landschaft mit Haus und Wagen

 

Carmen LAFFON(1960): Die Braut

 

Luis FEITO(1960): Nummer 179

Gudunsohn ERRO 1966: Die Sieger von Leningrad  unterstützt

vom farbblinden Matisse

                  

Robert MOTHERWILL(1965):Elegie auf die spanische Republik

 

                         Philipp GUSTON(1913):Konfrontation

Asger JORN (1958): Prosit Neu Jahr

Ronald B. KITAJ(1932): Wo sich der Zug dem Meer nähert

Manuel RIVERA(1957): Komposition

Ein Raum, worin man Werke von Miro und Picasso, die sie in den 60er Jahren geschaffen hatten, allein aufgehängt hatte, gilt meine besondere Liebe. Miro mit seinen sparsamen Linien, mehr im transzendenten Raum beheimatet, als hier unten und Picasso, der in flammenden Farben und ausdrucksstarken Gebärden das Motiv: „Der Maler und sein Modell“ künstlerisch aufarbeitet - kein größerer Gegensatz zu denken…Es mag nur mein persönlicher Eindruck sein, aber aus der Gestik des ersten Bildes dieser Reihe entnehme ich noch eine gewisse Distanz zwischen dem aktiven Maler und dem passiv dasitzenden Modell - doch das ändert sich  merklich. Am letzten Bild meine ich eine gewisse Gleichrangigkeit auszumachen, die mittlerweile zwischen Maler und Modell entstanden ist. Wie dieses Faktum zu deuten wäre, dazu gibt es sicherlich unterschiedliche Interpretationen.

       Pablo Picasso: Der Maler und sein Modell
Miro: Vogel im Tiefflug

Miro: Tanz der Mohnblumenblätter

 31. Dezember in Madrid

Am Morgen brechen wir auf in Richtung Plaza de Castillo. In der unmittelbaren Umgebung der Bus - und Metrostation haben Marktbuden Platz gefunden, und zwar auf einer Strecke, die mehr als einen Kilometer lang ist. Die ausgestellten Waren deuten auf „Fetzenmarkt“ hin, da Kleidung und Haushaltswaren oft um einen Euro angeboten werden. Das Publikum setzt sich vor allem aus alten Leuten zusammen - es gibt viele Bettler - und man fühlt sich solidarisch werden mit den Menschen, die eine Last auf ihrem Rücken tragen, die ihnen nicht zuletzt von uns aufgelegt wurde.

   

Später finden wir uns wieder an der Plaza del Sol und wandern die Calle Ardenal hinauf in Richtung Monasterio de las Descalzas Reales , einem Bau aus dem 16.Jh., der bis heute erhalten ist, als Kloster bestehen blieb und berühmte Kunstwerke beherbergt.

Unterwegs passieren wir das Kaufhaus El Corte Ingles, wo sich eine große Menschenmenge eingefunden hat. Aus den Lautsprechern dröhnt Filmmusik aus der Comicwelt und die tanzenden Plastikbären auf dem Balkon des Gebäudes zeigen den Madrilenen, was es mit amerikanischer Weihnachtsfreude auf sich hat. Wir ergreifen die Flucht, nicht ohne verwirrt festzustellen, wie es zu dieser Geschmacklosigkeit inmitten der spanischen Hauptstadt kommen konnte.

       

Das Monasterio de las Descalzas Reales wurde von einer Tochter Karls V. gestiftet und wurde nicht nur für sie, sondern auch für andere Habsburgfrauen als Alterssitz erwählt. Ich hatte befürchtet auf ein geschlossenes Haupttor zu treffen und es bewahrheitete sich. Schon am Vortag hatte man noch zu den offiziellen Öffnungszeiten geschlossen, wie sollte es erst heute sein.

Als an einem Nebeneingang zwei unerschrockene Damen klingeln, erscheint ein Arbeiter im blauen Arbeitsoverall, der nur lässig den Arm in Richtung kupferner Informationstafel hebt und augenblicklich wieder verschwindet. Zwar stand nur ganz klein zu lesen, dass am 24. und 31. Dezember geschlossen sei, aber es war definitiv vermerkt. Noch einmal hoben die Unverwüstlichen die Hand um zu klingeln, aber dann ließen sie diese wieder sinken und trollten sich.

Wir wandern Richtung Plaza Oriente weiter, zu einem großen ovalen Platz, der sich vor dem nördlichen Eingangstor des Palacio Real ersterckt. Durch den Park führen zwei parallel angelegte Wege, die an den Seiten mit königlichen Gestalten aus Stein geschmückt sind, deren Verbindungssockel von den Leuten unterschiedlich genutzt werden, z. B. als Schlaf - oder Kommunikationsbank.

         

Direkt vorm Palacio Real gibt es ein Ringelspiel für die Kinder - es gibt fliegende Männer und Standeln mit allem möglichen Weihnachtskram - dazwischen werden Schals und Wintersachen angeboten. Es gibt Essbuden, aber keine Punschstandeln und wir überlegen, wie man diese „segensreiche  Einrichtung“ nach Madrid verpflanzen könnte.

Wenn sie schon unsere Christkindlmärkte kopieren, dann gefälligst mit allem Drum und Dran! Oder doch besser nicht?

Nach einem kurzen Blick auf den Eingangsbereich des Palacios ist klar, das auch dieser heute geschlossen ist. Dasselbe gilt für die Kathedrale; aber nach deren Inneneinrichtung treibt mich kein Verlangen: heute nicht und sonst auch nicht.(Vorurteile dem Historismus gegenüber verpflichten!)

         

Wir wenden uns Richtung Plaza Major und erblicken unterwegs das wunderschöne Rathaus aus dem 17.Jh., das von einem der Architekten des Escorials entworfen und später immer wieder verschönert wurde.

         

Am Plaza Major spielt es sich wieder ab - viele Leute, viele Schausteller und Möchtegernkünstler. Ich suche nach einem Ochsen, der zu meiner Wohnungskrippe dazupassen könnte und es dauert lange, weil die angebotenen Ochsen sich oft als Kühe entpuppen, zu groß sind oder einfach nur herumliegen. Mein Ochs muss aber stehen. Daneben werden eine Menge lustiger Tiere angeboten, wie Frösche, Ziegen, jede Menge Schafe, Esel … Schließlich wird es ein Ochse, der zwei Körbe am Rücken trägt und freundlich aus zwei schwarzen Augen blickt.

Am Weg über die Plaza Major glänzt das Pflaster von Feuchtigkeit und Resten von Seifenblasen. Jetzt könnte man das Pflaster mit dicken Wasserstrahlen reinigen --- aber dieser Gedanke gefällt nur mir allein. Auf der Carrera San Jeronimo finden wir das Cafè! Noch selten in meinem Leben habe ich und meine Begleiter so guten Kaffee getrunken, wie hier. Woran es lag? Wahrscheinlich an der Röstung. Wir haben in Wien auch sehr guten Kaffee, aber dieser von lateinamerikanischen Leuten hergestellte Kaffee schmeckt um Klassen besser oder anders? Die Süßigkeiten meiner Begleiter hatten es auch in sich..

Da der PRADO erwartungsgemäß geschlossen ist, besuchen wir den nahen Garten Botanica. Der Garten schläft - eingerahmt von präzis geschnittenen Buchsbaumhecken. Es ist still hier - ganz anders als in der wirbelnden Innenstadt  - und wir wandern die Parkwege entlang ohne festem Ziel. Schließlich verweilen wir auf einer Bank, die an einem Buchsbaumrondell zur Erholung aufgestellt ist und verfüttern Brot an eine kluge Elster.

Beeindruckend und nachahmenswert fand ich eine aus Eisen gefertigte Laube, an deren Streben sich Weinstöcke emporrankten. Sie waren beschriftet und waren typische Gewächse aus allen Regionen Spaniens. Vorbildlich geschnitten, erwarten sie hier den Frühling, um den Laubengang mit Blättern und später mit Früchten zu bedecken - ein wunderbarer Einfall.

Wir durchwandern den einsamen Park, bis wir endlich bemerken, dass wir die große Parkanlage Buen Retiro von hier nicht direkt erreichen können, sondern erst einen Häuserblock durchqueren müssen. In der großen Parkanlage tummeln sich wieder Leute und schließlich erreichen wir auch den Ruderteich und das Monument von Alfons VII.

      

Am sympathischesten berühren uns die Wildenten und Karpfen, die Peter mit Rosinenstangerl füttert: der Augenblick, wo die Karpfen die Kuchenstücke mit ihren runden Mündern gleichsam einsaugen, ist zu köstlich und bringt uns zum Lachen. Die Schnabelbewegungen der Enten können dabei nicht mithalten. Nur eine weiße Ente, die immer wieder den Teich kreuzt, wie eine Wachsoldat, gewinnt unsere Aufmerksamkeit - wiel sie von einem besonderen unbekannten Instinkt geleitet scheint.

An der Puerta de Alcala ist der Park zu Ende. Es ist ein mächtiges Stück Architektur, dass keiner besondere Funktion zukommt, offensichtlich nur Ausdruck von Präsentationswillen…

     

Wir gehen in Richtung Metro, Station Sevilla und berühren dabie die Casa de Comunicacion. Dieser historische Prachtbau der Superlative, der unter Karl III. entstanden ist - haut dem Betrachter die Augen ein. Ursprünglich für die Post konzipiert, beherbergt das Casagebäude heute eine Reihe von Geschäften, während nur wenige Räume zur Organisation der Post vonnöten sind.   

Palacio de ComunicacionCibeles Brunnen

Paseo de Prado am 31. Dezember 2013

Rund um den Cibeles Brunnen im Zentrum des Platzes, worauf die Griechische Fruchtbarkeitsgöttin auf einem Wagen thront, der von zwei Löwen gezogen wird, brandet normalerweise der Verkehr, der heute am 31.Dezember nahezu erstorben ist. Und es ist ein wirklich kurioser Anblick, wenn Fußgänger bei einer Ampel stehen und warten, während kein einziges Auto auf der vierspurigen Fahrbahn zu sehen ist.

Es sind die Vorbereitungen für die abendliche Feier, die solches ermöglicht. Madrid feiert Silvester auf Straßen und Plätzen, die, wenn auch nur für wenige Stunden an diesem Abend den Fußgängern gehört.

Es war eine wunderbare Zeit - Begegnungen mit dem Geist der Vergangenheit, aber auch der Gegenwart. Und dafür danke ich nicht zuletzt meinen beiden Begleitern Carmina und Peter, die durch die Sportbegeisterung der Madrider Stadtführung hier ihren sportlichen Ambitionen frönen konnten, während ich den Spuren der Geschichte und in den Geist der Kunst eingetaucht bin.

               

 

Sollte irgendwelcher Inhalt oder die designtechnische Gestaltung einzelner Seiten oder Teile dieser Website fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verletzen oder in irgendeiner Form wettbewerbsrechtliche Probleme hervorbringen, so bitten ich um eine angemessene und schnelle Nachricht ohne Kostennote. Ich garantiere, dass die zu beanstandeten Teile dieser Webseiten in angemessener Frist entfernt bzw. den rechtlichen Vorgaben angepasst werden, ohne dass von Ihrer Seite die Einschaltung eines Rechtsbeistandes erforderlich ist. Die Einschaltung eines Anwaltes, zur für den Diensteanbieter kostenpflichtigen Abmahnung, entspricht nicht dessen mutmaßlichen Willen und würde damit einen Verstoß wegen der Verfolgung sachfremder Ziele als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung, insbesondere einer Kostenerzielungsabsicht als eigentliche Triebfeder, sowie einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellen.

 

 

print